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Thema: Harte Zeiten

  1. #1
    ... kommt in den Himmel Benutzerbild von logiCopter
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    Standard Harte Zeiten

    Unsere Friedenstauben haben ein schweres Los.
    Immer wieder diese Rückschläge!

    Erst jubelnde, Saddamstatuen umkippende Iraker bei der Einnahme Baghdads,

    darauf der Untergang der deutschen "Friedensmacht"-Partei SPD bei der Europawahl,

    dann anstatt einer geradezu selbstverständlichen Abwahl von Bush ein klarer Wahlsieg des Präsidenten,

    und jetzt auch noch 60% Iraker die trotz Mord und Bombenterror einfach zur Wahl gehen und stur auf ihrem Recht zu Demokratie und Meinungsfreiheit bestehen.

    Die Welt ist schlecht.


    Nun könnte man sagen, geschieht Euch recht, liebe Gutmenschen, wenn man dermassen hysterisch gegen die "Koalition der Willigen" stänkert, ohne auch nur den Hauch einer schlüssigen Alternative zur Bekämpfung des Terrors zu haben, braucht ihr euch nicht wundern.

    Aber wäre das gerecht ?

    "Gerecht" :rolleyes: , da geht das Dilemma ja schon los.

    Was weiß man als Gutmensch denn schon genau ?

    Ist der gemeineTerrorist denn überhaupt schlecht ?
    Oder eher gerecht ?
    Oder schlecht und gerecht ?
    Und wenn ja, geht sowas denn überhaupt ?

    Sind denn nicht eigentlich die Amerikaner die "wahren" Terroristen ?

    Irgendwie sind die Widerständler schon schlecht, zumindest wenn sie Zivilisten die Köpfe abschneiden, aber irgendwo sind sie auch wieder gerecht...ein bißchen...

    Ist Bin Laden denn wirklich böse ? Irgendwie schon, aber irgendwie auch wieder nicht, denn Bush ist ja auf jeden Fall viel viel böser !
    So böse, dass Bin Laden eigentlich schon fast wieder gut ist...aber nur fast.

    Verwirrend ?

    I wo

    Denn Eines weiß ein Gutmensch doch ganz genau: Er selbst ist edel und gut, denn er will das "Gute", sprich den totalen Frieden.

    Mit allen Mitteln !
    (Zur Not muß man eben ordentlich aufrüsten, in Europa, wenn der Friede nicht will)

    Und egal wie und ob der Friede zustandekommt...der WILLE ist entscheidend !

    Und wo der Frieden nicht vorhanden ist wie zB. in Tschetschenien, und auch keine Amerikaner weit und breit da sind zum Schuld zuweisen, da muß man ja nicht hinschauen.

    Eine Schande, alle fallen unseren Pazifisten in den Rücken !
    Selbst die deutsche Regierung enttäuscht auf ganzer Linie: Empfängt Bush, empfängt Allawi, bildet im Irak die Sicherheitskräfte dieser bösen "Marionettenregierung" aus, gratuliert den Irakern zu ihrer ersten demokratischen Wahl
    ...die suchen wohl nach einem diplomatischen, gangbaren Weg zum Frieden...aber so nicht !!

    Den Frieden FORDERT man, fertig !

    Selbst jene Medien, von denen man bisher gewohnt war, dass sie gemeinsam mit den Gutmenschen auf die Amis eindreschen, berichten rotzfrech von der hohen Wahlbeteiligung im Irak.

    Wie soll man da noch in Ruhe zuhause im warmen PC-Sessel auf Kosten des irakischen Volkes sein anti-amerikanisches Süppchen kochen ?

    Es sind harte Zeiten für Gutmenschen.
    Ja, die Welt ist schlecht.
    you dont need a weatherman to know which way the wind blows

  2. #2
    W. Kovacs Benutzerbild von Rorschach
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    Ob sich die Dinge im Irak zum Besseren wenden wird sich erst zeigen müssen; den Irakern wäre es auf jeden Fall zu wünschen.

    Der Rest deines Beitrages wirft den "Gutmenschen" Dinge vor, die aus der Luft gegriffen sind:
    So ist man als Gegner des Irakkrieges nicht automatisch ein Freund von Saddam.
    Wenn man gegen die "Koalition der Willigen" stänkert, dann hatte das v.a. auch damit zu tun, daß der Irak mit dem Kampf gegen den Terror gar nichts zu tun hatte; Beweise für die Terrorgefahr, die vom Irak ausging kannst du aber gerne vorbringen (nur bitte nicht die Sache mit den 20.000$...).
    Wenn der Bush Regierung soviel an Demokratie -und nicht nur an wirtschaflichen Interessen- gelegen ist, wo bleibt dann die Warnung an Saudi Arabien, die Förderung seiner radikalen Religionsauswüchse im Ausland einzustellen? Wieso hat Bush nicht von Anfang seiner ersten Amtszeit an auf so Winzigkeiten gedrängt, wie z.B. daß Frauen in Saudi Arabien wählen dürfen?
    "Quis custodiet ipsos custodes?"

    "If our house be on fire, without inquiring whether it was fired from within or without, we must try to extinguish it." Thomas Jefferson

    "Terrorismus ist der Krieg der Armen, Krieg ist der Terrorismus der Reichen." Sir Peter Ustinov

  3. #3
    ... kommt in den Himmel Benutzerbild von logiCopter
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    Zitat Zitat von Rorschach
    Der Rest deines Beitrages wirft den "Gutmenschen" Dinge vor, die aus der Luft gegriffen sind:
    So ist man als Gegner des Irakkrieges nicht automatisch ein Freund von Saddam.
    So eine Aussage kommt in meinem gesamten Beitrag aber nicht vor, gell?
    Ich mache mich lediglich darüber lustig, dass unsere Gutmenschen, sobald es etwas konkreter wird, keien Schimmer haben, wen oder was sie eigentlich für gut bzw. böse bzw. gerecht bzw. ungerecht halten.
    Ein ziemlich unklares, unbestimmtes, gummiartiges Gewaber von sich widersprechenden, meistens der augenblicklichen Situation angepassten "Moralvorstellungen" tut sich da immer auf.
    Nicht gerade die Art von Leuten, auf die man hören sollte.
    Nur eines weiß man GANZ genau: Bush ist abgrundtief böse !!
    Zitat Zitat von Rorschach
    Wenn man gegen die "Koalition der Willigen" stänkert, dann hatte das v.a. auch damit zu tun, daß der Irak mit dem Kampf gegen den Terror gar nichts zu tun hatte...
    Das sehe ich auch so. Mit dem Kampf gegen den Terror hatte der Irak bestimmt nichts zu tun.
    Die Frage ist eher, ob Saddam etwas für den Terror getan hat.
    Nach seinen vielen Reden gegen den "Satan" USA darf man das ja wenigstens in Erwägung ziehen. Zumindest kann man ausschließen, dass Herr Saddam etwas gegen Terroristen hatte, die den USA ans Leder wollten.
    Aber du hast Recht, ausreichende Beweise gab es keine.
    Zitat Zitat von Rorschach
    Wenn der Bush Regierung soviel an Demokratie -und nicht nur an wirtschaflichen Interessen- gelegen ist, wo bleibt dann die Warnung an Saudi Arabien, die Förderung seiner radikalen Religionsauswüchse im Ausland einzustellen?
    Eine Empfehlung an Saudi Arabien, sein System (auch in religiöser Hinsicht) grundlegend zu reformieren, erging gerade anlässlich Bush's Rede zur Lage der Nation.
    (..kann auch anläßlich seiner zweiten Amtseinfürung gewesen sein)
    you dont need a weatherman to know which way the wind blows

  4. #4
    W. Kovacs Benutzerbild von Rorschach
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    Zitat Zitat von logiCopter
    So eine Aussage kommt in meinem gesamten Beitrag aber nicht vor, gell?
    Nach deiner Aufzählung von 'Errungenschaften' der US Invasion, der Kritik an der USA-Kritik und der seltsamen Relativierung von Terorristen und bin Laden die du den "Gutmenschen" vorwirfst, habe ich in dem Punkt vielleicht zuviel reingelesen.

    Ich mache mich lediglich darüber lustig, dass unsere Gutmenschen, sobald es etwas konkreter wird, keien Schimmer haben, wen oder was sie eigentlich für gut bzw. böse bzw. gerecht bzw. ungerecht halten.
    Ein ziemlich unklares, unbestimmtes, gummiartiges Gewaber von sich widersprechenden, meistens der augenblicklichen Situation angepassten "Moralvorstellungen" tut sich da immer auf.
    Nicht gerade die Art von Leuten, auf die man hören sollte.
    Nur eines weiß man GANZ genau: Bush ist abgrundtief böse !!
    "Bush ist böse" ist natürlich Schwachsinn, genauso wie "Bush ist dumm", denn beides stimmt erstens so nicht (bzw. ist etwas komplizierter ) und hilft v.a. wenig weiter.
    Allerdings sehe ich keinen Widerspruch darin, Bush zu kritisieren und gleichzeitig auch ein Gegner des Terorrismus/Freund der Demokratie zu sein.

    Das sehe ich auch so. Mit dem Kampf gegen den Terror hatte der Irak bestimmt nichts zu tun.
    Die Frage ist eher, ob Saddam etwas für den Terror getan hat.
    Nach seinen vielen Reden gegen den "Satan" USA darf man das ja wenigstens in Erwägung ziehen. Zumindest kann man ausschließen, dass Herr Saddam etwas gegen Terroristen hatte, die den USA ans Leder wollten.
    Aber du hast Recht, ausreichende Beweise gab es keine.
    Diese nicht vorhandenen (nicht ausreichend fände ich schon wieder verharmlosend) Beweise sind aber ein wichtiger Punkt, besonders da es im Fall anderer Länder eben diese Beweise gibt.
    Saddam selber war ein brutaler Diktator und ich trauere ihm nicht nach.
    In den letzten Jahren seiner Herrschaft war er aber nur noch am eigenen Machterhalt interessiert und hatte sogar die Verfolgung seiner Gegner im Inneren schon soweit abgeschlossen, daß er z.Z. der Invasion weniger schlimm war als viele andere Diktatoren; seine größten Verbrechen hat er hingegen unter dem Schutz der USA und anderer Westnationen begangen und alle haben nur aufs Geld geschaut.

    Aus diesen Gründen halte ich den Irakkrieg auch immer noch für einen Fehler und einen Rückschlag im "Kampf gegen den Terror" (eigentlich ein unsäglicher Begriff).

    Eine Empfehlung an Saudi Arabien, sein System (auch in religiöser Hinsicht) grundlegend zu reformieren, erging gerade anlässlich Bush's Rede zur Lage der Nation.
    (..kann auch anläßlich seiner zweiten Amtseinfürung gewesen sein)
    Lage der Nation stimmt schon.
    Imo war das (wie auch die Bemerkung an Ägypten) nicht viel mehr als ein loses Lippenbekenntnis, denn während seiner kompletten ersten Amtszeit habe ich nie harte Worte aus dem WH in Richtung Riad gehört und auch nach dem 11.9. war keine Kritik zu hören, an der saudischen Politik.
    Nicht auszudenken, wenn auch nur eine handvoll der Attentäter aus dem Irak gekommen wären....
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  5. #5
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    Standard Wenn das die harten Zeiten sind, kann ich gut damit leben

    Zitat Zitat von logiCopter
    Erst jubelnde, Saddamstatuen umkippende Iraker bei der Einnahme Baghdads,
    Niemand hat ernsthaft bezweifelt, dass die Iraker über den Sturz Saddams jubeln werden. Die Frage war vielmehr, ob der Weg der richtige war und was nach dem Sturz geschieht.
    darauf der Untergang der deutschen "Friedensmacht"-Partei SPD bei der Europawahl,
    Auch damit kann ich sehr gut leben. Zum einen kann ich die SPD, die den Bosnien-Einsatz zu verantworten hat, nicht als "Friedensmacht" bezeichnen, zum anderen geht es in der Politik auch nicht nur darum sondern z.B. auch um HartzIV.
    dann anstatt einer geradezu selbstverständlichen Abwahl von Bush ein klarer Wahlsieg des Präsidenten,
    Das ist wirklich ärgerlich. Vor allem aber für die US-Amerikaner.
    und jetzt auch noch 60% Iraker die trotz Mord und Bombenterror einfach zur Wahl gehen und stur auf ihrem Recht zu Demokratie und Meinungsfreiheit bestehen.
    Das ist doch eine gute Nachricht, allerdings nur teilweise. Die Sunniten sind kaum zur Wahl gegangen und daher ist dies allenfalls ein Teilerfolg.
    Nun könnte man sagen, geschieht Euch recht, liebe Gutmenschen, wenn man dermassen hysterisch gegen die "Koalition der Willigen" stänkert, ohne auch nur den Hauch einer schlüssigen Alternative zur Bekämpfung des Terrors zu haben, braucht ihr euch nicht wundern.
    Das Gegenteil ist richtig. Die Linken sind die einzigen, die ein Konzept zur Bekämpfung des Terrors haben. Bush hat sie nicht. Bush interessiert sich ja nicht einmal dafür.
    Ist der gemeineTerrorist denn überhaupt schlecht ?
    Oder eher gerecht ?
    Oder schlecht und gerecht ?
    Und wenn ja, geht sowas denn überhaupt ?
    Der gemeine Terrorist tut wie Bush oder jeder Mensch das, was er meint tun zu müssen. Schlecht und gerecht ist irrelevant. Die Frage ist: warum tut er das? Finden wir es gut, dass er das tut? Wenn nein (was beim Terroristen natürlich der Fall ist), was können wir tun, dass er dies nicht tut.
    Sind denn nicht eigentlich die Amerikaner die "wahren" Terroristen ?
    Nein. Dies trifft nur für die Bush-Administration zu.
    Irgendwie sind die Widerständler schon schlecht, zumindest wenn sie Zivilisten die Köpfe abschneiden, aber irgendwo sind sie auch wieder gerecht...ein bißchen...
    Nein, gerecht ist niemand, der Zivilisten tötet.
    Ist Bin Laden denn wirklich böse ? Irgendwie schon, aber irgendwie auch wieder nicht, denn Bush ist ja auf jeden Fall viel viel böser !
    So böse, dass Bin Laden eigentlich schon fast wieder gut ist...aber nur fast.
    Nein, Bin Laden ist natürlich nicht weniger böser als Bush. Aber das ist doch irrelevant. Auf die gut und böse Kategorien kommt es doch überhaupt nicht an.

  6. #6
    Foren-Veteran Benutzerbild von Gothaur
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    Standard Nicht ganz uninteressant dürfte folgender Artikel

    zu diesem Thema sein. Er beleuchtet die Auswirkungen der "Domkratie" in der Sicht islamischer Staaten.
    Der arabische Zirkel
    US-Präsident Bush sieht nach der Wahl im Irak ein neues Zeitalter der Demokratie heraufdämmern. Doch der Erfolg des Projekts setzt vor allem eines voraus: mehr Sicherheit. Bei den Nachbarn ist das Echo auf den Urnengang gemischt - nur wenige Länder dürften dem Beispiel Bagdads folgen.
    Alle seine Nachbarn zur Rechten haben die Wahl boykottiert. Die ganze Straße hinunter bis zur Adhamija-Moschee im Herzen des sunnitischen Bagdad: Kein Mensch ist an diesem Sonntag vor der Tür. Genau das hatte er vorausgesagt, genau das hatte er seinen Anhängern empfohlen.
    Doch auch links der Tigris-Villa von Dr. Wamid Nadhmi ist das Viertel überwiegend von Sunniten bewohnt. Und je länger der Wahltag sich hinzog, desto ungläubiger staunte der Parteichef der "Nationalen Arabischen Bewegung" beim Blick über den Gartenzaun: Die Leute gingen tatsächlich zur Wahl. Bei weitem nicht alle, doch immer mehr, je näher der Abend kam.
    Ein Wahlergebnis lag bis zum vergangenen Donnerstag nicht vor, doch eines stand bereits vier Tage nach dem Urnengang fest: Etwa acht Millionen Iraker haben von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht, rund 60 Prozent der Wahlberechtigten, die meisten im kurdischen Norden und im schiitischen Süden des Landes. Die Beteiligung im sunnitischen Zentral-Irak liegt beträchtlich darunter, doch der befürchtete Total-Boykott ist auch dort ausgeblieben. "Es gibt keine Stadt, aus der wir überhaupt kein Ergebnis haben", stellte Farid Ajar, Sprecher der Wahlkommission, fest.
    Den Sunniten Nadhmi hat die hohe Wahlbeteiligung doppelt überrascht - als Wissenschaftler wie als Politiker. Der ehemalige Politikprofessor an der Universität Bagdad, schon unter Saddam ein kritischer Geist, führt eine Bewegung irakischer Panarabisten an. Zusammen mit sieben anderen überwiegend sunnitischen Parteiführern hatte er im November zum Boykott aufgerufen und bei Uno-Generalsekretär Kofi Annan für einen Aufschub der Wahl plädiert.
    Die Realität hat ihn überholt. "Weite Teile der Gesellschaft haben dieses Angebot angenommen", räumt Nadhmi heute ein. "Wir können sie nicht alle als Imperialisten abstempeln."
    Auf genau diesen Effekt hatten die Amerikaner gehofft. US-Präsident George W. Bush, der die Wahlen mit seiner Frau im Fernsehen verfolgte, feierte die erste gute Nachricht aus Bagdad seit Saddam Husseins Festnahme mit großen Worten: "Das irakische Volk hat zur Welt gesprochen, und die Welt hört die Stimme der Freiheit aus dem Zentrum des Nahen Ostens."
    Am Morgen darauf konnte Bush es sich nicht verkneifen, zwei der hartnäckigsten Gegner des Irak-Kriegs anzurufen - erst Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac, danach Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die beiden, so schlug Bush vor, sollen nun nach der Wahl verstärkt bei der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte helfen.
    Bush, der glaubt, erst die Geschichte werde angemessen und gerecht über seine Präsidentschaft urteilen, fühlt sich bestätigt: Wahlen in Afghanistan, Wahlen in Palästina, nun die Wahlen im Irak - der demokratische Umbruch im Nahen Osten scheint eine Frage der Zeit. Den Menschen die Freiheit zu bringen, hat er gesagt, sei "Teil meiner Präsidenten-Gene".
    Weitere Kriege, so lässt er gnädig verlauten, seien vorläufig nicht geplant, das Virus der Demokratie solle Arabiens Diktaturen ganz von allein zersetzen. In seiner Rede an die Nation mahnte Bush vor dem Kongress Mittwochabend auch bei den US-Verbündeten Ägypten und Saudi-Arabien demokratische Reformen an. Syrien und Iran geißelte der Präsident als Terrorpaten.
    Allzu laut, so dämmert der Bush-Regierung, darf ihr Jubel nach der Wahl im Irak auch wieder nicht sein. Der Krieg ist in Amerika unpopulär, der Druck, zumindest Teile der 150.000-Mann-Streitmacht aus dem Irak abzuziehen, wächst täglich, selbst Parteifreunde verlangen zunehmend nach einer schlüssigen Rückzugsstrategie.
    Doch dieses Ziel, auf das unabhängig vom Wahlausgang auch die neue irakische Regierung drängen wird, ist noch lange nicht in Sicht. Amerikanische Militärs halten höchstens ein paar tausend Mann der irakischen Sicherheitskräfte für zuverlässig; ohne US-Truppen und die Unterstützung von Kampfbombern haben sie bisher kein einziges Gefecht gegen die Aufständischen gewinnen können.
    Auch dass Amerikas Masterplan aufgeht und die halb oder undemokratischen Regime des Nahen Ostens nun wie Kartenhäuser einstürzen könnten, ist eher eine voreilige Hoffnung. Washington habe die Macht, die Figuren auf dem politischen Schachbrett in Nahost zu verschieben, gab der US-Politologe Shibley Telhami vorige Woche zu bedenken: "Aber wir haben nicht die Macht sicherzustellen, wie sie dann fallen."
    Nach Saddams ruhmlosem Ende vor zwei Jahren hatte sich durchaus Verunsicherung breit gemacht unter den Präsidenten und Monarchen der arabischen Welt. Der Terror und die Gesetzlosigkeit, die im Zweistromland dann folgten, gaben jedoch den Skeptikern recht. Das Echo der Irak-Wahl dürfte also gemischt ausfallen. Einerseits hat der Urnengang den Druck für demokratische Reformen erhöht, gleichzeitig aber die herkömmliche Legitimation der Regime bestärkt, mit harter Hand für Ruhe und Stabilität zu sorgen.
    Fast alle Regierungen von Marokko bis Oman - die Arabische Liga eingeschlossen - haben sich in Lippenbekenntnissen für die Wahl im Irak ausgesprochen; keine dieser Regierungen freilich lässt ähnlich offene Abstimmungen im eigenen Land zu. Zwar finden in immerhin fünf Ländern der Region 2005 Wahlen statt. Doch nur der Ausgang der Parlamentswahl in Palästina und womöglich auch der Präsidentschaftswahl in Iran ist so offen wie der Urnengang im Irak.
    In Saudi-Arabien werden von kommender Woche an die Hälfte der Gemeinderäte gewählt; Frauen sind weder als Wählerinnen noch als Kandidatinnen zugelassen. Im Libanon finden Parlamentswahlen statt, doch am versteinerten Proporzsystem, das die Machtverhältnisse an der Levante seit 1943 regelt, wird das nichts ändern.
    In Ägypten, so hat er kürzlich in einem Fernsehinterview angedeutet, spielt Staatspräsident Husni Mubarak mit dem Gedanken, sich im Oktober um eine fünfte Amtszeit zu bewerben - die Bevölkerung hat nur die Wahl, ja oder nein zu sagen. Ein seriöser Gegenkandidat ist nicht zu erwarten; den Oppositionspolitiker Aiman Nur nahm die Polizei vergangenes Wochenende fest. "Das war eine Botschaft an alle Parteien, die gegen die Regierung sind", warnte dessen Ehefrau.
    Das Hauptargument gegen eine durchgreifende Demokratisierung ist so einleuchtend wie lähmend: "Das irakische Modell geht in keinem arabischen Staat auf", sagt Ghassan Tuweini, Politologe und Herausgeber der Beiruter Tageszeitung "al-Nahar". Die meisten arabischen Gesellschaften seien ethnisch wie religiös vom Zerfall bedroht. "Jeder wird genau wie im Irak sein eigenes Volk, seinen Stamm oder seine Konfession wählen. Das zerreißt den Staat und führt zu Gewalt und Bürgerkrieg."
    Sein Befund, so Tuweini, treffe nicht nur auf den Libanon zu, wo in 15 Jahren Bürgerkrieg zwischen Sunniten, Schiiten, Drusen und Christen mehr als 150.000 Menschen ums Leben kamen - sondern ebenso auf die schiitischen Bevölkerungsanteile im sunnitisch regierten Bahrein und in Saudi-Arabien, auf die koptische Minderheit in Ägypten, die Alawiten in Syrien, die Palästinenser in Jordanien und die Berber im Maghreb.
    "Frankreich war vor 200 Jahren reifer für die Demokratie, als es die arabischen Staaten heute sind", sagt Tuweini. Es ist der arabische Zirkelschluss, mit dem die Machthaber seit Jahrzehnten ihre Herrschaft begründen: Demokratie ist etwas Gutes, doch das Volk verträgt sie nicht. Also belassen wir es beim Status quo.
    Die Fernsehbilder von jubelnden und tanzenden Wählern im Irak haben Eindruck gemacht in Ägypten, Jordanien, in Syrien und am Golf - doch der Preis der Freiheit scheint auch vielen in der Bevölkerung zu hoch: Eine Mehrheit der Araber ist der Ansicht, den Irakern sei es unter Saddam besser ergangen als unter amerikanischer Besatzung. Das ergab eine Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Zogby International unter 3500 Bürgern in sechs Ländern der Region.
    Der Erfolg der Wahlen hängt davon ab, ob sie Stabilität schaffen - in Bagdad, im Sunnitendreieck und jenseits der Grenzen.
    Zumindest drei von Iraks Nachbarstaaten sehen tiefskeptisch in die Zukunft. In Kuweit, das sich wie kein anderes arabisches Land für die US-Operation im Irak ausgesprochen hatte, häufen sich seit Monaten die Angriffe islamistischer Extremisten; bei einer Schießerei Anfang dieser Woche kamen sechs Menschen ums Leben. Das kleine Golf-Emirat braucht Saddam nicht mehr zu fürchten, doch es leidet zunehmend unter dem Terror-Magneten Irak.
    Syrien, das aus Washington und Bagdad beschuldigt wird, führende Köpfe des Saddam-Regimes zu beherbergen und damit den Aufstand im Irak zu decken, sieht offenbar ebenfalls stürmische Zeiten kommen. In einem Schritt, der weithin Verwunderung auslöste, stattete Staatspräsident Baschar al-Assad Ende Januar Russland einen Besuch ab, dem alten Bündnisgenossen seines 2000 verstorbenen Vaters Hafis, eines klassischen arabischen Autokraten. Israel spekuliert, der Erzfeind im Norden wolle russische Kurzstreckenraketen kaufen. Russen wie Syrer dementierten, bestätigten aber eine Intensivierung ihrer "traditionellen Militärzusammenarbeit"; Moskau erließ Damaskus zudem einen Teil seiner Schulden.
    Am deutlichsten hat sich die Türkei über die Entwicklung im Irak ausgesprochen, und Ankaras Vorstoß zielt direkt auf das Ergebnis der Wahlen. Iraks Kurden, so der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, seien dabei, die Mehrheitsverhältnisse in der ölreichen Vielvölker-Provinz Kirkuk zu verändern - zu ihren Gunsten und zum Nachteil der dort lebenden Turkmenen und Araber. Tatsächlich hat das kurdische Wahlbündnis mit voraussichtlich 70 Prozent die absolute Mehrheit in Kirkuk erreicht. "Manche schauen einfach weg, während dort eine Massenwanderung stattfindet", wurden die Amerikaner von Erdogan kritisiert, der diese Entwicklung, ja einen möglichen Separatstaat angesichts der rund 13 Millionen Kurden im eigenen Land für höchst gefährlich hält.
    Die Wahlen in Kirkuk, so schrieb Außenminister Abdullah Gül an Uno-Generalsekretär Kofi Annan, stünden "in Widerspruch zu internationalem Recht". Einer türkischen Zeitung versicherte er, Ankara habe zwar keine Gebietsansprüche im Nordirak, "doch manchmal zwingen einen die Verhältnisse, gewisse Dinge zu tun, auch wenn man das eigentlich nicht will". Es ist lange her, dass Ankara einem Nachbarn so offen mit Krieg gedroht hat. Angeblich existieren bereits seit Monaten Pläne türkischer Militärs für eine 20 000 Mann starke Invasion im Norden des Irak.
    Die Türken haben es in Bagdad nun allerdings mit einer gewählten Regierung zu tun, und die Rückkehr der von Saddam aus Kirkuk vertriebenen Kurden ist ein in der irakischen Übergangsverfassung festgeschriebenes Recht. Jahrelang waren die Leiden der Kurden von den Amerikanern als Grund für die Militärintervention im Irak bemüht worden; sich nun als Störenfriede im föderalen Irak denunzieren zu lassen ist für die Kurden inakzeptabel.
    Washington, auf dessen Beistand Ankara hoffen mag, kann den Türken nicht entgegenkommen, will es seine Glaubwürdigkeit als Förderer der Demokratie nicht aufs Spiel setzen.
    Für die Kurden indes stellt sich die Frage, ob die neugewählte Regierung die Abmachungen aus der Besatzungszeit einhält und auch wirklich im neu zu schreibenden Grundgesetz verankert.
    Denn auf beide Kurdenparteien im Nordirak wächst der Druck der Straße. Es mehrt sich die Kritik an den eigenen Politikern; parallel zu den Wahlen ließ die unabhängige "Kurdistan-Referendum-Bewegung" über den Wunsch nach Unabhängigkeit abstimmen.
    "Das kurdische Volk hat ein Recht auf einen eigenen Staat", bekannte Kurdenführer Massud Barsani. Sein Gefolgsmann Hoschjar Sebari, Außenminister der irakischen Übergangsregierung, hingegen setzt auf eine gemeinsame Zukunft mit Bagdad: "Die kurdischen Führer haben ganz klar gemacht, dass wir einen geeinten, föderalen und pluralistischen Irak wollen."
    CAROLIN EMCKE, GEORG MASCOLO, VOLKHARD WINDFUHR, BERNHARD ZAND
    Spiegel-online, 06.02.05
    Gothaur
    Islam --> Jihad --> Islamisten Terror
    Ueberzeugung --> Konzept --> Implementierung.
    Bergauf und gegen den Wind, formen den Charakter.
    Hurra, wir verblöden, für uns bezahlt der Staat!

  7. #7
    Leyla
    Gast

    Standard

    @logiCopter
    Warum müssen die Befürworter des sogenannten "Anti-Terror-Krieges" immer ihr erbärmliches Schwarz-Weiß-Denken und ihre Kulturkampf-Ideologie auf Andere übertragen?

    Wer nicht eurer Meinung ist, ist entweder für die Bösen oder er hat kein Alternativkonzept (zu einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, wohlgemerkt) und soll deshalb die Fresse halten.

    Was wollt ihr mit diesem Gesinnungs-Terror eigentlich erreichen?

  8. #8
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    869

    Standard

    Warum müssen die Befürworter des sogenannten "Anti-Terror-Krieges" immer ihr erbärmliches Schwarz-Weiß-Denken und ihre Kulturkampf-Ideologie auf Andere übertragen?
    Es gibt nur schwarz-weiss. So einfach ist das.

    Wer nicht eurer Meinung ist, ist entweder für die Bösen oder er hat kein Alternativkonzept (zu einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, wohlgemerkt) und soll deshalb die Fresse halten
    Besonders wenn die Praemisse schon nicht stimmt.


    Was wollt ihr mit diesem Gesinnungs-Terror eigentlich erreichen?
    Fuer jemanden, der sich stolz Atheistin nennt und mit Spruechen wie "Radikal heisst an der Wurzel" wirbt, der muesste sich diese Frage eigentlich selbst stellen.

  9. #9
    Mitglied Benutzerbild von Crystal
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    Zitat Zitat von Leyla
    Wer nicht eurer Meinung ist, ist entweder für die Bösen oder er hat kein Alternativkonzept (zu einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, wohlgemerkt) und soll deshalb die Fresse halten.
    Habe zu Ihrer Bemerkung gerade in einem anderen Forum folgende interessante Frage gelesen:
    Wenn Condoleeza Rice eine "Kriegshetzerin" ist, wie du schreibst, dann würde ich gerne mal deine Meinung zu den "Kriegshetzern" unserer rot-grünen Regierung erfahren.
    Falls es dir entgangen sein sollte, waren es diese, die maßgeblich zu einem völkerrechtswidrigen Krieg auf dem Balkan beigetragen haben.

    Wie ist denn Ihre Meinung hierzu?

  10. #10
    Leyla
    Gast

    Standard

    Zitat Zitat von Crystal
    Habe zu Ihrer Bemerkung gerade in einem anderen Forum folgende interessante Frage gelesen:
    Wenn Condoleeza Rice eine "Kriegshetzerin" ist, wie du schreibst, dann würde ich gerne mal deine Meinung zu den "Kriegshetzern" unserer rot-grünen Regierung erfahren.
    Falls es dir entgangen sein sollte, waren es diese, die maßgeblich zu einem völkerrechtswidrigen Krieg auf dem Balkan beigetragen haben.

    Wie ist denn Ihre Meinung hierzu?
    Ich gehöre zu den wenigen deutschen Linken, die sowohl gegen den Kosovo-Krieg als auch gegen den Irak-Krieg auf die Straße gegangen sind.

    Der Kosovo-Krieg war nicht weniger auf Lügen aufgebaut, wurde uns hier aber besser verkauft, weil die Bundesregierung dabei treibende Kraft war.

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