Auch wenn es ob der Fußball WM nur am Rande wahrgenommen wird, Israel überzieht den Gazastreifen erneut mit Krieg:

Eskalation in Nahost
Raketenalarm in Tel Aviv und Jerusalem

Stand: 08.07.2014 21:49 Uhr

Die israelische Armee hat eine Großoffensive gegen die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen gestartet. Als Reaktion auf den anhaltenden Raketenbeschuss durch militante Palästinenser flog die Luftwaffe Angriffe auf mehr als 100 Ziele. Dabei wurden mindestens 15 Palästinenser getötet, darunter auch ranghohe Hamas-Aktivisten. Es gab zudem rund hundert Verletzte, wie die palästinensischen Rettungskräfte mitteilten. Vier weitere schwer bewaffnete Palästinenser wurden getötet, nachdem sie durch das Meer aus dem Gazastreifen nach Israel vorgedrungen waren. Die Tatsache aber, dass es überhaupt einem Boot gelingen konnte, den hermetisch abgeriegelten Gazastreifen zu verlassen, sorgte für Unruhe bei den Sicherheitskräften.

Israelische Armee greift mehr als 140 Ziele im Gazastreifen an
tagesthemen 22:15 Uhr, 08.07.2014, Markus Rosch, ARD Tel Aviv

Download der Videodatei

Die Hamas warf Israel "ein schreckliches Kriegsverbrechen" vor und erklärte "alle Israelis zu legitimen Zielen". In Tel Aviv heulten am Abend die Warnsirenen. Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren feuerten militante Palästinenser mindestens zwei Raketen auf den Großraum Tel Aviv ab. Sie sei von der Raketenabwehr abgefangen worden, teilte die Armee mit. Tel Aviv liegt rund 70 Kilometer nördlich des Gazastreifens. Mit rund 400.000 Einwohnern ist sie nach der Hauptstadt Jerusalem die zweitgrößte Stadt Israels.
Explosionen in Jerusalem

Auch in Jerusalem gab es am Abend Raketenalarm. Zwei schwache Explosionen waren im Stadtzentrum kurz nach dem Luftalarm zu hören. Alle Luftschutzbunker wurden geöffnet. Die Hamas erklärte kurz darauf, sie habe Raketen auf Jerusalem, Tel Aviv und die nördlich gelegene israelische Hafenstadt Haifa abgefeuert. Der Angriff auf Haifa, die drittgrößte Stadt Israels, wäre der bislang tiefste Schlag auf israelisches Territorium.

Warnsirenen heulten auch in Ortschaften nördlich von Tel Aviv sowie in Beerscheva, Aschkelon und Aschdod.

Raketenalarm in Tel Aviv und ein vereitelter Terroranschlag
B. Marx, ARD Kairo, zzt. Tel Aviv
08.07.2014 21:33 Uhr

Download der Audiodatei
Vorbereitungen für Bodenoffensive

Am Abend meldete sich Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Wort. "Der Staat Israel ist mitten in einer Kampagne, um die Sicherheit und die Ruhe für unsere Bürger wiederherzustellen. Wir werden Raketen auf unsere Städte und Ortschaften nicht dulden. Daher habe ich eine bedeutende Ausweitung der Militäroperation gegen die Hamas und die anderen Terrororganisationen im Gazastreifen angeordnet."

Zuvor hatte Netanjahu die Armee angewiesen, auch Vorbereitungen für eine mögliche Bodenoffensive im Gazastreifen zu treffen. Im Kampf gegen die Hamas sei es an der Zeit, "die Samthandschuhe auszuziehen". Bis zu 40.000 Reservisten können nun mobilisiert werden.

Auslöser der jüngsten Eskalation sind die Entführung und die Ermordung von drei jüdischen Teenagern am 12. Juni sowie der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in der vergangenen Woche.

Richard C. Schneider, ARD Tel Aviv, zur Lage in Israel
tagesthemen 22:15 Uhr, 08.07.2014

Download der Videodatei
Appelle zur Zurückhaltung

International lösten die Gewalt und Gegengewalt in Nahost Besorgnis aus. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte alle Seiten zur größtmöglichen Zurückhaltung auf, um eine weitere Destabilisierung der Lage und weitere Todesopfer zu vermeiden. Er verurteilte die Raketenangriffe militanter Palästinenser auf Israel. Doch auch die "unhaltbare Situation" in Gaza müsse angesprochen und in eine Lösung des Konflikts einbezogen werden.

Die Arabische Liga forderte eine sofortige Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats. Das türkische Außenministerium forderte von Israel den "sofortigen Stopp der Angriffe" und ein Eingreifen der UN, um Israel von seiner Politik der "Kollektivbestrafung" abzubringen.

Rauchwolken über Gaza-Stadt, Ergebnis israelischer Luftangriffe.

Dagegen ergriffen die USA klar Partei für ihren Verbündeten Israel. "Wir verurteilen den anhaltenden Raketenbeschuss auf Israel und die israelische Zivilbevölkerung durch Terroristen aus Gaza", sagte Präsidialamtssprecher Josh Earnest. Gegen die "bösartigen Angriffe" stehe Israel ein Recht zur Selbstverteidigung zu.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an beide Seiten, "dass eine militärische Konfrontation vermieden werden muss, die völlig außer Kontrolle gerät". Wie auch die US-Regierung betonte Steinmeier aber auch das Recht Israels, sich vor Angriffen aus dem Gazastreifen zu schützen.
[Links nur für registrierte Nutzer]