AW: Schöne deutsche Gedichte
Hermann Löns
Es schlägt ein fremder Fink im Land,
radibimmel, radibammel, radibumm.
Die Luft, die riecht wie angebrannt,
der Tilly, der zieht um.
Es klingt so fein, radibimm, bumm, bamm,
in majorem dei gloriam,
die Pfeife und die Trumm.
Die Rose blüht, der Dorn der sticht,
das steht in jedem Krug.
Wer gleich bezahlt, vergißt es nicht,
des Zögerns ist genug.
Die Lutherschen die müssen dran
mit Haus und Hof, mit Maus und Mann,
denselben gilt der Zug.
Der Wind der weht, der Hahn der kräht,
die rote Flamme loht.
Der Tod uns treu zur Seite steht
und auch die schwere Not.
Ein falsches Wort geht um im Land,
so mancher, welcher zu ihm stand,
den fraß der bittre Tod.
Der Tilly ist von Leibe klein,
sein Schwert ist meilenlang;
und wenn es blitzt, dann schlägt es ein,
dann setzt es Brand und Stank.
Hinunter muß die Lügenbrut!
Was einer gegen diese tut,
der Herrgott weißt ihm Dank.
Das Liedlein ist zu End gebracht,
und ders gesungen hat,
der hat der Beute viel gemacht
und trank am Wein sich satt.
Er nennt sich Tönnes Tielemann
und steckte dreißig Dörfer an,
des wurde er nicht matt.
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https://www.youtube.com/watch?v=7npos3ZSino
Gott spricht zu jedem nur, eh er ihn macht,
dann geht er schweigend mit ihm aus der Nacht.
Aber die Worte, eh jeder beginnt,
diese wolkigen Worte, sind:
Von deinen Sinnen hinausgesandt,
geh bis an deiner Sehnsucht Rand;
gieb mir Gewand.
Hinter den Dingen wachse als Brand,
dass ihre Schatten, ausgespannt,
immer mich ganz bedecken.
Lass dir Alles geschehn: Schönheit und Schrecken.
Man muss nur gehn: Kein Gefühl ist das fernste.
Lass dich von mir nicht trennen.
Nah ist das Land,
das sie das Leben nennen.
Du wirst es erkennen
an seinem Ernste.
Gieb mir die Hand.
- Rilke, Das Stunden-Buch, I:59
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"Lass dir Alles geschehen, Schönheit und Schrecken, man muss nur gehen, kein Gefühl ist für immer."
Irgendwie wirklich wie der Geist der religiösen Meditation, den Rilke da perfekt in Worte fasst.
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Abseits
Es ist so still; die Heide liegt
im warmen Mittagsssonnenstrahle,
Ein rosenroter Schimmer fliegt
Um ihre alten Gräbermale;
Die Kräuter blühen; der Heideduft
Steigt in die blaue Sommerluft
Laufkäfer hasten durchs Gesträuch
In ihren goldnen Panzerröckchen,
Die Bienen hängen Zweig um Zweig
Sich an der Edelheide Glöckchen,
Die Vögel schwirren aus dem Kraut -
Die Luft ist voller Lerchenlaut.
Ein halbverfallen, niedrig Haus
Steht einsam hier und sonnenbeschienen,
Der Kätner lehnt zur Tür hinaus,
Behaglich blinzelnd nach den Bienen;
Sein Junge auf dem Stein davor
Schnitzt Pfeifen sich aus Kälberrohr.
Kaum zittert durch die Mittagsruh
Ein Schlag der Dorfuhr, der entfernten;
Dem Alten fällt die Wimper zu,
Er träumt von seinen Honigernten.
- Kein Klang der aufgeregten Zeit
Drang noch in diese Einsamkeit.
Theodor Storm ( 1817 - 1888 )
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So ziehn wir unter fremder Fahne - Serving under foreign flags (song of the 'Iron Division') - https://www.youtube.com/watch?v=tIt78GF7rec
So ziehn wir unter fremder Fahne ins weite, weite Land daher,
wir kämpfen unter Russenfahnen,
wir sind die Deutsche Legion.
Wir haben hinter uns gelassen, was andern dünket wert und gut.
Wir können lieben - und auch hassen aus
eignem Stolz und eignem Mut.
Das Vaterland hat uns verstoßen, wir stehn in Feind's Gewalt und Macht,
wir sind getrennt von seinen Losen
und ziehn in unbekannte Schlacht.
Drum, Brüder, schließet dicht die Reihen, und hat die Heimat uns verbannt,
wir Baltikumer sind die Freien,
wenn Deutschland wankt, wir halten stand!
Wir sind die "Eisernen Soldaten" und stehn in Ost in Waff' und Wehr,
wir halten hoch drum unsre Taten,
das alte Deutschland und sein Heer.
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Krümelhase
(©Anita Menger 2009)
Opa Hase, Mama Hase
selbst der kleine Krümelhase
malen bunt die Eier an.
Papa Hase schaut derweil
hier und dort in aller Eil´
wo man sie verstecken kann.
Ostersonntag in der Frühe
Krümelhase gibt sich Mühe -
Eier sind bald gut versteckt.
Unter diesem großen Busch
und schnell weiter - husch, husch, husch,
dass man ihn nur nicht entdeckt.
Hinter Hecken unter Buchen
Kinder ihre Nester suchen -
Krümelhas´ die Ohren spitzt.
Frohes Lachen und Geschrei
„Hier ist noch ein Osterei!“ -
Krümelhäschen lacht verschmitzt.
https://www.gedichtemeile.de/ostergedichte.htm
Frohe Ostern!
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Deutsches Herz verzage nicht
Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
dieser Strahl des Himmelslichts
tue recht und fürchte nichts.
Baue nicht auf bunten Schein
Lug und Trug ist dir zu fein,
schlecht gerät dir List und Kunst
Freiheit wird dir eitel Dunst.
Doch die Treue ehrenfest
und die Liebe, die nicht lässt,
Einfalt, Demut, Redlichkeit
stehn dir wohl, du Sohn vom Teut!
Laß den Welschen Heuchelei
du sei redlich, fromm und frei
laß den Welschen Sklavenzier
schlichte Treue sein mit dir
Wohl steht dir das grade Wort
wohl der Speer, der gerade bohrt,
wohl das Schwert, das offen sticht
und von vorn die Brust durchsticht.
Deutsche Freiheit, deutscher Gott
deutscher Glaube ohne Spott,
deutsches Herz und deutscher Stahl
sind vier Helden allzumal.
Diese stehn wie Felsenburg
diese fechten alles durch,
diese halten tapfer aus
in Gefahr und Todesbraus.
Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
redlich folge seiner Spur
redlich hält es seinen Schwur.
Ernst Moritz Arndt, 1813
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Schön im eigentlichen Sinne ist das Gedicht nicht, aber es paßt auch ausgezeichnet auf die heutige Zeit:
Deutsche Verzweiflung
In Angst und bürgerlichem Leben
wurde nie eine Kette gesprengt.
Hier muß man schon mehr geben,
die Freiheit wird nicht geschenkt.
Es sind die glücklichen Sklaven
der Freiheit größter Feind,
drum sollt ihr Unglück haben
und spüren jedes Leid.
Nicht Mord, noch Brand, noch Kerker,
Noch Standrecht obendrein,
Es muß noch kommen stärker,
Wenn's soll von Wirkung sein.
Zu Bettlern sollt ihr werden,
Verhungern allesamt.
Zu Mühen und Beschwerden
Verflucht sein und verdammt.
Euch soll das bißchen Leben
So gründlich sein verhaßt,
Daß ihr es weg wollt geben
Wie eine schwere Last.
Dann, dann vielleicht erwacht doch
In euch ein neuer Geist,
Ein Geist, der über Nacht noch
Euch hin zur Freiheit reißt!
Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798 - 1874)
AW: Schöne deutsche Gedichte
Zitat:
Zitat von
Ansuz
Deutsches Herz verzage nicht
Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
dieser Strahl des Himmelslichts
tue recht und fürchte nichts.
Baue nicht auf bunten Schein
Lug und Trug ist dir zu fein,
schlecht gerät dir List und Kunst
Freiheit wird dir eitel Dunst.
Doch die Treue ehrenfest
und die Liebe, die nicht lässt,
Einfalt, Demut, Redlichkeit
stehn dir wohl, du Sohn vom Teut!
Laß den Welschen Heuchelei
du sei redlich, fromm und frei
laß den Welschen Sklavenzier
schlichte Treue sein mit dir
Wohl steht dir das grade Wort
wohl der Speer, der gerade bohrt,
wohl das Schwert, das offen sticht
und von vorn die Brust durchsticht.
Deutsche Freiheit, deutscher Gott
deutscher Glaube ohne Spott,
deutsches Herz und deutscher Stahl
sind vier Helden allzumal.
Diese stehn wie Felsenburg
diese fechten alles durch,
diese halten tapfer aus
in Gefahr und Todesbraus.
Deutsches Herz, verzage nicht
tu, was dein Gewissen spricht,
redlich folge seiner Spur
redlich hält es seinen Schwur.
Ernst Moritz Arndt, 1813
Das ist mal ein Gedicht ! Sehr gut ! Danke.:appl:
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Schoene Wiege meiner Leiden
Schoene Wiege meiner Leiden,
Schoenes Grabmal meiner Ruh,
Schoene Stadt, wir muessen scheiden, -
Lebe wohl! ruf ich dir zu.
Lebe wohl, du heilge Schwelle,
Wo da wandelt Liebchen traut;
Lebe wohl! du heilge Stelle,
Wo ich sie zuerst geschaut.
Haett ich dich doch nie gesehen,
Schoene Herzenskoenigin!
Nimmer war es dann geschehen,
Dass ich jetzt so elend bin.
Nie wollt ich dein Herze ruehren,
Liebe hab ich nie erfleht;
Nur ein stilles Leben fuehren
Wollt ich, wo dein Odem weht.
Doch du draengst mich selbst von hinnen,
Bittre Worte spricht dein Mund;
Wahnsinn wuehlt in meinen Sinnen,
Und mein Herz ist krank und wund.
Und die Glieder matt und traege
Schlepp ich fort am Wanderstab,
Bis mein muedes Haupt ich lege
Ferne in ein kuehles Grab.
(Heinrich Heine)
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Den Pessimisten
Solang uns Liebe lockt mit Lust und Plagen,
Solang Begeistrung wechselt und Verzagen,
Solange wird auf Erden nicht die Zeit,
Die schreckliche, die dichterlose tagen:
Solang in tausend Formen Schoenheit blueht,
Schlaegt auch ein Herz, zu singen und zu sagen,
Solang das Leid, das ew'ge, uns umflicht,
Solange werden wir's in Toenen klagen,
Und es erlischt erst dann der letzte Traum,
Wenn er das letzte Herz zu Gott getragen!
(Hugo von Hofmannsthal)