In kaum einem Industrieland lassen sich Mafia-Einnahmen so einfach reinwaschen wie in Deutschland. Ermittler geben den Kampf bereits verloren. Einblicke in ein Schattenreich - mitten unter uns.
Auf den ersten Blick ist Ulf Küch ein gemütlicher Mann. Das Hemd unter der Krawatte des stattlichen Kripochefs aus Braunschweig spannt ein wenig, seine Augen strahlen freundlich, der Bart ist angegraut. Doch die Röte in seinem Gesicht verrät: Es brodelt in ihm. Die vergangenen Wochen waren mal wieder typisch. Ermittlungen gegen die organisierte Kriminalität, im Polizeijargon OK genannt, wurden heruntergefahren, Küchs Leute jagten stattdessen Fahrraddieben und anderen Kleinkriminellen nach - wegen der Statistik. "Ich bin völlig entnervt", bricht es aus ihm heraus.
Einmal im Jahr erscheint die Kriminalstatistik. Die Aufklärungsquote müsse dann bei "60 plus" liegen, sagt Küch. Der Druck kommt von "oben", der Bürger soll sich sicher fühlen - geblendet von den Zahlen. "Zeit für aufwendige Ermittlungen bleibt da nicht." 16 Monate verschlingt ein OK-Verfahren im Schnitt - schlecht für die Quote. Küch zuckt resigniert mit den Achseln. "Das ist die Realität."
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