GENERAL RUDENKO: Wie würden Sie die Ziele bezeichnen, die Deutschland mit dem Überfall auf die Sowjetunion verfolgte?
PAULUS: Die Zielsetzung, Wolga-Archangelsk, die weit über die deutsche Kraft ging, charakterisiert an sich schon die Maßlosigkeit der Eroberungspolitik Hitlers und der nationalsozialistischen Staatsführung. Strategisch hätte das Erreichen dieser Ziele die Zerschlagung der Streitkräfte der Sowjetunion bedeutet. Mit dem Gewinnen dieser genannten Linie wären erobert und unterworfen worden die Hauptgebiete Sowjetrußlands mit der Hauptstadt Moskau und damit der politischen und wirtschaftlichen Führungszentrale. Wirtschaftlich hätte das Gewinnen der genannten Linie die Inbesitznahme der wichtigsten Ernährungsgebiete, der wichtigsten Bodenschätze, einschließlich der Ölquellen des Kaukasus und der wichtigsten Produktionsstätten Rußlands und ferner des Hauptverkehrsnetzes des europäischen Rußland bedeutet.
Wie sehr es Hitler auf die Gewinnung wirtschaftlicher Ziele in diesem Krieg ankam, dafür kann ich ein Beispiel, das ich persönlich miterlebt habe, anführen. Am 1. Juni 1942, gelegentlich einer Oberbefehlshaber-Besprechung im Bereich der Heeresgruppe Süd in Poltawa, erklärte Hitler:
»Wenn ich das Öl von Maikop und Grozny nicht bekomme, dann muß ich diesen Krieg liquidieren.«
Es waren für die Ausnutzung und für die Verwaltung der zu erobernden Gebiete die Wirtschafts- und Verwaltungs-Organisationen schon längst vor Kriegsbeginn gebildet und bereitgestellt worden. Zusammenfassend möchte ich sagen:
Die gesamte Zielsetzung bedeutete die Eroberung zwecks Kolonisierung der russischen Gebiete, unter deren Ausnutzung und Ausbeutung und mit deren Hilfsmitteln der Krieg im Westen zu Ende geführt werden sollte, mit dem Ziele der endgültigen Aufrichtung der Herrschaft über Europa.