Du machst die Begrifflichkeit an der Effizienz fest? Gut, kann man machen, aber das wirkt schon sehr nach "Vermeidungs-Strategie". Wenn man den Bombenkrieg ab mitte 1943 betrachtet, spätestens ab Anfang 1944, so findet man aber doch viele Merkmale der Tötung im industriellen Maßstab erfüllt. Von Gegenwehr - gar wirksamer - kann kaum noch die Rede sein, den versiegenden deutschen Kräften steht dabei aber eine amerikanische Rüstungsindustrie gegenüber, die gerade erst richtig ins Laufen gekommen ist. Der Nachschub an Spreng- und Brandbomben, an Trägerflugzeugen und Begleitschutz-Jägern schwillt ab Ende 1943 - zusammenfallend mit dem Niedergang der deutschen Seekriegsführung, stetig an, mit Nordafrika und Süditalien stehen neben der britischen Insel neue Absprungpunkte zur Verfügung, die den Alliierten eine stetige Intensivierung ihrer "Moral-Bombing"-Strategie erlauben. Die Verlustzahlen unter der deutschen Zivilbevölkerung schnellen ab Anfang 1944 hoch und erreichen ein solches Niveau, dass sich "bleib übrig" als Grußwort in Deutschland etabliert...
Luftschutz-Maßnahmen werden natürlich getroffen, aber weder stehen für alle gefährdeten Zivilisten genügend Schutzräume zur Verfügung, noch bieten alle sog. Schutzräume auch tatsächlich nennenswerte Sicherheit. Die zahllosen, die sich in die Keller ihrer Häuser flüchten, wissen eines ganz genau: Dort sind sie zwar vor der Splitterwirkung und bedingt vor Feuer geschützt, ein "Volltreffer" ist aber das sichere Ende. Da die alliierte Luftwaffe ihre zivilen Ziele nach Brennbarkeit auswählt, geht das Sterben in den Kellern auch dann weiter, wenn die eigentliche Bombardierung beendet ist. Ob man nun an giftigen Phosphor-Dämpfen erstickt oder deswegen, weil die herrschenden Großfeuer den ganzen Sauerstoff aufsaugen, das Ergebnis ist immer das von den alliierten Angreifern gewünschte: Tote Zivilisten. Das Argument, man hätte die Brände ja löschen können, spricht dem Ausmaß der Angriffe und der resultierenden Schäden selbst unter Auslassung des Umstandes Hohn, dass die Wasservervorgung immer mit auf den Ziellisten stand.
Wenn also das geballte Produktionspotenzial einer industriellen Supermacht gegen einen zivilen und zunehmend wehrlosen Gegner mobilisiert wird, dann - finde ich - kann man von industriellem Massenmord durchaus sprechen, im Gegenzug spricht man ja auch über die Vorgänge in den Konzentrationslagern mit diesem Begriff, und auch hier gab es Überlebende, und es wurden eben nicht 100% der Betroffenen getötet.