Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Heute vor 80 Jahren und drei Tagen startete das Unternehmen Barbarossa.
Auf breiter Front sollten die deutschen Streitkräfte dabei da der Sowjetunion einmarschieren und sie vor dem Einbruch des Winters 1941/42 bis zur Archangelsk-Astrachan-Linie besetzten, mit drei Hauptstößen, im Norden Richtung Leningrad, in der Mitte Richtung Moskau und im Süden Richtung Stalingrad.
Der Plan scheiterte jedoch letztendlich. Trotz großer deutscher Gebietsgewinne und horrender Verluste für die rote Armee wurde die AA-Linie bis Ende 1941 nicht erreicht und der Sowjetunion nicht der entscheidende Schlag versetzt. Grund dafür war eine massive Fehleinschätzung des deutschen Nachrichtendienstes welcher die Größe der Reserven der roten Armee stark unterschätzte. Den weiteren Verlauf der Dinge kennen wir ja.
Nun zum eigentlichen Punkt dieses Strangs.
Neulich laß ich auf der Netzseite der VS-amerikanischen "Denkfabrik" "Geopolitical Futures" eine Reihe von Artikeln von George Friedman, welchen einige hier sicherlich schon wegen seiner teils sehr fragwürdigen Thesen zum dritten Weltkrieg kennen werden, welche sich mit den entscheidenden Schlachten, nach Ansicht des Autors, des zweiten Weltkriegs beschäftigen. Diese seien Midway und Guadacanal im Pazifik, sowie El Alamain und Stalingrad im "Westen".
Im Artikel über Stalingrad behauptet Friedman, dass mit einer anderen Strategie im Jahr 1941 die Sowjetunion in die Knie zu zwingen gewesen wäre. Das Geheimnis? Bündelung der Kräfte:
Zitat:
But the Germans made a critical error even before the invasion began. Barbarossa was a three-pronged attack. One was into the Baltic states and then toward Leningrad (modern-day St. Petersburg), the second was toward Moscow, and the third was into the south, designed to capture Ukraine and then the Caucasus. Formulating the plan in this way violated one of the principles of warfare, one sacred to the German high command: the concentration of forces. By dividing their forces, none of the Germans’ goals were achieved. Leningrad held out in spite of Germany’s blockade, the Germans were stopped just outside of Moscow, and the southern thrust wasn’t set up to succeed.
Seiner Meinung nach wäre es besser gewesen den Vorstoß auf den ressourcenreichen Süden zu konzentrieren, welcher strategisch die größte Wichtigkeit hatte, anstatt ihn auf drei Ziele aufzuteilen:
Zitat:
Modern wars and economies run on oil, and the Soviets’ major source of oil was Baku, in Azerbaijan. The city in the South Caucasus had been developed by the Nobel Brothers (the family for whom the prize is named) in the mid-to-late 19th century and had been Europe’s first major source of oil. Had the Germans focused their entire invasion on the south and captured the land bridge between the Volga and the Don rivers, Baku’s oil wouldn’t have been able to flow to Soviet factories, and no amount of lend-lease could have made up for it. But because of their faulty intelligence, the Germans felt as though they could have all three goals in 1941. They were wrong.
Zitat:
This intelligence failure cost the Germans a victory in 1941. They might have knocked the Soviet Union out if they had taken Moscow, but that’s unclear. Leningrad was a strategic sideshow. But the war could certainly have been won in the south.
Zitat:
Baku was there for the taking in 1941, but by 1942, the Soviets were ready for war.
Ein solch anderes Vorgehen hätte laut Friedman auch weitreichende Veränderungen für den weiteren Verlauf des Krieges im Westen bedeutet:
Zitat:
Beyond Stalingrad, if the Germans had reached Astrakhan, there would have been no Allied invasion of France. With the eastern front secure, Germany would have been able to transfer the majority of its forces to the west. The oil from Baku would have fueled Hitler’s war machine through Allied bombing, and the Germans could have built aircraft to respond in kind.
Artikel: https://geopoliticalfutures.com/stalingrad/
Was meint ihr? Sind seine Thesen realistisch?
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Unrealistisch. Stichwort Transportwesen.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Parabellum
Unrealistisch. Stichwort Transportwesen.
Aber die logistischen Schwierigkeiten wären bei der Beschränkung auf eine Stoßrichtung bei Weitem nicht so groß gewesen.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Hat mich schon gewundert, warum ausgerechnet Michel Friedman mit alternativen Strategien kommen soll, um den römisch-deutschen Kaiser Barbarossa aus dem Kyffhäuser zu erwecken.
Aber so ... !
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zu Friedmans These passt auch die in folgendem Video bei 4:53 zitierte Aussage, laut der die Ausdehnung der Front in den Bereich von Memel bis Murmansk den Deutschen keine Vorteile gebracht habe und somit nur unnötig Kräfte band:
https://www.youtube.com/watch?v=XqrXS72r8eI
Die Finnen erwiesen sich auch nicht als sonderlich kooperativ.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Gero
Aber die logistischen Schwierigkeiten wären bei der Beschränkung auf eine Stoßrichtung bei Weitem nicht so groß gewesen.
Und was ist mit gigantisch langen Flanke?
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Lichtblau
Und was ist mit gigantisch langen Flanke?
Die könnte durch die im Norden frei werdenden Kräfte gedeckt werden. Für die Verteidigung muss man nicht so stark sein wie für den Angriff.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Gero
Aber die logistischen Schwierigkeiten wären bei der Beschränkung auf eine Stoßrichtung bei Weitem nicht so groß gewesen.
Im Gegenteil, dann wollen alle durch den Flaschenhals und nicht nur ein Teil. Das hätte das Transportproblem noch weiter verschärft. Bis Rostow war das Transportnetz halbwegs akzeptabel, ab Rostow nicht mehr. Den Leistungsabfall der Bahn hätte man mittels Kfz nicht annähernd ausgleichen können. Und wir reden hier nur über Truppen- und Nachschubtransporte. Da sind die benötigten Transporträume für das Erschließen der Ölquellen und Rücktransport des Öls zur weiteren Verarbeitung noch gar nicht eingerechnet.
Abgesehen davon hätten wir mit dem Erreichen der Ölfelder den Krieg nicht gewonnen. Im Gegenteil. Wir hätten bangen müssen ob wir die Fördermengen schneller hochfahren können als das sich die Lager leeren. Das ging schon beim Fall Blau gehörig schief.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Parabellum
Im Gegenteil, dann wollen alle durch den Flaschenhals und nicht nur ein Teil. Das hätte das Transportproblem noch weiter verschärft. Bis Rostow war das Transportnetz halbwegs akzeptabel, ab Rostow nicht mehr. Den Leistungsabfall der Bahn hätte man mittels Kfz nicht annähernd ausgleichen können. Und wir reden hier nur über Truppen- und Nachschubtransporte. Da sind die benötigten Transporträume für das Erschließen der Ölquellen und Rücktransport des Öls zur weiteren Verarbeitung noch gar nicht eingerechnet.
Abgesehen davon hätten wir mit dem Erreichen der Ölfelder den Krieg nicht gewonnen. Im Gegenteil. Wir hätten bangen müssen ob wir die Fördermengen schneller hochfahren können als das sich die Lager leeren. Das ging schon beim Fall Blau gehörig schief.
Es geht ja erstmal garnicht darum das Öl im Kaukasus selbst zu Nutzen, sondern erstmal nur darum es dem Zugriff der Sowjets zu entziehen. Bei Beginn des Krieges kam 90% des sowjetischen Öls aus dem Kaukasus ( https://www.ssoar.info/ssoar/bitstre...pdf?sequence=1 ). Wenn das ausgefallen wären, wäre es den Sowjets weder möglich gewesen ihre motorisierten Verbände zu versorgen noch die Rüstungsfabriken hinter dem Ural weiter in Betrieb zu halten. Und in Anbetracht der Tatsache, dass die Wehrmacht auch ohne Zugriff auf dieses Öl bis 1945 durchgehalten hat, wären sicher ein paar Jahre Zeit das Öl für sich selbst nutzbar zu machen.
AW: Friedmans alternative Strategie für Barbarossa
Zitat:
Zitat von
Gero
Die könnte durch die im Norden frei werdenden Kräfte gedeckt werden. Für die Verteidigung muss man nicht so stark sein wie für den Angriff.
So ein Quatsch. Die Rote Armee kann an einem beliebigen Punkt eine Kräftekonzentration schaffen und durchstossen.
Dann sitzt die ganze Wehrmacht in einem riesigen Kessel.
Kein noch so genialer Plan kann was daran ändern das es letztlich auf die Stärke der Armee ankommt.
Alles nur unrealistische Träume.