NPD-Verbotsverfahren so gut wie sicher
Verbieten oder nicht verbieten? Inzwischen sind sich die Bundesländer so gut wie einig: Sie wollen ein neues Verfahren gegen die NPD anstrengen. Allerdings zweifelt eine gemeinsame Bund-Länder-Arbeitsgruppe, ob das überhaupt Erfolg haben könnte.
Berlin/Schwerin -
Ein Unions-Ministerpräsident nach dem anderen hat sich angeschlossen, inzwischen gilt ein neues NDP-Verbotsverfahren als so gut wie sicher. Am Mittwoch treffen sich die Innenminister der Länder, am Donnerstag die Ministerpräsidenten, um über einen Verbots-Antrag beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu sprechen. Allerdings sagte Lorenz Caffier (CDU), der Vorsitzende der Innenministerkonferenz: "Ich gehe davon aus, dass wir bis zur letzten Minute diskutieren."
Auch wenn sich die Länder auf einen Verbotsantrag einigen sollten, bleibt der Ausgang des Verfahrens nach Einschätzung der gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe ungewiss. Das berichtete das NDR-"Nordmagazin" am Samstag unter Berufung auf den Bericht der Gruppe. Der Kernsatz des Papiers laute: "Der Ausgang des Verfahrens (muss) nach übereinstimmender Ansicht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als offen betrachtet werden."
Als Skeptiker unter den Ländern gelten noch Hessen und das Saarland. Niedersachsen hatte am Freitag eingelenkt, deswegen rechnet auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit einer klaren Mehrheit für das Verbotsverfahren. Die NPD sei eine rassistische Organisation, die auch vor Gewalt nicht zurückschrecke. "Deshalb brauchen wir das klare Signal, dass für solche Parteien in unserer Demokratie kein Platz ist", sagte Herrmann.
Bei dem Treffen in Rostock werden die Innenminister auch über die angestrebte Reform des Verfassungsschutzes sprechen. Die Länder hatten dem Vorschlag von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zugestimmt, eine zentrale V-Leute-Datei einzuführen. Nach einem "Focus"-Bericht haben sich die Länder-Innenminister bereits im Vorfeld ihres Treffens über Details verständigt. Die Datei soll beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln geführt werden.
Zweifel an Belegen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
Der erste Anlauf für ein Verbot war 2003 an V-Leuten des Verfassungsschutzes gescheitert, sie hatten bis in die Führungsebene der Partei mitgearbeitet. Diese V-Leute in den Führungsgremien seien inzwischen "abgeschaltet", um ein neues Verbotsverfahren nicht zu gefährden, hieß es.
Für ein neues Verbotsverfahren hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe 2649 Belege zusammengetragen, sie sollen die Verfassungswidrigkeit der rechtsextremen NPD dokumentieren. Franz-Wilhelm Dollinger, Vizepräsident des Karlsruher Sozialgerichts, hatte diese Unterlagen begutachtet. Er sprach von einer "hinreichenden Wahrscheinlichkeit" von mehr als 50 Prozent, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der NPD feststellen wird.
Diesmal, so hieß es, hätten die Inlandsgeheimdienste auf die Berichte ihrer V-Leute bewusst verzichtet. Das Material sollte sauber sein. Daran zweifelt jetzt allerdings die "Welt am Sonntag": Nach Informationen der Zeitung wollen einige Landesregierungen nicht zusichern, dass das Beweismaterial gegen die rechtsextreme Partei ohne Hilfe von V-Leuten des Verfassungsschutzes gesammelt wurde. So lehnten demnach mehrere Landesinnenminister ihre Unterschrift unter solche Erklärungen ab und wollten stattdessen die Präsidenten der Verfassungsschutz- und Landeskriminalämter unterzeichnen lassen, berichtet die Zeitung.
Ohne eine offizielle Bescheinigung in dem Punkt steige nach Auffassung von Bundesinnenminister Friedrich die Wahrscheinlichkeit, dass das Bundesverfassungsgericht in einem Verbotsverfahren die Klarnamen von V-Leuten einfordere. In einem der Zeitung vorliegenden vertraulichen Schreiben von Friedrich und Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) an die Innenministerkonferenz (IMK) heißt es dem Zeitungsbericht zufolge: "Das wäre äußerst problematisch, weil es einerseits Menschenleben gefährden und andererseits die Arbeit des Verfassungsschutzes über viele Jahre erschweren würde."
Friedrich ist seit jeher skeptisch gegenüber einem neuen Verbotsverfahren. Er findet es unklug, einer Partei juristisch den Krieg zu erklären, die sich ohnehin im Überlebenskampf befindet. Auch der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU), beurteilt die Erfolgsaussichten für ein neues NPD-Verbotsverfahren skeptisch. Es sei zwar aufgrund der vorliegenden Beweise evident, dass die NPD verfassungsfeindlich sei, sagte er am Samstag im Deutschlandfunk. "Hinzukommen muss aber eine aggressiv-kämpferische Haltung in der Absicht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen oder zumindest zu beeinträchtigen." Dieser Nachweis werde nicht einfach zu führen sein.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Caffier geht von einem offiziellen Verbotsantrag des Bundesrates im ersten Halbjahr 2013 aus. Offen ist noch, ob sich Bundestag und Bundesregierung erneut anschließen werden.
fln/dpa/AFP