27.02.1989
NIEDERSACHSEN
Loge Licht und Wahrheit
Ein Verfassungsschützer und Polizeikritiker sieht sich als Opfer eines Mordversuchs - neuestes Kapitel im niedersächsischen Real-Krimi um Agenten und Waffenhändler, Sexpartys und Geheimlogen.
Pengel ist nicht irgendwer. Der Verfassungsschützer hatte 1983 in einem dienstinternen 32-Seiten-Bericht schier unglaubliche Zustände im hannoverschen Polizeiapparat geschildert.
Nachdem Innenministerium und Justiz zunächst versucht hatten, das Pengel-Dossier schlichtweg als "Spinner-Papier" zu behandeln, mehren sich seit Monaten Hinweise darauf, daß der Bericht durchaus "kein Spinner-Papier" ist, wie die FDP-Landtagsabgeordnete und Polizeiexpertin Sigrid Schneider urteilt.
Pengels Vorwürfen zufolge sollen hannoversche Polizeibeamte bis in obere Ränge in Rauschgiftdelikte verstrickt sein sowie Sex-Partys mit Kriminellen gefeiert, Ermittlungen vereitelt, Schmiergelder kassiert und illegalen Waffenhandel mit dem Nahen Osten gedeckt haben (SPIEGEL 5/1988). Als Zentralfiguren einer angeblichen Verschwörung benannte Pengel zwei in Niedersachsen lebende Araber, den Arzt Dr. B. und den Kaufmann N.
Nach Pengels Darstellung sollen die beiden Orientalen - die alles bestreiten - nach Mafia-Art bis tief in den Verfassungsschutz und das Landeskriminalamt hinein ein dichtes Netz von Beziehungen geknüpft und reihenweise Beamte abhängig oder gefügig gemacht haben.
[...]
Ein bislang unbekanntes weiteres Dokument, das jetzt dem SPIEGEL vorliegt, scheint ebenfalls geeignet, in etlichen Details die Glaubwürdigkeit des Pengel-Papiers zu erhärten. Der hannoversche Journalist Hans-Joachim Linck, 44, der von Pengel als Intimus der beiden Araber beschrieben worden war, gab im Dezember letzten Jahres zu Protokoll:
Ich erkläre hiermit, u.a. seit 1983 Informationen an den Verfassungsschutz gegeben zu haben, die in Zusammenhang mit dem sog. Pengel-Papier erwähnt wurden.
Mir ist bekannt, daß Dr. B. hervorragende Kontakte zur Nieders. Polizei hat. Dr. B. war mit mir in der Freimaurerloge Licht und Wahrheit . . . Aus dieser Zeit und über den Kontakt mit dem Kaufmann N., ebenfalls Logenmitglied, habe ich engeren persönlichen Kontakt zu Dr. B. gehabt.
Auch der Name des heutigen BKA-Präsidenten Heinrich Boge, früher Hannover, taucht in dem Protokoll auf:
Dr. B. hat mehrfach über die guten Kontakte zur Polizei berichtet, so hat er auch den damaligen PolPräsident Dr. (?) Boge als Gast zur Loge mitgebracht . . .