Der Stil der Despoten
Wie bei Diktators unterm Sofa
(Auszug)
Frauen, Frauen, Frauen
Auch wenn man es ihnen nicht unbedingt ansah: Die meisten Diktatoren waren Frauenhelden. Und verheiratet. Sie standen also vor dem Dilemma aller Schürzenjäger: Wo den Liebschaften nachgehen, ohne erwischt zu werden? Im Liebeskabinett natürlich, und das findet sich in allen Ausführungen, von schillernd bis schäbig. Wenig romantisch war Italiens Duce Benito Mussolini, der sich jeden Nachmittag eine andere Gespielin ins Büro bringen ließ. Sein Biograph Nicholas Farrell berichtet: "Der Liebesakt fand auf einem steinernen Fensterplatz oder auf dem Teppich statt. Sobald er fertig war, entließ Mussolini die Frauen, ohne ihnen Kaffee, Likör oder auch nur ein Stück Kuchen anzubieten."
Sehr viel größeren Aufwand betrieb Chinas Vorsitzender Mao Zedong. Er ließ sich Holzbetten anfertigen, die groß genug für mehrere Gespielinnen waren. "Am glücklichsten war er, wenn mehrere Frauen sein Bett teilten", schreibt Maos Leibarzt Li Zhisui. Mao war ständig von einer Entourage junger Frauen umgeben, die er aufforderte, Verwandte zum Liebesspiel einzuladen. Selbst junge Männer verschmähte Mao nicht. Seine Betten ließ er im ganzen Land aufstellen: in seinen Villen, seinen privaten Zügen, ja sogar in der Großen Halle des Volkes.
Der sexuelle Appetit des Vorsitzenden wurde im Alter noch größer, er entwickelte sich zu einem begeisterten Anhänger daoistischer Sexpraktiken, mit denen er sein Leben zu verlängern suchte. Für seine Ehefrau Jiang Qing hatte Mao hingegen nur noch wenig übrig. Er sei längst zu alt für die ehelichen Pflichten, hatte er ihr erklärt. Die Eheleute schliefen in getrennten Schlafzimmern, meist sogar in unterschiedlichen Villen.
Mao besaß 50 Anwesen im ganzen Land. Obwohl er lebte wie ein Kaiser, hatte sich der Bauernsohn seinen einfachen Geschmack bewahrt. Er zog sich nur an, wenn es absolut nötig war. Meist arbeitete er lediglich mit einem Morgenrock bekleidet in seinem Bett oder am Rande eines Schwimmbeckens. Mao war begeisterter Schwimmer, viele seiner Anwesen verfügten über eigene Bäder.
Ansonsten hielt Mao nicht allzu viel von Körperhygiene. Weder putzte er seine Zähne, die von grüner Plaque überzogen waren, noch badete er. "Er wasche sich in seinen Frauen", erklärte er seinem Arzt - und übertrug dabei unzählige Geschlechtskrankheiten. "Das macht nichts, so lange ich selber keine Beschwerden habe", fand der Vorsitzende. Mit dem Leben anderer war Mao schon immer großzügig umgegangen, es störte ihn wenig, dass seine Wirtschaftspolitik mehr als * 20 Millionen Hungertote gefordert hatte. Seine Lustmädchen ertrugen ihre Infektionen übrigens mit Stolz - wie ein Geschenk des Großen Vorsitzenden.
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