Nachdem ich in meinem letzten Post ([Links nur für registrierte Nutzer]) auf Belege dafür hingewiesen habe, dass Intelligenzunterschiede zwischen ethnischen Gruppen auch biologische Grundlagen haben können, möchte ich jetzt die Gegenseite etwas füttern. Es geht um die Frage, ob die Entwicklung von Hochkulturen vor allem auf allgemeiner Intelligenz (die ja als zumindest teilweise biologisch bedingt gilt) oder auf Umwelteinflüssen beruht.
Zur Unterstützung der Umwelttheorie hat der amerikanische Zoologe und Evolutionsforscher Jared Diamond vor einigen Jahren eine sehr innovative Theorie geliefert (1). Er fragte sich: Warum gibt es moderne Industriestaaten und zur gleichen Zeit Gesellschaften, die quasi noch in der Steinzeit leben? Warum haben Indianer erst so spät begonnen, Hochkulturen zu erschaffen? Warum wurden Inka und Azteken von den Spaniern erobert? Warum nicht umgekehrt? Seine Antwort lautet: Die Ursachen bestehen in Ökologie und Geographie. Für die kulturelle Entwicklung ist entscheidend, wie eine Gesellschaft geographisch positioniert ist. Die wichtigste Rolle spielen dabei die großen Achsen eines Kontinents. Der eurasische Erdteil verfügt über eine extrem lange horizontale Achse, die sozusagen trockenen Fußes von Lissabon bis Wladiwostok führt. Die afrikanischen und amerikanischen Kontinente weisen jedoch nur schmale horizontale Achsen auf. Die Konsequenzen sind einschneidend. Denn horizontal können Nutzpflanzen und –tiere problemlos wandern und ausgetauscht werden; bei der vertikalen Richtung ist das sehr viel schwieriger, weil hier unterschiedliche Klimazonen überbrückt werden müssen.
Das führte dazu, dass sich Europa, Naher und Ferner Osten gegenseitig vielfältige kulturelle Impulse geben konnten, während Amerika von der eurasischen Achse abgeschnitten war – und damit von der Verfügbarkeit über Pferde, andere Nutztiere oder vieler ertragreicher Nahrungspflanzen. In Afrika konnten diese Spezies aus ökologischen Gründen nicht heimisch werden. Diesen Vorsprung behielten vor allem die Europäer bei, so dass sie es waren, die ihre Gesellschaften in die Neuzeit und ins industrielle Zeitalter führten.
Dem hielten Richard Lynn und Tatu Vanhanen eine akzentuiert genetische Theorie entgegen (2): Für sie ist Intelligenz, die sie für ganz überwiegend erbbedingt halten, der entscheidende Faktor der gesellschaftlichen Entwicklung. Zum Nachweis präsentieren sie eine lange Liste von nationalen IQ-Daten (die nicht ohne Kritik blieb) und korrelieren sie mit dem jeweiligen Bruttosozialprodukt. Wie nicht anders zu erwarten, ermitteln sie einen statistisch sehr engen Zusammenhang zwischen durchschnittlicher Intelligenz einer Gesellschaft und deren Wirtschaftsleistung. Daneben enthalt das Buch eine kurze Besprechung von Diamonds Thesen, die ziemlich hämisch ausfällt. Das Werk gipfelt in der These, dass ein nationaler Mindest-IQ von 90 Voraussetzung sei, um eine moderne Gesellschaft hervorzubringen und am Laufen zu halten. Womit eine große Zahl von Bevölkerungen in Südamerika, Afrika und Südasien auf Dauer von diesem Privileg abgeschnitten wären.
Lange habe ich mich gefragt, wie sich diese Thesen auf möglichst objektive und exakte Weise überprüfen lassen könnten. Mehr oder minder durch Zufall bin ich auf einen wissenschaftlichen Artikel gestoßen, der einen sehr interessanten Ansatz versprach (3). Er stammt vom US-amerikanischen Kulturanthropologen Robert L. Carneiro, der darin einen zahlenmäßigen Index entwickelt, mit dem sich die Kulturhöhe einer Gesellschaft messen lässt. Geeignet ist dieser Index für sehr einfache Wildbeutergesellschaften bis hin zu vorindustriellen Imperien. In diesen Index gehen hunderte von Einzelmerkmalen ein (Beispiel: Metallverarbeitung vorhanden? Hauptberuflicher Handwerkerstand vorhanden? Staatliche Verwaltung, Schrift, Geld etc).
Glücklicherweise war dem Artikel eine lange Liste von Kulturen mitsamt ihrer Indexwerte angefügt. Ein paar Beispiele: Australische Aborigines = 17, ackerbauende Delaware-Indianer = 50, afrikanisches Königreich der Dogon = 208, Wikinger = 344, assyrisches Königreich = 477, Römisches Reich = 572.
Daraus habe ich mir eine Liste von 55 Kulturen erstellt. Diesen wurde jeweils eine geographische Kennziffer zugeteilt. Lagen sie auf einer langen horizontalen Achse, betrug dieser Wert 1, sonst 0. Außerdem habe ich diesen Gesellschaften den jeweiligen IQ-Wert nach Lynn/Vanhanen zugeordnet (bei historischen Kulturen natürlich den ihrer Nachfahren – z. B. für die Wikinger moderne Skandinavier, für Römer die Italiener oder für Assyrer die Iraker).
Die statistische Analyse ergab: Zu Häme bestand für Lynn und Vanhanen keinerlei Anlass. Der Zusammenhang zwischen Geographie und Kulturhöhe erwies sich als fast dreimal so hoch wie der zum Intelligenzquotienten. Der trug gerade einmal magere 13% zum Entwicklungsstand einer Kultur bei. Auch eine andere Beobachtung bringt die Lynn’sche These erheblich zum Wackeln. Zu den höchst entwickelten Kulturen der Liste gehören das assyrische und ägyptische Reich, sowie die altindische Zivilisationen. Allesamt von Bevölkerungen erschaffen, deren IQ unter 90 lag und eigentlich nicht auf diesen Rang gehören dürften.
1: Diamond, Jared (2007): Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften. Frankfurt a.M.
2: Lynn, Richard u. Vanhanen, Tatu (2002): IQ and the Wealth of Nations. Westport.
3. Carneiro, Robert L. (1970): Scale Analysis, Evolutionary Sequences, and the Rating of Cultures." In A Handbook of Method in Cultural Anthropology, ed. by Raoul Naroll and Ronald Cohen, pp. 833-871. The Natural History Press. Garden City, NY, 1970.