Verfassungsschutz sieht Anschlaggefahr durch Islamisten - Anstieg vor allem bei Türken - Jahresbericht 2004 vorgelegt
von André Zand-Vakili
Die Zahl der in Hamburg lebenden ausländischen Extremisten ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Laut dem gestern vorgestellten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2004 wurden 3055 Ausländer, die als extremistisch gelten, ausgemacht. Das sind 425 mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Deutschen Rechts- und Linksextremisten ging mit insgesamt 2030 Personen leicht zurück.
Die größte Gefahr geht nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden von 220 gewaltbereiten Islamisten aus. 20 von ihnen sind als "Gefährder" eingestuft - ihnen werden schwere Terroranschläge zugetraut.
"Null Toleranz für Islamisten" ist laut Innensenator Udo Nagel der Kurs der Innenbehörde. Dort will man künftig mit einem eigenen Netzwerk die Seilschaften der Islamisten bekämpfen....
Das rechtsstaatliche Instrument der Abschiebung hat bislang wenig geholfen. Die Zahl der 20 "Gefährder" ist konstant geblieben. Sie stammen nicht wie Terrorpilot Mohammed Atta aus einem gebildeten, gut situierten Umfeld, sondern werden von Nagel als Personen bezeichnet, die in der Vergangenheit schon als "Kleinkriminelle" aufgefallen waren. Die Ausweisung solcher Extremisten ist im Rechtsstaat laut Nagel ein "lang anhaltender Prozeß". "Ein Teil dieser "Gefährder" hat zudem die deutsche Staatsangehörigkeit", so Nagel. "Sie werden wir nie loswerden." Aber selbst bei lang bekannten Islamisten sei das schwierig. So sind gegen die in Hamburg jetzt oder demnächst vor Gericht stehenden Abdelghani Mzoudi und Mounir El Motassadeq bereits im vergangenen Juni Ausweisungsverfügungen erlassen worden, die sofort nach Prozeßende greifen sollen. Es laufen Widerspruchsverfahren, über die noch nicht entschieden ist.
Den größten Teil der Ausländerextremisten in Hamburg machen mit 2435 die Türken aus, die insbesondere in der Organisation Islamische Gemeinschaft Milli Görüs zu finden sind. Sie streben laut Verfassungsschutz die Bildung einer Parallelgesellschaft an.
Die Zahl der Linksextremisten in Hamburg ist mit 1500 konstant geblieben. "Bei Wahlen sind sie sehr erfolglos", sagt Verfassungsschutzchef Heino Vahldieck. Auch auf der Straße lief es für sie zunächst schlecht. Der Versuch, nach der Räumung des Bauwagenplatzes Wendebecken an die Erfolge der Bambule-Demonstrationen anzuknüpfen, endete "eher kümmerlich". Allerdings hätten die Linksextremisten mit dem Wasserturmhotel im Schanzenpark ein neues Thema gefunden.
Die Zahl der Rechtsextremisten ging von 590 auf 530 zurück. Sie verübten 179 Straftaten, 40 mehr als im Vorjahr. Neun Gewalttaten wurden registriert, ein Anstieg um fünf. Sorge bereitet dem Verfassungsschutz die erstarkende NPD, in die viele Republikaner und Angehörige der "Kameradschaftsszene" übertraten. Hier gibt es eine Bündelung der Szene. "Es ist vor allem bedenklich, daß die Rechten besonders erfolgreich junge Leute werben", sagt Nagel.
Artikel erschienen am Die, 10. Mai 2005
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Über Gewalttaten und Sachbeschädigungen der Linksextremisten, deren Zahl doppelt so hoch ist wie die der Rechtsextremisten, wird nicht berichtet.
"Null Toleranz für Islamisten" - nichts als leere Worte!