Wirbel um Volksmusikpreis1,42 Millionen Euro mit faulem Geruch brauchen einen neuen Besitzer. Die Hanns-Seidel-Stiftung gibt ihr Nazi-Millionen-Erbe ab. Das Geld, dessen Herkunft lange nicht bekannt war, soll nun umgewidmet werden.
CSU-Stiftung gibt das braune Erbe ab
1,42 Millionen Euro mit faulem Geruch brauchen einen neuen Besitzer. Die Hanns-Seidel-Stiftung gibt ihr Nazi-Millionen-Erbe ab. Das Geld, dessen Herkunft lange nicht bekannt war, soll nun umgewidmet werden.
VON CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER
München – Die wahre Gesinnung verbarg sich in einem Schrank im Wohnhaus des Ehepaars Wutz. Auf der Innenseite, von außen nicht erkennbar, prangten Devotionalien der Nazi-Zeit. Pistolen und Dolche fand man im Haus am Starnberger See, dazu weitere Unterlagen aus und über die NSDAP. Rückblickend gibt es keine Zweifel: Max und Maria Wutz, gestorben Anfang der 80er-Jahre, waren glühende Nationalsozialisten der ersten Stunde, waren mit Hitler eng vertraut. Jetzt erst wird ein angemessener Umgang mit ihrem Erbe gesucht.
Das Ehepaar hatte ein Millionenvermögen unter strengen Auflagen der Hanns-Seidel-Stiftung vermacht. Ein Volksmusikpreis sollte daraus gestiftet werden, bis ins Detail festgelegt war der festliche Rahmen dafür: Defiliermarsch, Bayernhymne, warme Worte. Die CSU-nahe Stiftung nahm das Erbe an und verlieh den Preis über mehrere Jahrzehnte in großer Harmonie, ohne politische Hintergedanken. Offenbar glaubte sie den Beteuerungen der Stifter, sich von der NSDAP schon vor Kriegsbeginn distanziert zu haben; spätere Stiftungschefs ahnten nichts davon. Man habe „im guten Glauben“ gehandelt, sagt ein Sprecher. Erst Recherchen unserer Zeitung und des „Spiegel“ im November 2012 machten die tiefe braune Verstrickung des Ehepaars Wutz bekannt.
Inzwischen hat die Stiftung ein externes Gutachten eingeholt. Das Münchner Institut für Zeitgeschichte zählt Max und Maria Wutz zum Kreis von Hitlers frühen Gefolgsleuten, der „Sternecker-Gruppe“ – benannt nach einem Wirtshaus, in dem Hitler die erste NSDAP-Zentrale führen ließ. Herausragende Führungsleute waren sie nicht, Max Wutz brachte es für ein halbes Jahr zum zweiten Kassenwart der jungen Partei. Seine Spruchkammerakte stuft ihn aber in Gruppe II („schuldig“) ein.
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Die Stiftung zieht jetzt Konsequenzen. Das Vermögen von 1,42 Millionen Euro, das sich unter anderem aus dem Verkauf der Villa speiste, ist seit drei Monaten auf einem Notar-Konto geparkt. Es wird keine Preise mehr geben, sondern ein neuer Zweck gesucht, in den das Vermögen fließen kann. „Aussöhnung und Wiedergutmachung“ gibt die Stiftung als Ziel vor. Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) denkt an eine Umwidmung für den Jugendaustausch oder die Erinnerungsarbeit an die NS-Zeit. Das sei „zunächst ein Gedanke“.
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