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Das Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau hat den bis 2006 geltenden Staatsvertrag mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt teilweise für verfassungswidrig erklärt. Dem 1994 geschlossenen Vertragswerk zufolge, oblag die Verteilung der jährlichen Landeszuschüsse an die in Sachsen-Anhalt beheimateten Gemeinden jüdischen Glaubens dem Landesverband jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt, egal ob die betreffenden Gemeinden dem Verband angehörten oder nicht.

Das Landesverfassungsgericht kritisierte in seiner Entscheidung, dass im Staatsvertrag von 1994 weder der Kreis der Berechtigten noch die Kriterien der Verteilung des Geldes hinreichend geregelt gewesen seien. Die Verteilung der im Landeshaushalt für Religionsgemeinschaften bereit gestellten Mittel sei eine staatliche Aufgabe, erklärten die Verfassungsrichter. Die Übertragung dieser Aufgabe auf den Landesverband stelle eine "Beleihung" dar, die allenfalls dann zulässig sei, wenn die Kriterien der Mittelverteilung im Staatsvertrag selbst hinreichend bestimmt seien. Das im Staatsvertrag von 1994 geregelte Verteilungskriterium "anteilig" genüge den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, erklärten die Dessauer Richter weiter.

Gegen die ursprüngliche Praxis der Mittelvergabe hatte die Synagogengemeinde Halle geklagt, die selbst keine Mitgliedsgemeinde im Landesverband jüdischer Gemeinden ist. Nach einem jahrelangen Prozess durch alle Instanzen hatte das Oberverwaltungsgericht Magdeburg letztendlich entschieden, das Landesverfassungsgericht im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens anzurufen. Bereits das OVG hatte kritisiert, dass dem Landesverband jüdischer Gemeinden in Sachsen-Anhalt mit der Verteilung des Geldes eine staatliche Aufgabe übertragen worden sei, die ihn in einen Interessenkonflikt gebracht habe. Unter anderem hatten die Oberverwaltungsrichter beanstandet, dass der Landesverband auch über die Höhe des ihm selbst zustehenden Mittelanteils habe entscheiden müssen. Zudem seien jene jüdischen Gemeinden, die nicht Mitglieder des Landesverbandes waren, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu dem Verband gebracht worden, wodurch das verfassungsrechtliche Gebot staatlicher Neutralität bei der Förderung von Religionsgesellschaften verletzt worden sei.
Neuer Staatsvertrag seit 2006

Das Kultusministerium will nun prüfen, was aus dem Urteil folgt. Ein Sprecher sagte, das Landesverfassungsgericht habe keine grundsätzliche Entscheidung getroffen, wie das Geld verteilt werden solle. Unklar sei daher, ob etwa die Synagogengemeinschaft zu Halle auf eine Nachzahlung für die Zeit von 1994 bis 2006 vom Land hoffen könne.

Der Staatsvertrag von 1994 war 2006 geändert worden. Der neue Staatsvertrag mit der Jüdischen Gemeinschaft in Sachsen-Anhalt sieht zwar weiterhin die Auszahlung der Landeszuschüsse an die Gemeinden über den Landesverband vor, enthält aber einen konkreten Verteilungsschlüssel. Danach erhalten der Landesverband und die fünf jüdischen Gemeinden im Land jeweils Sockelbeträge. Der Restbetrag wird nach Mitgliederzahlen verteilt, die durch den Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland zu bestätigen sind.

Über diese Regelung hatte das Landesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Allerdings beschäftigt sich derzeit das Magdeburger Oberverwaltungsgericht mit der aktuellen Vergabepraxis. So wird unter anderem über den Nachwesi der Mitgliederzahlen in den jüdischen Gemeinden gestritten, die für die Höhe der Zuwendungen wichtig sind.
Tja, wenn´s ums Geld geht...