By Roger | December 18, 2013 8:22 PM CET
Warum Syriens Kurden al-Kaida besiegen
In den letzten Monaten haben die Kurden gegen al-Kaida und andere Islamistengruppen vermehrt Gewinne verbuchen können. Zudem haben die Kurden im Nordosten Syriens einen Ministaat errichtet. Doch warum sind die Kurden in Syrien so erfolgreich?
Erstens haben die bewaffneten Kurden in der YPG (Yekineyen Parastina Gel) - ganz im Gegensatz zu ihren islamistischen Kontrahenten - eine einheitliche Hierarchie. Dies ermöglicht es, eine 180 km lange Frontlinie effektiv zu koordinieren.
Ganz anders sieht es im Lager ihrer Feinde aus. Bei den Rebellen kann von einer einheitlichen Hierarchie nicht einmal geträumt werden. FSA, al-Nusra Front und andere Splittergruppen bekämpfen sich immer öfter gegenseitig. Immer wieder rollen Köpfe.
Des weiteren geniessen die Kämpfer der YPG eine nicht zu unterchätzende Unterstützung der Bevölkerung im Hinterland. Da nur die YPG zwischen den einfachen Leuten und den Gotteskriegern stehen, erhält die Miliz Unterstützung von allen Seiten, nicht nur von Kurden, sondern auch von Arabern und Christen.
Das genaue Gegenteil geschieht bei den Gegnern. Die Bevölkerung fürchtet sich oft vor den Rebellen. Unzählige Videos wurden auf Youtube von Islamisten gepostet, um zu zeigen, wie man in einem zukünftigen Gottestaat mit Andersdenkenden umzugehen gedenkt.
Die YPG steht für einen säkularen Nationalismus. Der kurdische Nationalismus, dem bisher ein eigener Staat verwehrt blieb, hat eine riesige Zahl von Anhängern in der Gegend und ist weniger umstritten als die Ideologie vieler Rebellen, die nach einem Gottesstaat schreien.
Nationalismus kann natürlich leicht zu einer paranoiden Fremdenfeindlichkeit führen. Doch bisher haben die Kurden Fingerspitzengefühl im Umgang mit Minderheiten in ihrem Gebiet bewiesen. Sunnitische Araber und Christen haben im offenen politischen System der Kurden Posten in der Verwaltung übernommen.
Dadurch wird sichergestellt, dass die Repräsentation und damit die Legitimität auf einem festen Boden ruht. Das ist ein klarer Kontrast zur erdrückenden Diktatur und dem Chaos in einigen Gebieten der Rebellen.
Bisher haben es die Kurden vermieden mit der Regierung zusammen zu stossen. Das heißt, die YPG muss sich nicht vor Luftangriffen und Artilleriebeschüssen fürchten.
Viele der von Rebellen kontrollierten Städte und Dörfer liegen in Schutt und Asche. Sie haben wenig oder gar keinen Strom und die Nahrung ist aufgezehrt. Diese Knappheit belastet zwar die Zivilbevölkerung weit mehr als die kämpfende Truppe, dennoch machen es solche Situationen viel schwieriger, einen Krieg zu führen und zu gewinnen.
Auch haben die Kurden einfache und klar definierte Kriegsziele: Schutz und Kontrolle über ihr eigenes Territorium.
Bei den Rebellen weiss man nicht so genau, was sie wollen. Einige wollen Assad stürzen, andere einen Gottesstaat aufbauen.
Das sind die wesentlichen Gründe, warum die Kurden gegen die Islamisten gewinnen werden.
Dennoch haben es die Kurden nicht leicht in ihrem Kampf. Der Ministaat Kurdistan steht praktisch unter einem Embargo: Die Grenzen zur Türkei und zum Irak sind geschlossen. Niemand weiss, woher die Kurden ihre Waffen bekommen.
In diesem Zusammenhang ist die jüngste Eroberung von Yaroubiya, einem Übergang in den Irak, ein wichtiger Erfolg. Zum ersten Mal seit langem gibt es wieder einen Zugang zu einem nicht-feindlichen Staat.
Die Kurden stehen noch immer einem gut versorgten und fanatischen Feind gegenüber, der nicht so einfach aufgeben wird. Doch Erfolge der Regierungstruppen in den letzten Wochen werden die Aufmerksamkeit der Rebellen wieder nach Westen lenken.
Die Kurden haben zudem eine seltsame Beziehung zur syrischen Regierung. Sie haben einen gemeinsamen Feind aber keine richtige Allianz. Eine solche Beziehung kann leicht kippen.
Da die syrische Regierung noch die Kontrolle über einen Flugplatz und eine Artilleriebasis inmitten der kurdischen Autonomie ausübt, könnte es für die Kurden schnell gefährlich werden.