AW: Schöne deutsche Gedichte
Matthias Claudius
Eine Fabel
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Vor etwa achtzig, neunzig Jahren,
Vielleicht sinds hundert oder mehr,
Als alle Tiere hin und her
Noch hochgelahrt und aufgekläret waren,
Wie jetzt die Menschen ohngefähr;
– Sie schrieben und lektürten sehr,
Die Widder waren die Skribenten,
Die andern: Leser und Studenten,
Und Zensor war: der Brummelbär.–
Da kam man supplicando ein:
»Es sei unschicklich und sei klein,
Um seine Worte und Gedanken
Erst mit dem Brummelbär zu zanken,
Gedanken müßten zollfrei sein!«
Der Löwe sperrt den Bären ein,
Und tat den Spruch: »Die edle Schreiberei
Sei künftig völlig frank und frei!«
Der schöne Spruch war kaum gesprochen,
So war auch Deich und Damm gebrochen.
Die klügern Widder schwiegen still,
Laut aber wurden Frosch und Krokodil,
Seekälber, Skorpionen, Füchse,
Kreuzspinnen, Paviane, Lüchse,
Kauz, Natter, Fledermaus und Star,
Und Esel mit dem langen Ohr etc. etc.
Die schrieben alle nun, und lieferten Traktate:
Vom Zipperlein und von dem Staate,
Vom Luftballon und vom Altar,
Und wußtens alles auf ein Haar,
Bewiesens alles sonnenklar,
Und rührten durcheinander gar,
Daß es ein Brei und Greuel war.
Der Löwe ging mit sich zu Rate
Und schüttelte den Kopf und sprach:
»Die besseren Gedanken kommen nach;
Ich rechnete, aus angestammtem Triebe,
Auf Edelsinn und Wahrheitliebe –
Sie waren es nicht wert die Sudler, klein und groß;
Macht doch den Bären wieder los!« |
AW: Schöne deutsche Gedichte
so recht von herzen hundsgemein,
das können nur verwandte sein.
kuhno von oyten
AW: Schöne deutsche Gedichte
Das ist gelungen, moderne Kunst des 21. Jahrhundert
~ Hände waschen ~⠀
⠀
"Hände waschen, Hände waschen muss ein jedes Kind⠀
Hände waschen, Hände waschen bis sie sauber sind⠀
Nun sind die Hände sauber, ja⠀
Doch leider ist kein Handtuch da⠀
⠀
Drum müssen wir sie schütteln⠀
Schütteln, schütteln, schütteln⠀
Drum müssen wir sie schütteln⠀
Bis dass sie trocken sind"⠀
⠀
AW: Schöne deutsche Gedichte
Der Wind bläst,
meine Freundin nicht.
Fertig ist das Herbstgedicht!
AW: Schöne deutsche Gedichte
"Vor uns liegt ein glücklich Hoffen,
Liegt der Zukunft goldne Zeit,
Steht ein ganzer Himmel offen,
Blüht der Freiheit Seligkeit.
Deutsche Kunst und deutsche Lieder,
Frauenhuld und Liebesglück,
Alles Große kommt uns wieder,
Alles Schöne kehrt zurück."
Theodor Körner.
AW: Schöne deutsche Gedichte
https://oliverdriesen.de/poesie-albu...-vorbei-ist-2/
Wenn all dies vorbei ist,
wenn wir sämtliche Eskalationsstufen genommen haben, die erst noch vor uns liegen,
wenn kollabiert, was wir heute erst aufsteigen sehen und was uns entweder einverleibt oder verstößt,
wenn zerplatzt, was unser Denken und Reden und Leben enger und enger macht, hohler und lauter, schriller und kälter,
dann werden wir ein anderes Lesen und Schreiben wiederentdecken.
***
Dann werden wir von Neuem lernen, wie sich das anfühlt: Dinge nicht deswegen schreiben, weil sie opportun erscheinen.
Nicht, weil sie Profit versprechen oder Quoten, Likes oder Smiley-Emojis.
Nicht, weil sie dem Zeitgeist schöntun und mit den Wölfen heulen.
Nicht, weil sie einer vermeintlich höheren Moral entspringen, die besserem Wissen und ehrlicher Lebenserfahrung nicht standhielte und gerade deswegen umso verbissener behauptet werden muss.
Nicht, weil sie eine Agenda befördern, eine Autorität stützen, ein Narrativ verfestigen.
Nicht, weil sie die Position ihres Autors im sozialen Kontrollnetz seiner Peers bestätigen und absichern.
Nicht, weil sie Punkte auf der Social Scorecard einer immer obskureren, allumfassenden digitalen Kontrollinstanz bringen.
***
Sondern wir werden Dinge wieder schreiben, weil sie sich wahr anfühlen.
Weil sie nach bestem Wissen und Gewissen die Wirklichkeit am ehrlichsten abbilden.
Weil sie Menschen anregen sollen, statt sie erziehen zu wollen.
Weil sie das Offensichtliche nicht ausblenden und das Gewollte nicht vorspiegeln.
Weil sie den Missbrauchern der Macht widerstehen und die Dunkelheit erhellen.
Weil sie sich der Dummheit in den Weg stellen und sagen: Sieh her, du kannst es wissen. Du musst nicht so bleiben.
Weil sie unbequem sind.Weil sie Fragen aufwerfen, ohne Antworten vorzugeben.
Weil sie – neben all diesen Zwecken – der Schönheit des Wortes huldigen und der Liebe zur Sprache.
***
Und dann, wenn all dies vorbei ist, werden wir wieder lernen, wie das ist: Dinge zu lesen, die nicht falsch und hinterhältig klingen.
Die keinen schalen Beigeschmack nach Propaganda hinterlassen.
Die nicht wirken wie vergiftete Pfeile und verlogene Schwärmerei.
Die nicht das Auge schmerzen durch nachlässige Wortwahl und billige Phrasen, falsche Vergleiche und kurze Gedanken.
Die nicht auf der Schleimspur der gefälligen Lüge daherkriechen.
Die nicht klingen wie computergenerierte Textsimulationen oder Ausgeburten aus dem Satzbaukasten einer künstlichen Marketing-Intelligenz.
***
Sondern die uns weiterlesen lassen wollen um des Lesens willen.
Die uns vom wahren Klang der Welt erzählen, im Großen wie im Kleinen.
Die uns auf Gedankenflüge schicken, statt uns Angst zu machen und in Haft zu halten.
Die aus Worten Universen bauen und uns groß zu träumen wagen lassen.
Die uns in eine stille Zwiesprache versetzen mit Figuren jenseits unseres Horizonts.
Die uns frei machen.
***
Wenn all dies vorbei ist.
Geduld, nur Geduld.
AW: Schöne deutsche Gedichte
Zitat:
Zitat von
dscheipi
so recht von herzen hundsgemein,
das können nur verwandte sein.
kuhno von oyten
jaaa....der Kuhno :))
Lieber Sänger schlagen auf Erden
als Schlagersänger werden!
.
.
.
.
Lieber auf die lange Bank
als hektisch über'n Ecktisch!
AW: Schöne deutsche Gedichte
Gruß der Sonne
Aus den braunen Schollen
springt die Saat empor;
grüne Knospen rollen,
tausendfach hervor.
Und es ruft die Sonne:
Fort den blassen Schein!
Wieder will ich Wonne,
Glut und Leben sein!
Wieder wohlig zittern
auf dem blauen Meer
oder zu Gewittern
führen das Wolkenheer!
In den Frühlingsregen
sieben Farben streun
und auf Weg und Stegen
meinen goldenen Schein ...
Dringen in der Herzen
kalte Finsternis,
blenden alle Schmerzen
aus dem tiefsten Riß!
Bringt - ich bin die Sonne -
an das Kerkertor,
was ihr habt gesponnen
winterlang, hervor! ...
Daß durch jeden Schaden
leuchten ich und dann
mit dem goldnen Faden
ihn verweben kann.
Gottfried Keller ( 1819 - 1890 )
AW: Schöne deutsche Gedichte
Eher untypisch und gerade deswegen so interessant:
Von den heimlichen Rosen
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Du brichst hinein mit rauhen Sinnen,
als wie ein Wind in einen Wald
und wie ein Duft wehst du von hinnen,
dir selbst verwandelte Gestalt.
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Christian Morgenstern
AW: Schöne deutsche Gedichte
Zitat:
Zitat von
Swesda
Eher untypisch und gerade deswegen so interessant:
Von den heimlichen Rosen
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Du brichst hinein mit rauhen Sinnen,
als wie ein Wind in einen Wald
und wie ein Duft wehst du von hinnen,
dir selbst verwandelte Gestalt.
Oh, wer um alle Rosen wüsste,
die rings in stillen Gärten stehn
oh, wer um alle wüsste, müsste
wie im Rausch durchs Leben gehn.
Christian Morgenstern
BERLIN
Christian Morgenstern
Ich liebe Dich bei Nebel und bei Nacht
Wenn Deine Linien ineinanderschwimmen
,zumal bei Nacht,wenn Deine Fenster glimmen
und Menschheit Dein Gestein lebendig macht.
Was wüst am Tag,wird rätselvoll im Dunkel,
wie Seelenburgen stehn sie mystisch da,
die Häuserreihen mit ihrem Lichtgefunkel,
und Einheit ahnt,wer sonst nur Vielfalt sah.
Der letzte Glanz erlischt in blinden Scheiben,
in seine Schachteln liegt ein Spiel geräumt,
gebändigt ruht ein ungestümes Treiben,
und heilig wird, was so voll Schicksal träumt.