Mittels Computerexperimenten habe ich herausgefunden, dass es in komplexen Systemen eines wichtigen Parameters bedarf, den ich als Abhängigkeitsparameter bezeichne.
Sog. Zellularautomaten sind einfache dynamische, rekursive, Modelle, in denen die Zustände von Zellen auf die Nachbarzellen wirken. Christopher Langton (ein Biologe) und John Horton Conway (Mathematiker) haben übrigens die ersten Zellularautomaten entwickelt und nannte sie "Game of Life".
Das einfachste Modell eines solchen Automaten ist, dass eine Zelle in der nächsten Generation "neu geboren wird", wenn 3 Nachbarzellen auch leben.
Aus den einfachen Regeln entwickeln sich komplexe, teilw. symmetrische, teilw. organische Muster und oszillierende Strukturen, voneinander getrennte Cluster lösen sich bei Berührung auf. Mittlerweile wurden tausende sich selbst erhaltende Strukturen gefunden und auch ein Neumann-Automat, der sich selbst repliziert, also eine Art künstliches Lebewesen oder ein Urmodell des Genoms.
Zurück zu meinem Abhängigkeitsparameter.
Was sagt dieser nun aus?
Man kann die Regeln in einem zellulären Automaten modifizieren, z.B. sagen, dass eine Zelle nur dann neu geboren wird, wenn 4 Nachbarzellen Zellen leben, oder man erweitert den Einflussbereich radialsymmetrisch auf die übernächsten oder noch weit entferntere Zellen.
Was stellt man bei solchen Modifikationen fest?
1. Je mehr man die Einflussbereiche ausweitet, je mehr also eine Zelle nicht mehr nur von den Nachbarzellen, sondern von weit entfernten Zellen abhängt, umso undynamischer wird das System. Alle Zellen sterben nach relativ kurzer Zeit. Das System ist eher ein kurzes Aufflackern, statt ein Prozess sich parallel entwickelnder und befruchtender Cluster.
2. Die Verringerung der Einflussbereiche und Abhängigkeiten ermöglicht dem System einen lebensähnlicheren Verlauf. Strukturen können sich unabhängig voneinander herauskristallisieren, ihren eigenen "Lebenspfad" nehmen und sterben bzw. sich mit anderen Strukturen zu neuen Formen zusammenschließen.
3. Verringert man die Abhängigkeit jedoch noch mehr, friert das System schnell ein. Die Zellen haben gewissermaßen zu wenig Input von aussen, dass sie ihre Zustände in der nächsten Generation erhalten könnten.
Der Abhängigkeitsparameter muss nach meinen Überlegungen auf einem schmalen Grat zwischen Globalität und Isolation liegen, das bedeutet Lokalität.
Nur dadurch kann Lebensähnlichkeit in einem komplexen System entstehen. Ich hoffe, dass jetzt klar ist, worauf es auch und gerade in der menschlichen Gesellschaft ankommt.
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