In einem wilden Land namens Polen
In der Komödie "Hochzeitspolka" widmet sich Lars Jessen dem deutsch-polnischen Verhältnis
Hamburg. Polen ist ein wildes Land. Das klingt, als hätte die Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach mal wieder ihr Lieblingsthema am Wickel, ist aber auch das Motto eines Films. "Hochzeitspolka" heißt die aktuelle Komödie, die sich den deutsch-polnischen Beziehungen von einer etwas anderen Seite nähert und dabei keine Klischees scheut. Stellt sich die Frage, ob sich ein Thema, das in der Politik stets als hochsensibel gilt, auch für grenzübergreifende Komik funktioniert. Der Hamburger Regisseur Lars Jessen hat es versucht und sich dem Verhältnis zwischen den Nachbarn genähert, dafür hat er sich den Deutschen Frieder Schulz (Christian Ulmen) als Protagonisten kreiert.
Frieder ist ein junger Geschäftsmann, der in Polen eine Firma leitet. Dort will er Gosia (Katarzyna Maciag) heiraten. Aber mit einer Feier im engsten Kreis wird es nichts. Plötzlich stehen Frieders alte Freunde aus der norddeutschen Provinz vor seiner polnischen Haustür. Mit ihnen hat er früher in der Coverband Heide-Hurricane gespielt. Jetzt wollen sie mit ihrem ins Seriöse abgedrifteten Ex-Kumpel einen zünftigen Junggesellenabschied feiern. Zwei Kulturen prallen aufeinander.
In "Hochzeitspolka" schlachtet Filmemacher Lars Jessen deutsch-polnische Klischees, Empfindlichkeiten und Missverständnisse mal subtil, mal etwas deftiger aus. Dafür hat er zuvor das Nachbarland besucht und seine Gastgeber als äußerst geschichtsbewusst erfahren. Trotz der schrecklichen Kriegserlebnisse seien ihm dort aber nur wenige Ressentiments begegnet. "Dass sie uns dort heute trotzdem wieder so offen gegenüberstehen, finde ich fantastisch. Ich bin sehr davon angetan, auch vom polnischen Humor." Selbstironie lautete das Stichwort. Jessen wollte wissen, was es bedeutet, Deutscher in einer globalisierten Welt zu sein. Die Frage "Wie weit darf ich gehen?" hatte er zur Maxime erhoben. Zusammen mit dem Hamburger Ingo Haeb und dem Polen Przemyslaw Nowakowski schrieb er das Drehbuch, um einseitige Sichtweisen zu vermeiden.
Bei den Dreharbeiten gab es Überraschungen, denn den Darstellern waren die Dialoge zu zahm. "Die polnischen Schauspieler waren wie aufgezogen. Begriffe wie 'Herrenrasse' hatten wir vorher definitiv nicht im Drehbuch. Sie haben sich an ihrem eigenen Klischee der Deutschenhasser erfreut und noch mal eine Schippe draufgelegt. Ich war ihnen dafür sehr dankbar."
Für eine Überraschung sorgt auch ein Indianer in dem Film. Doch, als die polnische Ostgrenze zur Außengrenze der EU wurde, haben tatsächlich Indianer polnische Grenzschützer im Spurenlesen unterrichtet. "Das war für uns eine Steilvorlage", erinnert sich der Regisseur. Polen mag ein wildes Land sein, aber diese edlen Wilden mussten auch dort erst noch importiert werden.
"Hochzeitspolka" startet am 30.9. Previews heute im Abaton, 20 Uhr, und Zeise, 21 Uhr. Lars Jessen und sein Team kommen in beide Kinos.
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