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FDP-Fraktionschef Brüderle: Vorwürfe gegen den Spitzenmann
Rainer Brüderle soll die FDP als Spitzenmann in den Bundestagswahlkampf führen, der Pfälzer gilt als jovial und leutselig. Jetzt hält eine "Stern"-Reporterin dem Fraktionschef der Liberalen vor, sie mit unangemessenen Bemerkungen bedrängt zu haben.
Berlin - Eigentlich soll endlich Ruhe einkehren in der FDP. Nun, da klar ist, wie sich die Partei für den kommenden Bundestagswahlkampf aufstellt: Philipp Rösler bleibt Chef, Rainer Brüderle wird Spitzenkandidat. Als "Gesicht der FDP" soll der Vorsitzende der Bundestagsfraktion die Liberalen bis zum Herbst aus dem Umfragekeller heraus zu einem neuerlichen Überraschungserfolg führen.
Doch womöglich ist es mit der Ruhe ganz schnell wieder vorbei. Denn
[Links nur für registrierte Nutzer] wirft nun einen Schatten auf eben jenes neue, nicht mehr ganz so frische Gesicht. Eine Reporterin des Hamburger Magazins wirft dem 67-jährigen Brüderle Aufdringlichkeit vor. Die Journalistin erzählt von unangemessenen Bemerkungen des Fraktionschefs, zudem soll der FDP-Mann ihr gegenüber nicht die gebotene Distanz gewahrt haben.
Der Artikel in der neuen "Stern"-Ausgabe trägt den Titel: "Der Herrenwitz". Darin beschreibt die 29 Jahre alte Redakteurin eine Begegnung mit Brüderle am Vorabend des traditionellen Stuttgarter Dreikönigstreffens der
[Links nur für registrierte Nutzer] im vergangenen Jahr. Journalisten und Politiker hätten wie üblich vor solchen Veranstaltungen an der Bar des Hotels Maritim zusammengestanden. Sie habe Brüderle bei dieser Gelegenheit gefragt, "wie er es findet, im fortgeschrittenen Alter zum Hoffnungsträger aufzusteigen", schreibt die Autorin. Der Liberale aber habe lieber über ihr Alter sprechen wollen und sie auf 28 Jahre geschätzt - was zu jenem Zeitpunkt stimmte. "Mit Frauen in dem Alter kenne ich mich aus", habe
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Auch der nächsten fachlichen Frage zur Rede des Fraktionschefs wich Brüderle nach Angaben der Reporterin aus. Stattdessen soll er sich nach ihrer Herkunft erkundigt haben. "München", lautete die Antwort der Journalistin, was Brüderle zunächst zu spöttischen Bemerkungen über die Cola in der Hand der Reporterin veranlasst habe - die Frauen dort seien doch eigentlich trinkfest. Die Autorin beschreibt die Szene weiter:
Brüderles Blick wandert auf meinen Busen. "Sie können ein Dirndl auch ausfüllen."
Im Laufe unseres Gesprächs greift er nach meiner Hand und küsst sie. "Ich möchte, dass Sie meine Tanzkarte annehmen."
"Herr Brüderle", sage ich, "Sie sind Politiker, ich bin Journalistin."
"Politiker verfallen doch alle Journalistinnen", sagt er.
Ich sage: "Ich finde es besser, wir halten das hier professionell."
"Am Ende sind wir alle nur Menschen."
Zum Ende des Artikels erzählt die Reporterin, wie der Abend an der Stuttgarter Hotelbar zu Ende gegangen sein soll. Irgendwann habe Brüderle doch noch auf ihre Frage geantwortet, warum er glaube, nach all den Jahren plötzlich so beliebt geworden zu sein. "Weil ich der Beste bin", habe der FDP-Politiker geantwortet. Gegen ein Uhr nachts habe Brüderles Sprecherin ihren Chef dann zum Aufbruch gedrängt:
Brüderle verabschiedet sich von den umstehenden Männern. Dann steuert er mit seinem Gesicht sehr nah auf mein Gesicht zu. Ich weiche einen Schritt zurück und halte meine Hände vor meinen Körper. Die Sprecherin eilt von hinten heran: "Herr Brüderle!", ruft sie streng. Sie führt ihn aus der Bar. Zu mir sagt sie: "Das tut mir leid." Zu ihm sagt sie: "Zeit fürs Bett."
Die Redakteurin führt noch andere Beispiele für möglicherweise unangemessene Äußerungen Brüderles an. Dass Frauen weniger Alkohol vertragen würden als Männer, erkläre der FDP-Mann mit dem höheren "Fettgehalt" von Frauen: "Dabei macht der den Reiz der Frau aus!", wird Brüderle zitiert.
Auch ein Besuch in einem Milchviehbetrieb in Schleswig-Holstein im vergangenen Frühjahr wird beschrieben. Dort habe der FDP-Fraktionsvorsitzende eine Kuh betrachtet und gesagt: "Ey, guck mal, der Euter. Der hängt ganz schön. Das ist Körbchengröße 90 L." Als eine Kuh von hinten auf eine andere aufgesprungen sei, habe Brüderle kommentiert: "Gleichgeschlechtliche Liebe ist bei Tieren so häufig wie bei Menschen." Und als der Bauer erklärt habe, wie die Zitzen am Euter der Kuh angefasst würden, sei dem Liberalen eingefallen: "Das ist die Erotisierung der Kuh."
Das persönliche Fazit der "Stern"-Reporterin: "Der FDP-Hoffnungsträger befindet sich selbst in einem Zustand von Dauererotisierung. Er gefällt sich als Verkörperung des wandelnden Herrenwitzes."
Brüderle wollte sich auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht zu dem "Stern"-Artikel äußern.