Heimatkunde: Ministerin tauft Schulfach um
Was früher Heimat- und Sachunterricht war, wird nun zum Sachkundeunterricht. Bildungsministerin Wende benennt das Schulfach um - und stößt auf Kritik.
Kiel. Auf der Homepage der Flensburger Universität ist das Wort "Heimat" schon gelöscht. Aus dem Institut für Heimat- und Sachunterricht wurde das "Institut für Sachunterricht". Gleiches widerfährt jetzt auch den Schulen. Die parteilose Bildungsministerin Waltraud Wende ist anderen SPD-geführten Landesregierungen gefolgt und hat das Schulfach für die Grundschüler umbenannt. In deren Stundenplan wird das Fach HUS (wahlweise auch HSU oder HSK) jetzt gestrichen und durch Sachkundeunterricht ersetzt.
Begründung des Ministeriums:
"Der Unterricht in diesem Fach geht längst über das hinaus, was der Begriff Heimat meint. Mit der Umbenennung machen wir mit dieser Verengung Schluss", erklärte am Donnerstag Ministeriums-Sprecher Thomas Schunck. Letztlich handele es sich nur um eine Anpassung an die Unterrichtswirklichkeit, die ihren Fokus auf Europa und "die eine Welt" richte.
"Unlogisch und tendenziell irreführend"
In der Tat ist dieser Blick über den heimischen Tellerrand seit Langem in den Lehrplänen der Grundschulen fest verankert. Allerdings wurde darin explizit die Auseinandersetzung mit dem Begriff Heimat genutzt, um Zusammenhänge, Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit anderen Kulturräumen heraus zu arbeiten. Wörtlich heißt es bislang im Lehrplan: "So steht der Begriff ,Fremde' im engen Zusammenhang mit dem Begriff ,Heimat'." Gelinge es, Kindern den Blick aus der Perspektive des Fremden zu öffnen, so bedeutet die subjektive Seite von Heimat zweierlei: identitätsstiftende Sicherheit und Offenheit gegenüber Fremden, Andersartigen. Die fundamentale Leitidee des Faches sei die "erkundende und gestaltende Auseinandersetzung mit der eigenen Um- und Mitwelt", so der Lehrplan.
Von ideologischer Überfrachtung, geographischer Enge, zu wenig Wissenschaftlichkeit und zu starker Orientierung am Land-Idyll könne also keine Rede sein, kritisieren die Liberalen. Insofern sei die Reduzierung auf den Begriff "Sachunterricht" unlogisch und tendenziell irreführend. Offenbar habe das Ministerium "ein verquastes und vorurteilsbeladenes Verständnis von Heimat", sagte FDP-Sprecherin Susann Wilke.
"Ich bin fassungslos"
Massive Kritik kommt auch vom Heimatbund: "Ich bin fassungslos", empörte sich deren Chefin Jutta Kürtz. Heimatkunde-Unterricht bedeute "eine Bewusstmachung der eigenen Identität, der historischen und kulturellen, auch naturlandschaftlichen Besonderheiten der eigenen Lebenswelt und Region". Auch der heimischen Sprachen. Der Heimatbund habe darauf gesetzt, dass mit zunehmendem Ganztagsunterricht gerade den regionalen Heimat-Themen mehr Zeit eingeräumt werde. "Gerade in den letzten Jahren hat die Besinnung auf dieses Wort und auf seine modernen, zukunftsorientierten Inhalte in unserer Gesellschaft stark an Bedeutung gewonnen", erklärte Kürtz. Dass eine Landesregierung, die immer wieder hervorhebe, auf den Dialog zu setzen, den Begriff Heimat stillschweigend abschaffe, sei "schlicht unglaublich".
Schleswig-Holstein liegt allerdings im Trend. Nur in den unionsregierten Ländern Bayern und Thüringen wird offiziell noch Heimat- und Sachkunde unterrichtet.
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