Ein großer, wenn nicht der Beste tritt von der Bühne ab! Er resigniert, gibt auf. So lese ich das jedenfalls aus seiner Begründung.
Die Meldung bestürzt mich und macht mich nachdenklich! Ein großer Verlust und da ist er noch nicht mal gestorben......


Der zornige Wortarbeiter

Georg Schramm beendet seine Kabarettkarriere

Von Ilona Jerger




„Er hat alles gesagt“

Auf die Frage, woher er den Mut nimmt, auf Politiker oder Intendanten („sollen sie doch Sätze rausschneiden lassen!“) persönlich einzudreschen, wenn sie bei seinen Auftritten in der ersten Reihe sitzen, kommt spontan: „Es ist der Mut der Verzweiflung.“ Da ist es wieder, dieses Wort, das im Laufe des Nachmittags noch einige Male fallen wird. Schramm lässt es in der Luft stehen. Und nach einer Weile ergänzt er: „Ich bin bedroht und bedrängt von dem Gefühl, dass es bergab geht. Ich habe das Gefühl, es passiert zwar viel im Kleinen, im Positiven, es gibt tüchtige regionale und lokale Initiativen, aber das Unheil ist schneller.“ Er spricht von Klimaflüchtlingen, Kriegen, Seuchen, Wassernot, Armut. Von den apokalyptischen Reitern.


Dann sagt er: „Schade, dass meine Mutter das nicht mehr mitgekriegt hat.“ Er meint seinen Erfolg. Denn sie, „die Sozialistin im Herzen, die gerne über Politik diskutierte“, hatte Dieter Hildebrandts Auftritte zum Pflichttermin für die Familie gemacht. „Junge, hol‘ die Salzstangen!“, und alle versammelten sich zum gemeinsamen Fernsehabend. Nur der Vater, der war in der Kneipe. Die Mutter, die ihm die Lust an der Sprache und am Kabarett vorlebte, ist seit über 20 Jahren tot, ein einziges Mal hat sie Georg noch auf der Bühne gesehen, da war sie jedoch schon so verwirrt, dass sie ihn in den unterschiedlichen Rollen nicht erkannte.
Nun erreicht der Sohn das Rentenalter. Seine beiden Töchter sind erwachsen und aus dem Haus. Im März wird er 65. Schramm findet, dass seine Erschöpfung also zum richtigen Zeitpunkt gekommen sei. Nicht nur für ihn. Auch für Lothar Dombrowski sei es gut, wenn er aufhöre: „Er hat alles gesagt. Er ist mit seiner Verzweiflung am Ende.“
Und doch werden die Figuren in Schramms Kopf noch lange weiterleben. Wenn er Zeitung liest oder Radio hört, wird August über die SPD sinnieren und Dombrowski sich über den Pflegenotstand ereifern, während ein Bericht über Kampfdrohnen den angesäuselten Oberstleutnant Sanftleben („das Weichziel ist der Mensch“) aus seinem Dämmerschlaf reißt.
Schade, dass wir diese Wortmeldungen nicht mehr hören dürfen. Wir würden gerne noch einmal klatschen, auch wenn Lothar Dombrowski uns sofort wieder anraunzen würde: „Ach, hören Sie doch auf mit dem albernen Händchenpatschen.“ Und wie immer würde Schramms berühmter Kotzbrocken an dieser Stelle sehr laut mit der Glocke bimmeln.
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schade, sehr schade! Ein letzter Paukenschlag von ihm!