In letzter Zeit hat aber besonders der Ölreichtum Tatarstans und Baschkortostans großen Wohlstand gebracht, der sich in einem hohen Bildungsniveau (Tataren gelten traditionell als intellektuelle Elite der Muslime Russlands), aber allmählich auch in einer zunehmenden Veralterung der Bevölkerung und geringerer Geburtenrate widerspiegelt. Eine Mehrheit der städtischen Tataren (Muslime und Atheisten) hat hohe Bildungsabschlüsse, ist politisch und sozial emanzipiert und orientiert sich auf den Westen bzw. die verwestlichte Türkei (ein Großteil der Baschkiren favorisiert die Anlehnung an Kasachstan und die übrigen ehemaligen Sowjetrepubliken Mittelasiens).
Dennoch ist die Geburtenrate der muslimischen Völker Russlands weiterhin höher als jener der Russen und christlichen Völker. Trotz Krieg soll seit der Unabhängigkeit Russlands die Zahl der Tschetschenen um 50 % gestiegen sein, die der Lesgier um 60 %, die der Inguschen sogar um 90 %. Diese offiziellen Zahlen werden jedoch von russischen Oppositionspolitikern angezweifelt. Angesichts des gleichzeitig anhaltenden, starken Bevölkerungsrückgangs Russlands (1991: 148–149 Millionen Einwohner, 2001: 143–144 Millionen, Tendenz anhaltend) beschwören einige russisch-orthodoxe Nationalisten die Furcht vor einer wesentlichen Verschiebung des Gewichts des muslimischen Bevölkerungsanteils innerhalb einer dann kleineren Gesamtbevölkerung zugunsten einer angeblichen „Islamisierung“ Russlands bis zum Ende des 21. Jahrhunderts (von 15 auf 50 %).
Tatsächlich liegt aber auch die Geburtenrate der Tataren als größte islamische Minderheit deutlich unter Reproduktionsniveau.
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Auch die Ergebnisse einer Umfrage in Russlands „islamischem Herzen“, in Kasan, sind beispielhaft für diese Orientierungsfragen und die innere Zerrissenheit: Eine deutliche Mehrheit der (muslimischen) Tataren (und konvertierten Mischlinge) sieht sich selbst zwar als Teil Europas, fürchtet aber eine wirtschaftliche Ausbeutung durch den Westen mehr als eine aggressive Politik orientalischer Länder. Eine gemeinsame Zukunft mit islamischen Staaten wie Saudi-Arabien sei daher (leider) unwahrscheinlich oder unmöglich, eine Mehrheit der atheistischen Tataren sieht aber eine Zukunft mit der verwestlichten Türkei. Zumindest die meisten Tataren orientieren sich deutlich auf die Türkei bzw. den Westen, auch die Emanzipation der Frau ist (seit der Sowjetzeit und teilweise schon früher) besonders in Kasan sehr weit fortgeschritten, dennoch halten selbst dort auch hochgebildete Frauen oftmals an (traditionellen) orientalischen Familienverhältnissen fest.