Nehmen wir das Fasten, das es im Christentum und eben auch im Islam gibt. Es hat zum Ziel, die Seele zu schulen, deren Triebe zu disziplinieren, um frei zu werden für Transzendenzerfahrungen. Der Fastende ist angehalten, grundlegende körperliche Triebe wie den Hunger- und Sexualtrieb zu kontrollieren, um sich auf den Zustand der Seele im Jenseits vorzubereiten – jenseits von körperlichen Genüssen gilt es dann, Lust und Zufriedenheit durch innere Seelenarbeit wahrnehmen zu können. Der Reformer Mirza Ghulam Ahmad definierte Islam gar folgendermaßen: „Was ist Islam? Es ist das brennende Feuer, das all unsere
niederen Wünsche verzehrt. Der Tag des Sterbens unserer körperlichen Begierden ist der Tag der Manifestation Gottes.“
Zu solch einem philosophischen Grundgerüst passt ein Menschenbild nicht, das den Mann als triebgesteuert diskriminiert. Und dazu passt ebenso wenig, dass der Koran den Mann dazu auffordert, vor der Frau respektvoll „seine Blicke zu Boden zu schlagen“ (Sure 24:31), wenn er Frauen begegnet, und sie eben nicht anzüglich anzustarren, von handgreiflichen Belästigungen ganz zu schweigen. Dann erst erfolgt die Empfehlung für Frauen, sich zu bedecken, um als Muslimin „erkannt und nicht belästigt“ (Sure 33:60) zu werden. Es werden also beide Geschlechter in die Pflicht genommen.