Die Lusitania
Nichts ist so spannend wie Geschichte. Man erkennt anhand verschiedener tatsächlich stattgefundener Ereignisse, wer die Fäden in der Hand hält und was die eigentlichen Beweggründe für Entscheidungen sind.
Es wird einem ebenfalls schmerzlich bewußt, dass bestimmte Leute in Machtpositionen nicht die geringsten Skrupel haben, Hunderte, Tausende oder gar Millionen Menschen zu opfern, um ihre Agenda umzusetzen.
Ein solcher „Historien-Krimi“ ist die Versenkung der Lusitania am 7. Mai 1915 durch das deutsche U-Boot U-20.
1198 Menschen kamen ums Leben, unter ihnen auch 124 amerikanische Staatsbürger.
Die Empörung der amerikanischen Bevölkerung über die Versenkung der Lusitania war ein entscheidender Grund, weshalb die USA in den 1. Weltkrieg eingriffen. Die Versenkung der Lusitania war also ein absolutes Schlüsselerlebnis und verdient daher eine dezidierte Betrachtung.
Es würde absolut ins Bild passen, das vom erzbösen Deutschland gezeichnet wird, wenn man verbreitet, dass ein deutsches U-Boot ein ziviles Schiff versenkt hat und der böse deutsche Kapitän mitsamt seiner ebenfalls bösen deutschen Besatzung dann angestoßen haben, als 1198 Menschen ihr nasses Grab fanden.
Nur… so war es nicht.
Ich stelle hier einige Fakten zusammen, die die meisten Leute überraschen werden:
1) Nach den sogenannten Cruiser Rules gaben sowohl England als auch Deutschland den Mannschaften unbewaffneter Handelsschiffe des Gegners eine Chance, in die Rettungsboote zu steigen, ehe man das Schiff versenkte.
Doch im Oktober 1914 erteilte ein Mann Befehl, daß britische Handelsschiffe nicht länger die Befehle von U-Booten zum Anhalten beachten und sich durchsuchen lassen dürfen.
Besaßen sie Waffen, mußten sie den Feind angreifen. Wenn nicht, sollten sie versuchen, das U-Boot zu rammen.
Die unmittelbare Auswirkung dieses Befehles war, daß deutsche U-Boote zu ihrem Schutz unter Wasser blieben und die Schiffe ohne Warnung versenkten. (Denn sobald sie auftauchen würden, wären sie leichte Beute für den Gegner)
Dieser Mann war sich dessen wohl bewußt, er sagte:
„Der erste britische Gegenzug, auf meine Verantwortung, lag darin, die Deutschen von Angriffen von der Oberfläche abzuhalten. Das untergetauchte U-Boot mußte sich deshalb zunehmend auf Unterwasserangriffe verlassen und ging damit das große Risiko ein, neutrale für britische Schiffe zu halten und neutrale Seeleute zu ertränken und somit Deutschland in Konflikte mit anderen großen Mächten zu verwickeln.“
2.) Um die Wahrscheinlichkeit eines versehentlichen Versenkens einer neutralen »großen Macht« zu erhöhen, befahl der Mann den britischen Schiffen, die Namen an den Rümpfen zu entfernen und in den Häfen die Flagge eines neutralen Landes aufzuziehen, vorzugsweise die der Vereinigten Staaten.
Als eine weitere Provokation wurde der britischen Marine befohlen, gefangene U-Boot-Matrosen nicht als Kriegsgefangene, sondern als Verbrecher zu behandeln.
»Überlebende«, schrieb der Mann, »sollten gefangengenommen oder erschossen werden …, was immer passend sein mag.«[7] Weitere Befehle, die heute einen peinlichen Teil der offiziellen Archive der Marine darstellen, waren sogar noch rücksichtsloser: »Bei allen Aktionen sollte unverzüglich auf weiße Flaggen geschossen werden.«[8]
3.) Die Lusitania war ein Transportschiff für Kriegsgüter.
[...]Endlich erhielt er [George Viereck] einen Termin bei [US-Außenminister William Jennings] Bryan und wies ihn daraufhin, daß die Lusitania bis auf eine Ausnahme auf allen ihren Fahrten während des Krieges Munition transportiert hatte. Er zeigte Kopien ihrer Ladungsverzeichnisse, die bei der Hafenmeisterei öffentlich einsehbar waren. Darüber hinaus informierte er Bryan, daß nicht weniger als sechs Millionen Schuß Munition am kommenden Freitag mit der Lusitania auslaufen sollten und daß man die Beladung in diesem Augenblick an Pier 54 beobachten könne.
Als die Lusitania versenkt wurde, bestand ihre Ladung laut eidesstattlicher Aussage von Kapitän Turner (der Kapitän der Lusitania), u. a. aus 1.271 Kisten Munition, 189 Pack sonstigem Kriegsmaterial, 260.000 Pfund Messingplatten, 111.762 Pfund Kupfer, 58.465 Pfund Kupferdraht, sowie 4.200 Kisten mit Patronen und sonstigen Granaten.
4.) Deutschland hat versucht, die amerikanischen Staatsbürger zu warnen, indem es in den 50 größten amerikanischen Zeitungen folgende Anzeige veröffentlichen wollte:
Bekanntmachung!
REISENDE, die sich auf eine Fahrt über den Atlantik begeben möchten, mögen bedenken, daß zwischen Deutschland und seinen Verbündeten und Großbritannien und dessen Verbündeten Krieg herrscht; daß die Kriegszone auch die Gewässer in der Nähe der Britischen Inseln umfaßt; daß in Übereinstimmung mit der formellen Benachrichtigung der Kaiserlichen Deutschen Regierung Schiffe, welche die Flagge Großbritanniens oder seiner Verbündeten aufgezogen haben, in diesen Gewässern zerstört werden könnten und daß Reisende, die sich in dieser Kriegszone auf Schiffen Großbritanniens oder deren Verbündeten aufhalten, dieses auf eigenes Risiko tun. — Kaiserliche deutsche Botschaft Washington D.C., 22. April 1915
Ich schreibe „veröffentlichen wollte“, denn obwohl der Anzeigetext den Zeitungen rechtzeitig vorlag, intervenierte das amerikanische Außenministerium, so dass der Anzeigetext lediglich in einer Zeitung, der Des Moines Register, zum gewünschten Datum erschien.
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Soviel zu den Fakten, die nun die Versenkung der Lusitania in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.
Der oben erwähnte US-Außenminister Bryan verfasste einen Brief an die eigene Regierung, in dem er feststellte:
Deutschland besitzt das Recht, den Versand von Kriegskonterbande an die Alliierten zu verhindern, und ein Schiff, das solche Konterbande führt, darf sich nicht auf Passagiere als Schutz gegen Angriff verlassen. Es wäre so, als würde man Frauen und Kinder vor eine Armee stellen.
Damit der Text nicht zu lang wird, verweise ich für Interessierte hier auf meine Hauptquelle,
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Wer möchte, kann sich neben diesen von mir zusammengetragenen Fakten noch tiefer in das Thema einlesen, doch eine Frage möchte ich für meine Leser auflösen:
Wer war „der Mann“ den man als knallharten Kriegstreiber bezeichnen muss und der skrupellos den Tod von Zivilisten in Kauf nahm, um einen Weltkrieg mit Beteiligung der USA zu erschaffen?
Seine Initialien lauten W.C., er rauchte gerne Zigarren, trug als Markenzeichen eine Melone und auch das „Victory-Zeichen“ geht auf ihn zurück.
Er wurde später Premierminister von England.
Dass sich dieser Mann im Laufe seines Lebens nicht großartig geändert hat, beweisen folgende Zitate, die aus einer späteren Zeit stammen:
“Wir haben sechs oder sieben Millionen Deutsche umgebracht. Möglicherweise werden wir eine weitere Million oder so töten, bevor der Krieg zu Ende ist.”
“Das unverzeihliche Verbrechen Deutschlands vor dem Zweiten Weltkrieg war der Versuch, seine Wirtschaftskraft aus dem Welthandelssystem herauszulösen und ein eigenes Austauschsystem zu schaffen, bei dem die Weltfinanz nicht mitverdienen konnte.”