Zitat von
realsniper
Leider ist das so - hier (überall in diesem Forum) geht es nicht um die rekonstruktion von Fakten, sondern um das konstruieren von Alternativrealitäten, die jedoch nicht konstruiert (mit "festen" Bausteinen), sondern eher kreiiert werden, frei nach Wunschvorstellungen...
Aber das checkn die Meisten, die sowas tun, erst gar nicht bzw. ebd. Unterschied.
Dann Rumpel:
ÜBERTRAG AUS ANDEREM THREAD
Also hier das ausgelagerte:
Das ist nicht korrekt. Überall gibt es Quellenangaben, wenn es sich um zB Zahlenangaben handelt, die sich aus 1000en von Quellen ergeben (so dass eine Aufzählung 5 Seiten mit nur Fußnoten bedeuten müsste), werden Quelleeditionen (dh Bücher, wo Quellen gesammelt wurden - unverändert und undkommentiert). So würde ich zB bei der behauptung die dt. Personlastärke bei den Streitkräften ist in den 10 Jahren von 1890 bis 1900 um 20.000 gestiegen, dann muss ich dazu nicht alle Einberufungen und sonstige Militär- und Verwaltungsakten, wie Chroniken und Sterberegister anführen, sondern einfach eine Edition, die diese zusammengefasst auf einer Seite aufführt (hier wäre das: Sautter, Udo, Deutsche Geschichte seit 1815: Daten, Fakten, Dokumente, Bd. 1: Daten und Fakten, Tübingen 2004, S. 196.). Und was konkrete Inhalte wie zB Korrespondenzen betrifft, gibt es auch Editionen, die nur nummerierte original Dokumente führen, zB sowas wie BAB (Hg), Der Weltkrieg 1914-18, Berlin 1956, usw...
Kein seriöser Historker verfasst eine wissenschafliche Arbeit, die nicht belegt ist (das geht gar net). Wenn nur Buchttitel angegeben werden, bei denen es sich selbst schon um SekLit und net etwa um Editionen handelt, dann gilt der Verweis den Fußnoten auf der zitierten Seite, wo sich dann die Primärquellen finden (oder eben ein weiteres Stück SekLit, aber nach so 2-3 Büchern spätestens kommt man stets bei der Primärquellen an und prüft sie selbst).
Nein nein, lies dat nicht (brauchste net), ich meinte das ja nur weil Du meintest, ich würde sonst nur Smileys machen und sonst nix. Das war nur ein Bsp für meine üblichen Längen bei Beiträgen. Zum Thema Namibia (Genozid vs. kein Genozid) hatte ich dort aber schon alles (bzw. ausreichend) gesagt, ich würde mich jetzt nur noch wiederholen...
Ich hatte daher aber extra auch dt. Quellen (den Theo, den Tirpitz, den Jagow, etc.) miteinbezogen. Und was die Zeitspanne betrifft: ich mach doch hier net ne Darstellung der Kriegsursachen en Detail mit Prequel usw, weil ich
1. dafür net bezahlt werde und/oder mir dafür eben net die zeit nehmen werde
und
2. es doch ohnehin (mehr als) reichlich Forschungsliteratur dazu gibt, wozu also etwas hier machen, was andere schon gemacht hatten in bestimmten Werken.
Doch gewollt hat man ihn schon, man brauchte nur ein Ereignis wie Sarajevo. Wie ich oben aufgeführt hatte, war der Krieg nur Katalysator, in die kriegsziele waren eine Menge von kreisen involviert, und diese (Kriegsziele) waren keiner plötzlichen Überlegung entsprungen. De facto sollte eine dt. Hegemonie über Europa etabliert werden, das ist nicht gerade das, was man als Überfallener, der keinene Krieg wollte, als erstes anvisieren würde.
Die Kriegsziele gingen ja nach kurzer Zeit selbst über die Hegemonie in Europa hinaus, bedenkt man die auch geplante koloniale Expansion. Ich erinnere daran, dass man schon nach rd einem Monat (!) über Afrika nachdachte, wohl auch weil selbst Delbrück die Annexionspläne in Europa zu krass (!) geworden waren und er einiges nach Übersee abzulenken gedachte (ich hatte das angeschnitten in meinen Beitrag hier in diesem Thread zuvor, Vgl. Beitrag #18.). Jagow hatte schon Ende August von Solf (dem StSek des Reichskolonialamts) gefordert, ihm eine Konzept für einen territoriale Expansion in Afrika vorzulegen, was dann auch geschah (Beleg folgt, wenn ich mit dem Inhalt durch bin). Darin war vorgesehen, dass zB Angola und die Nordhälfte von Mocambique angegliedert werden würden, beides Gebiete des neutralen Portugals (von einer reaktionären Kriegszielplanung durch den "überraschenden" Krieg kann hier net die Rede sein, das ist Weltpolitik von langer Hand). Neben diesen port. Erwerbungen sollten noch Belg. Kongo und Franz. Äquatorial-Afrika bis zum Tschadsee, sowie eine Vergrößerung Togos um Dahome und im Norden um Teile Senegambiens bis Timbuktu dazu kommen, so dass am Ende ein großer zusammenhängender Mega-Kolonialstaat im Kern Afrikas entstanden wäre, seine Nordgrenze zu den Briten wäre teils der Niger gewesen (Vgl. dazu: BAB, AA, Wk 15, geh. adh.: Jagow an Solf, 25.8.1914; dann Solfs Antworten (mit Karten): Solf an Jagow, 28.8.1914 und 25.9.1914.). Und was den Niger bzw. die Grenze zu den Briten betrifft, das wurde später von Solf sogar noch ausgeweitet, als er nämlich die Annexion Nigerias forderte, welches dann ein Verbindungsstück zwischen dem Togo-Timbuktu-Stück und den östlicheren Erwebungen am Tschadsee geworden wäre (Vgl dazu: BAB, AA, Wk, Bd. 2: Solf an Jagow, 8.9.1916.).
Das ist Weltpolitik, die nicht aus dem Moment (1914) heraus geboren wird, der Krieg war ein willkommender Kataysator lang geplanter Weltpolitik.
Aber bleiben wir von mir aus erstmal "nur" in Europa, denn das allein (das "Mitteleuropa-Ding") finde ich spricht schon für sich bzw. was ich (im anderen Beitrag) zuvor meinte, nämlich eine Planung von langer Hand und die Involvierung vieler Kreise, die über Kaiser & Militär hinausgehen.
Angemerkt (Exkurs) sei hier kurz nur, dass die Pläne zwar auf bestimmten Eliten in Wirschaft und Politik zurückgehen, das dt. Volk (bzw. dessen gewählte Vertreter) ihn aber auch mittrug (!) - gemäß dieser öffentlichen Einstellung konnte es spielend leicht realisiert werden. Ich verweise darauf, dass der Theo schon vor Kriegsausbruch und "Burgfrieden"-Gelaber bereits entsprechende Erkundungen unternommen hatte bezüglich der Einstellung des RT. Und noch am 30. Juli berichtete er gegenüber dem preuß. Staatsministerium, dass "auch von der Sozialdemokratie und dem sozialdemokratischen Parteivorstand nichts Besonderes zu befürchten [ist], wie er aus Verhandlungen mit dem Reichstagsabgeordneten Südekum glaube schließen zu können. Von einem Generalstreik oder Parteistreik oder Sabotage werde keine Rede sein" (Vgl. dazu: Von Montgelas, Max, u.a. (Hg), Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch 1914, Bd. 2, Berlin 1919, 2. Auflage 1922, S. 178, Dok. 456: Protokoll der Sitzung im preußischen Staatsministerium vom 30.7.1914.). Ich meine selbst Erzberger schrieb im September an Theo, dass die von Theo anvisierten Zielsetzungen "das Mindestmaß dessen dar[stellten], was das deutsche Volk in allen seinen Teilen als Forderung beim Friedensschluß" betrachten würde (Vgl dazu: BAB, RK, Gr. Hq. 21, 2476: Denkschrift Erzbergers, weiter an Reichskanzler, 2.9.1914.)
Das nur als Zwischenvermerk, damit keiner sagt: "das war ne Verschwörung von wenigen Mächtigen blafurzkack" oder sowas...
Also, zurück zum (langatmigen) wirschaftlich ausgerichteten Plan:
Dieser Plan des zusammenhängenden mitteleuropäischen Wirtschaftsraum sah neben direkter territorialer Expansion eine dt. Hegemonie über noch weitere Teile Europas vor, ein Plan der primär innerhalb dt. Wirschafts-(! nicht Militär)Eliten mehr eingenistet und/oder verbreitet hatte. Maßgeblich Rathenau (aber auch andere, der ist nur exemplarisch), der eigentlich zusammen mit Carl Fürstenberg damals Geschäftsinhaber der Berliner Handelsgesellschaft war, sowie auch Obermotz der AEG, sorgte in seiner Funktion (er war - man merke auf - mit der Kriegs-Rohstoff-Abteilung betraut worden) dafür, dass diese Pläne auch definitiv (falls die Regierung auf einmal doch kalte Füße kriegen würde oder so) ihre Umsetzung in der Formulierung dt. Kriegsziele finden würden. Rathenau propagierte "offen" (natürlich sind das alles damals geheime Akten, ich meine nur "offen" von heute aus betrachtet, wenn es darum geht, ob sie es wollten oder net) ein dt. Mitteleuropa, welches stark genug sein sollte, um den USA und UK ebenbürtig zu werden, ebenso wie den Russen durch das (dann erfolgte) brechen ihrer Herrschaft über die nicht-russischen Völker (welche hier noch beschränkt bleiben auf Polen, Ukrainer, die 3 baltischen Völker und Finnen) und der daraus resultierenden Schwächung St. Petersburgs (Vgl dazu: BAB, RK, Gr. Hq 21, 2476: Brief Rathenaus an den Reichskanzler, 28.8.1914.).
Ich hatte oben im Beitrag zuvor schonmal Gwinner, den Chef der Deutschen Bank, erwähnt, daher tun wir dies doch direkt wieder und führen wieder seine Beteiligung ins Feld. Er hatte sich ja gegen eine zu plumpe uns ausgereifte direkte Annexionspolitik ausgesprochen und sorgte dafür, dass das Konzept einer weniger "auffälligen" Expansionspolitik, nämlich der wirtschaftlichen, ein wichtiger Hauptfaktor bei der Ausarbeitung dt. Kriegsziele blieb. Zimmermann (der Unterstaastsekretär) hielt Gwinners Gedanken in einer Niederschrift für den Theo & den Jagow fest, welche Gwinners Absicht "Deutschlands wirtschaftliche Vorherrschaft zu etablieren" beinhaltete (Vgl dazu: BAB, RK, Gr. Hq 21, 2476, UStSek an StSek, 3.9.1914.).
Die Umsetzung einer solchen Politik hat nunmal die Prämisse einer dt. Hegemonie in Europa, diese Hegemonie ist aber nur durch einen Krieg zu haben. Man hätte ein solches Konzept nicht überhaupt über Jahre hinweg entworfen, ohne einen Krieg (als Katalysator) einzuplanen.
Theo gab sogar zu, dass die Umsetzung dieser Mitteleuropa-Geschichte an einen Siegfrieden Deutschlands gekoppelt war und sich "nur bei einem eventuell von uns zu diktierenden Frieden unter dem Druck politischer Überlegenheit erreichen lassen [würde]" (Vgl. dazu: BAB, RK, Gr. HQ. 21, 2476: Reichskanzler an Delbrück, 16.9.1914.). Und wie gesagt: solche Pläne (wie das Mitteleuropa-Ding) wurden net 1914 geboren (allein schon, weil sie im September 1914 zu ausgereift und langatming waren).
Vielleicht doch noch, falls es wirklich Leutz (hier, in diesen Thread kommend) gibt, die nix davon wissen, hier nochmal die (ersten) dt. Kriegsziele, wie sie im September 1914 (daher auch "September-Programm"), also nach nur rd. einem Monat Krieg (!), formuliert worden waren (man beachte dabei auch die Stellen an meiner Hervorhegung durch "(!)"):
"1. Frankreich
Von den militärischen Stellen zu beurteilen, ob die Abtretung von Belford, des Westabhangs der Vogesen, die Schleifung der Festungen und die Abtretung des Küstestrichs von Dünkirchen bis Boulogne zu fordern ist.
In jedem Falle abzutreten, weil für die Erzgewinnung unserer Industrie nötig [(!)], das Erzbecken von Briey.
Ferner eine in Raten zahlbare Kriegsentschädigung; sie muß so hoch sein, daß Frankreich nicht imstande ist, in den nächsten achtzehn bis zwanzig Jahren erhebliche Mittel für Rüstung anzuwenden.
Des weiteren [sic!]: ein Handelsvertrag, der Frankreich in wirtschaftliche Anhängigkeit [(!)] von Deutschland bringt, es zu unserem Exportland macht, und es ermöglicht, dem englischen handel in Frankreich auszuschalten. Dieser handelsvertrag muß uns finazielle und industrielle Bewegungsfreiheit in Frankreich schaffen - so, daß deutsche Unternehmungen nicht mehr anders als französische behandelt werden können.
2. Belgien
Angliederung von Lüttich und Verviers an Preußen, eines Grenzstriches der Provinz Luxemburg an Luxemburg.
Zweifelhaft bleibt, ob Antwerpen mit einer Verbindung nach Lüttich gleichfalls zu annektieren ist.
Gleichviel, jedenfalls muß Belgien, wenn es auch als Staat äußerlich bestehen bleibt, zu einem Vasallenstaat herabsinken, in etwa militärisch
wichtigen Hafenplätzen ein besatzungsrecht zugestehen, seine Küste militärisch zur Verfügung stellen, wirtschaftliche zu einer deutschen Provinz werden. Bei einer solchen Lösung, die die Vorteile der Annexion, nicht aber ihre innenpolitisch nicht zu beseitigenden Nachteile hat, kann franz. Flandern mit Dünkirchen, Calais und Boulogne, mit größenteils flämischer Bevölkerung diesem unveränderten Belgien ohne Gefahr angegliedert werden. Den militärischen Wert dieser Position England gegenüber werden die zuständigen Stellen zu beurteilen haben.
3. Luxemburg
Wird deutscher Bundesstaat und erhält einen Streifen aus der jetzt belgischen Provinz Luxemburg und eventuell die Ecke von Longwy.
4. Es ist zu erreichen die Gründung eines mitteleuropäischen Wirtschaftsverbandes durch gemeinsame Zollabmachungen, unter Einschluß von Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Österreich-Ungarn, Polen und eventuell Italien, Schweden und Norwegen. Dieser Verband, wohl ohne gemeinsame konstitutionelle Spitze, unter äußerlicher Gleichberechtigung seiner Mitgleider, aber tatsächlich unter deutscher Führung [(!)], muß die wirtschaftliche Vorherrschaft Deutschlands über Mitteleuropa stabilisieren.
5. Die Frage der kolonialen Erwerbungen, unter denen in erster Linie die Schaffung eines zusammenhängenden mittelafrikanischen Kolonialreichs anzustreben ist, desgleichen die Rußland gegenüber zu erreichenden Ziele werden später geprüft.
Als grundlage der mit Frankreich und Belgien zu treffenden wirtschaftlichen Abmachungen ist eine kurze provisorische für einen eventuellen Präliminarfrieden geegnete Formel zu finden.
6. Holland
Es wird zu erwägen sein, durch welche Mittel und Maßnahmen Holland in ein engeres Verhältnis zu dem Deutschen Reich gebracht werden kann.
Dies engere Verhältnis müßte bei Eigenart der Holländer von jedem Gefühl des Zwangs für sie frei sein, an dem Gang des holländischen Lebens nichts ändern, ihnen auch keine veränderten militärischen Pflichten bringen, Holland also äußerlich unabhängig belassen, innerlich aber in Abhängigkeit von uns bringen. Vielleicht ein die Kolonien einschließendes Schutz- und Trutzbündnis, jedenfalls enger Zollanschluß, eventuell die Abtretung von Antwerpen an Holland gegen das Zugeständnis eines deutschen Besatzungsrechts für die Befestigung Antwerpens wie für die Scheldemündung wäre zu erwägen"
(Vgl dazu: BAB, RK, GR. Hq. 21, 2476: Reichskanzler an Delbrück, 9.9.1914.).
Das sind eindeutig keine Kriegsziele die man formulierte aus Überlegungen heraus, die man erst vor einem Monat auszubauen begonnen hatte - das ist Politik der langen Hand. ZB das Einbeziehen Belgiens & Luxemburgs (ohne deutschen Einmarsch "neutralen) Staaten, oder der neutral bleibenden Niederlande, sowie auf der anderen Seite der Polen, usw...das zeigt doch deutlich die Absicht zur Hegemonie, und ein Krieg ist die einzige Möglichkeit zur Umsetzung solcher Pläne. Anders als wirtschaftlich wurden die Annexionen auch net bewertet; so schrieb Delbrück (zB) zurück an den Theo "Die Annexion des Erzbeckens von Briey kann überflüssig werden, wenn Frankreich und Deutschland ein Wirtschaftsgebiet werden" (Vgl. dazu: BAB, RK, Hq. 21, 2476: Delbrück an reichskanzler, 13.9.1914.), die Kriegsziele waren einem wirtschaftlichen Konzept einer dt. Hegemonie in Europa geschuldet, und sowas entstand net in einem Monat. Es war von langer Hand vorbereitete Weltpolitik, was ich auch (exemplarisch) 1915 an Theos Aufforderung an Tripitz zweigt, wonach Tirpitz sich zu der zukünftigen Gestaltung der beglischen Verhältnisse zu äußern hatte, dabei jedoch nicht nur vom Standpunkt seines Ressorts ausgehen sollte, sondern "von dem ganz allgemeinen [Standpunkt] der zukünftigen deutsche Wetlmachtstellung" (Vgl. dazu: BAB, RK, Gr. Hq 21, 2476: Reichskanzler an Staatssekretär des Reichsmarineamtes, 8.1.1915.).
Solche Facetten (wie gesagt, wir befinden uns ganz am Anfang des Krieges) sind nicht "neu" sondern über größere Zeiträume konzipiert worden. Es geht aus den Quellen eindeutig hervor, dass man den Krieg sehr wohl gewollt hat (das hier ist ja nur exemplarisch hier, ich könnte Dich mit 1000ed überschütten, aber bedenke, ich mach das hier pro bono bzw. hab auch noch anderes zu tun als mich hier einzuloggen, daher geht das nicht solange ich meine Freizeit opfere). Man hat ihn nicht zwangsläufig 1914 gewollt - ging ja auch net - denn die Rede ist net davon, dass man ihn bewusst auslöste (das ist Quatsch). Die Rede ist davon, dass, als es einen möglichen Auslöser gab, dieser systematisch - lange gehegten Plänen folgend - gezielt zum Anheizen benutzt wurde, der Krieg als Katalysator musste ohnehin her. Dieser Umstand verhinderte a priori ein Einlenken bzw. eine Verhinderung des Krieges. Dass die anderen mitzogen ist dann klar, das galt ja immer für alle: in dem Moment wo sich der erste Unbeteiligte einmischt, sind fortan Alle beteiligt...Dh klar liegt das Betragen anderer Mächte außerhalb unserer Verantwortung, aber unabsehbar war das ja gerade net, sondern quasi naturgesetzmäßigkeit. Daher kann man so net argumentieren, nach dem Motto: die hätten auch sagen können, nee, wir machen net mit. Zudem geht es ja net darum, ob man den Krieg auf Seiten der Entente gewollt hatte, nachdem er schon angefangen war. Klar, dann haben sie es "dankend" angenommen, aber gravierendsten & stärksten Impulse gingen nunmal von Berlin aus. Man hätte sich rausgehalten, aber nur wir waren dazu (gemäß dem Plan bzw. der Notwendigkeit eines krieges, siehe oben) nicht dazu bereit. Dh die "schuld" am krieg trifft maßgeblich uns. Dh NICHT "Alleinschuld", das net, aber das ist auch eine ganz andere Kiste, das heisst sowas wie "die meiste Schuld" (wegen dem Konzept bzw. seiner Umsetzung, siehe oben). Wie ich schon ursprünglich sagte (Vgl Beitrag #18.) hatte die dt. Geheimpolitik spätestens (!) im Zuge der zweiten M-Krise 1911 systematisch auf einen Krieg hingesteuert und dafür entsprecheden Pläne ausgearbeitet. Das meine ich mit "die meiste" Schuld - in unserem politischen (!) Konzept für die Zukunft war eine Hegemonie Deutschlands vorgesehen, und diese war ohne Krieg nicht zu haben (und das war auch denen klar, waren ja net dämlich, daher der Schluss: sie planten (auch) den Krieg (mit) ein).
Die Balkankriege 1912/13 gelten ja allgemein als "Vorspiel" zum WW1, aber das nicht nur wegen der zeitlichen Nähe, sondern hauptsächlich, weil dort schon innerhalb der Geheimdiplomatie solche Erwägungen, wie später (1914) gemacht worden waren (was wieder zeigt, dass es diese schon im Vorfeld gab - das hier groß aufzuzeigen würde wieder zu lange dauern, aber wäre problemlos machbar was die Quellen betrifft, aber dann eher im eigens dafür konzipierten Thread, für den ich aber jetzt keinen direkten Bedarf sehe). Dass Berlin damals Wien zur Zurückhaltung nötigte, erklärt sich daraus, dass man mit den Vorbereitungen noch nicht weit genug war (1914 glaubte man dann weit genug zu sein), was sich aus (exemplarisch) Theos Note ableiten lässt, als er von einer Intervention abriet mit den Worten (Unterstreichung vorgenommen durch realsniper): "Eine gewaltsame Lösung aber, selbst wenn manche Interessen der österreichischen Monarchie auf eine solche hindrängen sollten, in einem Augenblick herbeizuführen, in dem uns eine, wenn auch nur entfernte Aussicht eröffnet, den Konflikt unter für uns wesentlich günstigeren Bedingungen auszutragen, würde ich für einen Fehler [...] halten" (Vgl. dazu: Lepsius, Johannes, u.a. (Hg), Die Große Politik der Europäischen Kabinette, 1871-1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes, Berlin 1922(ff), Bd. 34 I, Dok. 12818: Bethmann-Hollweg an Berchtold, 10.2.1913.). Man hielt sie nur solange zurück, bis man selbst soweit war (dass man das konnte bzw. das dort (Wien, St. Petersburg) ein permanenter Brennpunkt war, wäre Off- Topic, führt es doch in die 1880er Jahre zurück und in die Eigendynamik von Bismarcks Bündnispolitik bzw. seinem Logikfehler innerhlab ebd. - kann ich aber auch aufzeigen, nur eben net hier). Tschirinsky erläuterte die dt. Politk dieser Tage (bzw. Jahre vor dem Ausbruch des WW1) gegenüber von Berchtold, welcher dieses in seinem tagebuch im Eintrag vom 5. Mai 1913 wie folgt festhielt: "Alle letzten Kriege seien gewonnen worden von jenen, die sich Jahre darauf vorbereitet [...]. Wir [gemeint ist also Österreich-Ungarn] sollten uns auf einen Krieg vorbereiten, der uns Serbien und Monenegro und Nordalbanien, Italien Valona, Deutschland des Sieg über den Panslawismus zu bringen hätte" (Zit nach: Hantsch, Hugo, Leopold Graf Berchtold, Wien 1963, S. 420.).
Es wurde "global" bzw. europäisch sehr sehr weit gedacht, und zwar in Berlin, Wien wurde von uns als Instrument mit hineingezogen (bzw. war unentbehrlich für unsere Politik). Und auch dies geschah schon im Vorfeld durch aktive (permanente) dt (!) Bestrebungen, die Österreicher auf einen kommenden Krieg einzustimmen, wie sich aus dem Bericht Berchtolds über seine Unterredung mit Wilhelm II. ableiten lässt (er wird darin schon nicht gelogen haben, handelte es sich doch um keine öffentliche Korrespondenz (noch einen für die Nachwelt/Forschung konzipierte Darstellung), sondern einen reinen Dialog von Kaiser zu Kaiser, bei welchem Berchtold nur als "Zusteller" fungierte), bei welcher Wilhelm II. wie folgt zitiert wurde: "Der Krieg zwischen Ost und West sei auf die Dauer unvermeidlich und wenn dann Österreich-Ungarn in seiner Flanke der Invasion einer respektablen Militärmacht ausgesetzt sein, so könne dies für den Ausgang des Völkerringens verhängnisvoll werden. [...] Und wenn sie [also die Österreicher] glauben, daß ihr Heil von Belgrad zu erwarten sei, dann müsse ihnen dieser Glaube genommen werden. Mit Serbien könne es für Österreich-Ungarn kein anderes Verhältnis geben, als jenes der Abhängigkeit des Kleineren vom Größeren. [...] [Der Kaiser - Wilhelm II - könne sich keinerlei andere Ordnung vorstellen], als die Vormachtstellung der Monarchie gegenüber allen dortigen Staatswesen" (Vgl dazu:Bittner, Ludwig, Übersberger, Hans (Hg), Österreich-Ungarns Außenpolitik von der bosnischen Krise 1908 bis zum Kriegsausbruch 1914. Diplomatische Aktenstücke des Österreich-Ungarischen Ministeriums des Äußeren, Bd. 7, Leipzig 1930, Dok. 8934: Bericht Berchtolds nach Wien, 28.10.1913.). Der Krieg wird als unvermeidlich bezeichnet, die österreichische Grundhaltung in der Balkanpolitik quasi vorgegeben (bzw. mitgeteilt, was der Kaiser (wilhelm II.) und die dt. Politik preferieren), ein Ausgleich bzw. eine gemäßgte Balkanaktivität Wiens wird nicht ins Auge gefasst (weil man in Berlin Wien ja - wie schon im Beitrag zuvor gesagt - als Werkzeug unbegingt brauchte, siehe "die Rolle des Provozierten" haben), ja explizit ausgeschlossen. Das mit dem Provozierten war sogar so tief in das Grundkonzept eingeflossen, dass man (bzw. idF der Theo, aber er war ja net der einzige) glaubte, solange man diese Rolle einnehmen würde, London aus dem Kriege gehalten werden könnte (und schon allein deshalb war es unumgänglich an Wien als Instrument zur Auslösung festzuhalten, um vor London dann als "der Provozierte" (dann durch Russland & Frankreich) darzustehen). Theo berichtete im Zuge der Londoner Konferenz ab Ende 1912, er halte es für "nach vielen Anzeichen zum mindesten zweifelhaft, ob England aktiv eingreifen würde, wenn Rußland und Frankreich direkt als die Provozierenden erschienen [...] [, England aber dann erst zugunsten eines] niedergeworfenen Frankreichs nachträglich - zunächst wohl diplomatisch - eintreten würde" (Vgl. dazu: BAB, AA, Abt. England 78, geh., Bd. 31: Reichskanzler an Deutschen Kaiser, 18.12.1912.). Diese Kalkulation (siehe Hillgruber, Beitrag zuvor) war da, und das schon lange vor dem Sommer 1914; und warum sollte man auf & für etwas kalkulieren, dass man nicht auch in naher Zukunft vor hat Realität werden zu lassen (idF den europäischen Krieg)? Zudem wusste man in Berlin (trotz der Einschätzung vom Theo, von der ich nicht beweisen kann, dass er wissentlich von einer solch fehlgeleiteten Annahme ausging) nachweislich, dass London der msetzung im Wege stehen würde, wie sich am Bericht Lichnowskys zeigt, wo er klar herausstellt, dass "Englands Politik uns gegenüber eine friedliche und freundschaftliche ist, daß aber keine britische Regierung es mit den Lebensinteressen des landes vereinbar halten würde, eine weitere Schwächung Frankreichs zuzulassen" (Vgl dazu: BAB, AA, Abt. England 78, geh., Bd. 31: Lichnowsky an Reichskanzler, 9.12.1912.).
Abschließend dazu (und zu diesem Beitrag für heute generell - ich wollte noch in andere Threads rein bevor ich gleich gehen muss) vielleicht noch ein anderer Aspekt, der uns (Dt.) die "Vorzeitigkeit" in Bezug auf die Kriegsplanung nachweist. Gemäß der neuen Doktrin eines solchen Krieges wie des Großen Europäischen Krieges, nämlich weg vom Kabinettskrieg hin zum Volkskrieg, wurden bereits früh zahlreiche Überlegungen (auch des Kaisers!) angestellt und über Verwaltungsakten und sonst. amtl. Korrespondenz) festgehalten. Das belege ich hier zum Ende kurz (wieder nur exemplarisch - es gibt mehr) mit dem Kaiser selbst, welcher in der selben Unterredung wie oben schon davon sprach, dass es sich bei der Situation am Balkan nicht um Sachverhalte handeln würde, "die durch Diplomatiearbeit geschaffen und gestaltet worden sind, sondern um einen weltgeschichtlichen Prozeß [(!)], in die Kategorie der Völkerwanderung einzureihen, in diesem Falle um ein mächtiges Vordringen der Slawenmacht" (Vgl dazu: Dok. 8934, wie die letzte Anmerkung zuvor, siehe oben.). Und sowas ließ auch er andauernd ab, Gesülze vom Kampf der europäischen Volksgruppen gegen einander, so auch in seiner persönlichen "Einschätzung" der Lage 1912, als er schrieb: "England wird aus Haß und Neid gegen Deutschland unbedingt Frankreich und Rußland beistehen. Der ev. Existenzkampf [(!)], den die Germanen in Europa gegen die von Romanen unterstützten Slaven zu fechten haben werden, findet die Angelsachsen auf der Seite der Slaven [...]. Grund: Neidhammel, Angst unseres Zugroßwerdens!" (Vgl dazu: BAB, AA, Abt. England 78, geh., Bd. 31: Kaiser an Kiderlen-Wächter, 8.12.1914.). Damit folgte er nur führenden Militärs, die um die notwendige Mobilisierung der Bürger für einen Volkskrieg wussten. Müller (den hatte ich zuvor auch schon zitiert, der Obermotz des Marinekabinetts, siehe Beitag zuvor) zB forderte "durch die Presse das Volk darüber aufzuklären, welche großen nationalen Interessen auch für Deutschland bei einem durch den österreichisch-serbischen Konflikt entstehenden Krieg auf dem Spiele ständen. [...] Das Volk dürfe nicht in die Lage versetzt werden, sich erst bei Ausbruch eines großen europäischen Krieges die Frage vorzulegen, für welche Interessen Deutschland in diesem Kriege zu kämpfen habe. Das Volk müsse vielmehr schon vorher [(!)] mit dem Gedanken an einen solchen Krieg vertraut gemacht werden" (Vgl. dazu: BAB, AA, Abt. Deutschland 137, geh., Bd. 7: v. Müller an Deutschen Kaiser, 8.12.1912.), was ürbrigens auch für eine Politik von langer Hand spricht. Und der Kaiser surfte auf dieser Welle mit und zeigte nur weiter seine Haltung der Determiniertheit wenn er so n Blech abließ wie "Der Kampf zwischen Slawen und Germanen ist nicht mehr zu umgehen, er kommt sicher. Wann? Das findet sich" (Vgl. dazu: Lepsius, Johannes, u.a. (Hg), Die Große Politik der Europäischen Kabinette, 1871-1914. Sammlung der Diplomatischen Akten des Auswärtigen Amtes, Berlin 1922(ff), Bd. 34 II, S. 811: Schlussbemerkung Wilhelms II. zum Schreiben Pourtalès an Bethmann-Hollweg, 6.5.1913.). Und auch hier, besonders im letzten Teil (Wann? Das findet sich), erkennt man das warten auf den richtigen Augenblick, bei entschlossenem Festhalten an der a priori Unvermeidbarkeit eines Krieges.
Das könnte ich ewig so weiter machen, aber ich muss echt mal los jetzt, wieder viel zu lange hier zusammengetragen und v.a. eingetippt, dat wars für jetzt.
MfG
Sniper