Radio hören? Verboten. Fernsehen, Kino? Tabu
Einst trug Lillian Geurts gern Jeans und loggte sich regelmäßig bei Facebook ein. Im September 2009 wurde sie dann zu Sister Geurts, und in dieser neuen Inkarnation hat sie ihrer Mutter die Verwaltung des Facebook-Profils überlassen, denn Missionaren ist es untersagt, im Internet zu surfen.
Radio hören? Verboten. Es sei denn, die Musik passt zur "geistigen Berufung". Fernsehen, Kino? Alles tabu. Nur zweimal im Jahr darf die Missionarin bei ihrer Familie anrufen. Die Sekte schreibt auch vor, wie sich ihre Schäfchen zu kleiden haben. Züchtig natürlich, steht alles im Handbuch: "Blickdicht und in keiner Weise figurbetont, nicht leger, zerknittert, ungepflegt oder zu modern". Immerhin: Neuerdings müssen die Röcke nur bis zum Knie reichen, früher war Wadenlänge vorgeschrieben.
Solche Regeln aus dem "Leitfaden für Missionare" lesen sich Lillian Geurts und Sherstin Hamblin abwechselnd morgens vor, nachdem sie gemeinsam gesungen haben: "Oh mein Heiland, Dich zu lieben, Dir zu folgen wünsch ich mir!" So ähnlich haben schon die Eltern der beiden Frauen ihre Tage verbracht, als sie einst missionieren gingen. Denn die Bekehrungstour ist Pflicht für Mormonen.
Deshalb ruht derzeit auch Geurts Studium. Sie hat ihren Bachelor im Fach Deutsche Literatur gemacht und vor vier Jahren als Au-pair in Mannheim gearbeitet; fast akzentfrei spricht sie Deutsch. Nach der Mission will sie ihren Master machen und später einmal Professorin werden.
Sister Geurts lacht nicht viel, sie ist aber von steter, engelhafter Freundlichkeit. Was sie beseelt, ist der Gedanke, dass Gott ihr und allen Menschen guttut. Davon möchte sie die Menschen überzeugen. Wenn man sie fragt, wie es ist, auf Kaffee und schwarzen Tee verzichten zu müssen, wie es ist, ohne Sex vor der Ehe zu leben, dann sagt sie: "Nicht immer leicht." Nie sagt sie: Es ist verdammt schwer.