Wetten, daß jetzt viele europäische Heuchler entlarvt werden?
Wir erinnern uns an das kleine Ungarn, auf das viele europäische Staaten - auch die Deutschen - eingedroschen haben.
Wie werden sie es mit der Türkei handhaben?
Denn das neue türkische Gesetz ist mit der Presse-und Meinungsfreiheit, wie sie in Europa verstanden wird, nicht vereinbar. So können u.a. der Ministerpräsident oder ein von ihm beauftragter Minister eigenmächtig Radio- und Fernsehsendungen abbrechen, wenn sie "die nationale oder öffentliche Sicherheit" in Gefahr sehen. Bei Berichten über die verbotene kurdische PKK wandeln türkische Journalisten also auf einem schmalen Grat.
Daß es mit der Pressefreiheit in der Türkei hapert, weiß auch der neue US-Botschafter in Ankara, Francis Joseph Ricciardone. In einem Gespräch äußerte der Diplomat diese Woche Besorgnis: "Einerseits ist es hier erklärte Politik, die Pressefreiheit zu schützen; andererseits werden Journalisten eingesperrt. Wir versuchen, uns darauf einen Reim zu machen", sagte der Botschafter. Er spielte damit auf Dutzende laufende Strafverfahren gegen Journalisten an. Die türkische Regierung reagierte pikiert: Außenminister Ahmet Davutoglu ermahnte den Botschafter, sich nicht in laufende juristische Verfahren einzumischen. Vizepremier Hüseyin Celik forderte den Diplomaten auf, sich aus den "inneren Angelegenheiten" der Türkei rauszuhalten. Wie aktuell die Besorgnis der US-Diplomaten ist, zeigte sich am Donnerstag: Ein Gericht in Istanbul erließ Haftbefehle gegen Söner Yalcin, Leiter der regierungskritischen Webseite Oda TV, und zwei seiner Redakteure. Der mutmaßliche Geheimbund soll Pläne zum Sturz der islamisch-konservativen Regierung geschmiedet haben.
In einer Rangliste zur Pressefreiheit führt die Organisation Reporter ohne Grenzen die Türkei unter 178 Staaten auf Platz 138. Sogar Ägypten, der Irak und Uganda schneiden besser ab.
Den Europäern dürfte aber nur interessieren:
Verhält sich die EU gegen die Türkei ebenso wie gegen Ungarn?
Dies darf bezweifelt werden. Zu groß ist der Respekt gegenüber der Türkei, was sich schon beim nächsten Besuch Erdogans in Deutschland zeigen wird.