Qualifizierte Leute sind gesucht. Der Wirtschaft fällt es zunehmend schwer, geeignete Kandidaten für bestimmte Stellenprofile zu finden. Besonders betroffen ist der Bereich IT und Forschung.
15 Prozent der offenen Stellen in der Schweiz werden mit ausländischen Arbeitskräften besetzt. Das ist offenbar nötig, weil es oftmals keine Schweizer gibt, welche die Anforderungen für eine offene Stelle erfüllen.
Und deren Zahl könnte weiter steigen: «Für 40,6 Prozent der Unternehmen – der bis heute höchste Anteil – hatte die internationale Rekrutierung im Jahr 2011 einen hohen Stellenwert», befindet die Arbeitgeberstudie «Recruiting Trends 2012 Schweiz», welche monster.ch gestern publizierte. Die repräsentative Umfrage wurde bei den 500 grössten Schweizer Unternehmen durchgeführt.
Besonders düster sind die Zukunftsaussichten. Die Studienteilnehmer gehen davon aus, dass bereits 2015 beinahe jede zweite Stelle als «schwierig zu besetzen» gelten werde. Wie lässt sich der Fachkräftemangel beheben? In der Politik ist man sich des Themas bewusst, die Lösungsansätze sind unterschiedlich.
SVP: Personenfreizügigkeit trägt Mitschuld
SVP-Generalsekretär Martin Baltisser etwa klagt, dass die Personenfreizügigkeit mit der EU für die schwierige Rekrutierung mitverantwortlich sei. «Die Unternehmen werden zu sehr eingeschränkt durch die einseitige Fokussierung auf Europa. Vielleicht wäre ein hoch qualifizierter Inder oder Amerikaner besser für eine Stelle geeignet als ein Rumäne.» Doch die Rekrutierung von Fachkräften aus Drittstaaten sei heute zu sehr eingeschränkt.
Die SVP würde es begrüssen, wenn die Unternehmen wegen des Rekrutierungsdrucks erfahrene und dadurch etwas ältere Schweizer Arbeitnehmende vermehrt weiterbilden und diesen auch Vorrang gegenüber Ausländern geben würden. Das Bildungssystem in der Schweiz sei auf die Bedürfnisse der Wirtschaft anzupassen, so dass die Zuwanderung überhaupt gebremst werden könne, sagt Baltisser.
Wirtschaftsentwicklung drosseln?
Dass die Zugkraft der Schweizer Wirtschaft auch ihre Schattenseiten hat, zeigt sich in steigenden Häuserpreisen und überfüllten Zügen. Liegt die Lösung des Problems also in der Drosselung der Wirtschaftsentwicklung? Mitnichten, findet der Freiburger CVP-Ständerat Urs Schwaller: «Überall in Europa fordert auch die Linke wirtschaftliche Impulsprogramme – es wäre völlig falsch, bei uns die Konjunktur abwürgen zu wollen.»
Auch an internationalen Verträgen will der bekennende Befürworter der Personenfreizügigkeit nicht schrauben. «Wir müssen im Inneren selber die notwendigen Massnahmen treffen», sagt Schwaller. Erstrangige Bedeutung habe das duale Bildungssystem, «hier müssen Bund und Kantone entsprechend Mittel einschiessen».
Handlungsbedarf sieht der Freiburger auch bei Krippenplätzen und Mittagstischen. «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie muss erhöht werden.»
Pardini will «Offensive in der Berufsbildung»
Das Problem in der Schweiz lösen will auch SP-Nationalrat Corrado Pardini, denn im Ausland Fachkräfte zu rekrutieren sei «eine kurzfristige Scheinlösung». So würde die Schweiz vermehrt abhängig vom Ausland und hierzulande würde das Know-How verlorengehen, glaubt der Berner. «Was wir brauchen ist eine Stärkung unseres Bildungssystems, vor allem der Berufsbildung.»
Es gebe kaum besser ausgebildete Personen als solche, welche eine technische Lehre mit Berufsmatur vorzuweisen hätten. Er fordert deshalb die absolute Gleichstellung der Berufsmatur mit dem gymnasialen Typus.