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Vabanque-Spiel Barbarossa

Nach Adam Tooze in seinem Standardwerk zur deutschen Wirtschaft im Nationalsozialismus, enthielt der Plan Barbarossa einen bedeutenden neuralgischen Punkt, den der Logistik.

Die logistische Faustformel der deutschen Logistikexperten, lautete das jede Armee eine hochbelastbare Trasse zur Versorgung benötigt. Der Plan Barbarossa sah den Vormarsch von 10 Armeen in 3 Heeresgruppen vor, aber es gab nur 3 Trassen, eine für jede Heeresgruppe.
Hinzu kam die erwartete und auch eingetretene Strategie der verbrannten Erde seitens der Sowjetunion, und die Tatsache, dass das russische Schienennetz eine andere Spurweite aufwies.

Also musste man den Vormarsch per LKW versorgen. Ein LKW hatte damals einen effektiven Aktionsradius von 300 Kilometern. Eine für eine solche Operation absurde Einschränkung. Durch die Aufteilung des Fuhrparks in 2 Segmente und Schaffung von Zwischendepots hoffte man wenigstens die Endringtiefe auf 500 Kilometer erhöhen zu können. Zufällig entsprach dieser 500 Kilometer-Radius, der Dnjepr-Dwina-Linie.

Also kam man nicht umhin, dass die Rote Armee in einem Operationsfeld westlich der Flüsse Dnjepr-Dwina-Linie vernichtend geschlagen werden musste, und bei der weiteren Besetzung nur noch geringen Widerstand leisten können dürfe.

Der ganze Plan Barbarossa und das Schicksal des 3. Reiches hingen also davon ab, ob es gelingen würde die Rote Armee mit den ersten entscheidenden Schlägen zu zerschlagen. Man hoffte, dass die Rote Armee sich, wie die Französische im Frankreich-Feldzug in Desorganisation und Panik auflösen würde.



Quelle: Adam Tooze, Ökonomie der Zerstörung. Die Geschichte der Wirtschaft im Nationalsozialismus. Siedler, München 2007, S. 521 ff.




Das ganze Ding war also auf den Skat gereizt, mit extremer Unterschätzung für den Gegner.

Am Ende war Barbarossa.
Tja Deutsches Wesen ist an sich selbst zu Grunde gegangen, an seiner eigenen Überheblichkeit und Missachtung materieller Bedingungen!
Ich finde auch sehr aufschlußreich die Befragung Jodls beim Nürnberger Kriegsverbrechertribunal (also das im Grunde jüdische Tribunal, mit Richter, Staatsanwälte, Henker, alle mosaischen Glaubens) durch Exner.
Wenn jemand den Text hier reinstellen kann, wäre das sicherlich nicht dem Thema abträglich.
Gleichzeitig wäre das Vermächtnis Hitlers sehr interessant, denn auch er äußert sich zu dem Verlauf und dem Scheitern.
Die Herren waren Getriebene, die Zeit war ihr mächtigster Gegner. Ohne den gewaltigen Aufmarsch der sowjetischen Armee, hätte das Deutsche Reich in der Situation, das im Westen mit Großbritannien immer noch Krieg war, niemals zugeschlagen.

Gleichzeitig stimmt es, das, wenn überhaupt, im Osten dem deutschen Volke zusätzlicher Boden und Ressource zum Leben und Überleben gesichert werden und durch Siedler aus den Niederlanden, Schweden, Norwegen etc. (Hitler: 'nur Boden kann man germanisieren, nicht Völker'), erschlossen werden sollte.
Der Ansatz, das man allein aus diesem Grunde zuschlug in einer Zeit, in der das Dritte Reich mit dem ganzen Empire (also auch Südafrika, Australien, Indien etc.) sich im Krieg befand und die USA bereits anfingen, im Früjahr 1941 deutsche Handels-Schiffe durch US Kriegsschiffe zu versenken, also per se feindselig sich verhielten, macht es klar, die BRD lügt wie gedruckt wenn gesagt wird, die deutsche Führung dachte an einen Spaziergang im Osten, auch wenn man hoffte, in drei Monaten die Rote Armee zerschlagen zu haben. Tatsächlich gelang es der deutschen Wehrmacht, die Rote Armee im europäischen Teil weitgehend auszuschalten, 5-6 Millionen Rotarmisten waren gefallen, gefangengenommen etc. Die eigenen Verluste waren für dt. Verhältnisse riesig, und die Zeit lief gegen das Reich nachdem die Sowjetunion ein erstaunliches Regenerationsvermögen aufweisen konnte. Das Rüstungslevel seit Ende der 20er Jahre war aber auch eine ganz andere Dimension, als es beispielsweise in Nazideutschland jemals war. Kein Vergleich, alleine einzelne Panzer-Produktionsstätten in der SU übertrafen die Gesamtproduktion im Reich.
Man war sich im Vorherein nicht klar, wie stark die Rote Armee wirklich sein würde (siehe Rede mit Mannheimer 1942), mußte es aber wagen, weil wenn schon Krieg, dann nicht auf europäisch-deutschen Boden. Man rechnete sich keine Chancen aus, der Roten Armee defensiv bestehen zu können, was Jodl bei seiner Befragung ja auch zugibt. Der Entschluß, im Osten Stalin zuvor zukommen wurde sofort nach dem Molotow-Besuch bei Hitler in Angriff genommen.
Übrigens wollte Hitler Klarheit haben über die etwaigen Absichten Moskaus und lud deshalb Molotow nach Berlin, während Molotow auch den Auftrag hatte herauszufinden, wie Hitler auf die weiterreichenden Forderungen der Sowjetunion (Burkina/Bessarabien, Dardanellen, Finnland etc.) reagieren würde.