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Thema: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

  1. #11
    Mitglied Benutzerbild von Rowlf
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    60% der Verfassungsrichter haben ein Parteibuch, davon jeder Präsident des Verfassungsgerichts.
    ...Hast du Ideen, oder haben Ideen dich?...

    Linksfraktion und Feminist


  2. #12
    leicht irr, aber nett
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Hallo Mütterchen, ich bin kein Jurist, möchte aber trotzdem mal versuchen, auf die Frage einzugehen.

    Seit Montesquieu (Link: [Links nur für registrierte Nutzer]) gilt der Grundsatz der Gewaltenteilung.

    Wiki-Zitat von dort:
    Zentrales Prinzip ist für Montesquieu hierbei die Trennung der Rechtsprechung ([Links nur für registrierte Nutzer]) von der Gesetzgebung ([Links nur für registrierte Nutzer]), sodann die Heraussonderung der ausführenden Gewalt ([Links nur für registrierte Nutzer]), was auf die spätere „[Links nur für registrierte Nutzer]“ hinlenkt - einen Begriff, der als solcher in dem Werk allerdings noch nicht vorkommt.
    Für einen Rechtsstatt ist das unverzichtbar: Wenn eine Richterin / ein Richter bzw. bei höheren Gerichten das Kollegium ein Urteil spricht, dann ist sie oder er bzw. die richtenden Personen nur und wirklich nur dem Gesetz unterworfen. Es darf gar keine politische Einflußnahme stattfinden. Das würde die Grundfesten des Rechtsstaates erschüttern.

    Ich weiß also auch nicht genau, was der OLG-Präsident konkret gemeint hat. Er bezieht sich ausdrücklich auf die Gerichte.
    Es mag nämlich durchaus vorkommen, daß in bestimmten Prozessen auf die Staatsanwaltschaft eingewirkt wird, so oder so vorzugehen. Nach meinem Wissen hat z.B. der Generalstaatsanwalt ein Weisungsrecht. Man beachte hier auch die Ablösung der Staatsanwältin Monika Lichtinghagen im Zumwinkel-Prozeß.
    Aber auch dieses Weisungsrecht muß streng im Rahmen des Ermessens vorgenommen werden. Es darf nicht dazu führen, daß Personen willkürlich angeklagt werden.

    Die Weisungsbefugnis gegenüber Staatsanwälten darf auf gar keinen Fall Auswirkungen haben auf die Richter.
    Stark vereinfacht gesagt, könnte man formulieren: Der Staatsanwalt dient der Strafverfolgung vor Gericht, er ist sozusagen die Fortsetzung des Polizeibeamten auf der Ebene des Gerichtes, demnach eher Teil der Exekutive.

    Der Richter / die Richterin aber sind die Dritte gewalt, die Judikative. Sie darf niemals beeinflusst werden. Ein abschreckendes Beispiel aus Rußland wäre der Chodorkowskij-Prozeß, wo nach Medienberichten die Richterin einfach die Anklage der Staatsanwaltschaft nochmals vorgelesen haben soll.

    Der OLG-Präsident hätte einen konkreten Fall anführen sollen.

    EDIT: Korrektur: Die Staatsanwältin heißt Margrit Lichtinghagen.
    Link: [Links nur für registrierte Nutzer]
    Geändert von Don Pacifico (04.02.2009 um 16:23 Uhr) Grund: Tippfehler; Edit eingefügt
    Fraktion Demokratische Rechte


  3. #13
    leicht irr, aber nett
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Rowlf Beitrag anzeigen
    60% der Verfassungsrichter haben ein Parteibuch, davon jeder Präsident des Verfassungsgerichts.

    Meinen Post von eben darf ich noch ergänzen: Die Verfassungsgerichtsbarkeit ist ein eigenes Kapitel, weil sie von Amts wegen Fragen aufgreifen muß, welche politische Auswirkungen haben.
    Verfassungsrichter werden nach Parteienproporz ausgewählt. Das könnte manchmal zum Problem werden, betrifft aber meines Erachtens eher die Weltanschauung der Richter und weniger den Vorgang der Urteilsfindung.

    Vorsichtshalber wähle ich ein Beispiel aus den USA: Bush hat zielstrebig konservative Richter benannt. Man erhofft sich davon folgendes: Falls eines Tages der grundsätzliche Abtreibungs-Freigabe-Beschluß in den Vereinigten Staaten (die sogenante Roe-vs.-Wade-Entscheidung) jemals revidiert werden sollte, würde eine konservative Richtermehrheit den Ausschlag geben. (Link: [Links nur für registrierte Nutzer] )

    Ich meine, bei Gerichtsentscheidungen hierzulande stehen eher die rechtstechnischen Fragen im Vordergrund und weniger das Bestreben, einer bestimmten Anschauung zum Sieg zu verhelfen.
    Oder anders formukliert: Hier in D haben wir nicht so sehr die "culture wars" wie in den USA.
    Geändert von Don Pacifico (04.02.2009 um 16:18 Uhr) Grund: Link eingefügt
    Fraktion Demokratische Rechte


  4. #14
    AfD, was denn sonst ?! Benutzerbild von Bruddler
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Mütterchen Beitrag anzeigen
    Ach, ich bin ja froh, dass eine Reaktion auf meinen Beitrag kommt.
    Also Dankeschön erst einmal für die Antworten.

    Vielleicht kann mir jemand - anhand eines konkreten Beispiels -verdeutlichen, wie das jetzt wirklich möglich sein soll, dass die Unabhängigkeit der Gerichte eingeschränkt wird?
    Es gab vor einigen Jahren folgenden Fall:
    Ein Mann aus dem Allgäu nannte den Michel Friedman einen Zigeunerjuden.
    Der Richter sah darin keine Beleidigung, da Michel Friedman sowohl Zigeuner als auch Jude ist.
    Aber dann:
    Die damalige Justizministerin Hertha Däubler-Gmelin (SPD) zeigte sich empört über diesen Freispruch...
    Letztendlich wurde dieser Allgäuer doch noch seiner gerechten Strafe (hohe Geldstrafe) zugeführt...

    P.S. Es ist nicht bekannt, dass sich Hertha Däubler-Gmelin auch bei einem laschen Urteil für Kinderschänder empört gezeigt hat....
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  5. #15
    Admiral v. Tirpitz Benutzerbild von Freiherr
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Paul Felz Beitrag anzeigen
    Von wo denn sonst? Von unten?

    Das heißt demnächst über den Urteilen:

    "IM NAMEN DES KAISERS"

    oder so.
    Nun, mein lieber Paul. Im Gegensatz zur BRD war das Deutsche Kaiserreich ein Rechtsstaat mit Vorbildcharakter, den sich selbst der Kaiser unterordnete und zu erhalten gedachte.
    Solange wir das Volk mit dem schwächsten Nationalgefühl sind, das jeden Länderraub oder sonstige Schmach, die uns angetan wird, mit Versöhnungsreden erwidert, damit straflos macht und zu neuem Raub einlädt, solange wir ohne den erforderlichen Nationalstolz den Sitten und Formen anderer Völker nachlaufen und solange uns das Bekämpfen anderer Deutscher wichtiger ist als das Zusammenhalten gegen außen, solange kann Deutschland nur sinken, nicht gesunden. - Großadmiral Alfred v. Tirpitz, 1919

  6. #16
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Rowlf Beitrag anzeigen
    60% der Verfassungsrichter haben ein Parteibuch, davon jeder Präsident des Verfassungsgerichts.
    Das kann nicht sein. Wir sind ein moderner Staat mit Gewaltenteilung.
    Das macht eine Demokratie doch aus!
    Solange wir das Volk mit dem schwächsten Nationalgefühl sind, das jeden Länderraub oder sonstige Schmach, die uns angetan wird, mit Versöhnungsreden erwidert, damit straflos macht und zu neuem Raub einlädt, solange wir ohne den erforderlichen Nationalstolz den Sitten und Formen anderer Völker nachlaufen und solange uns das Bekämpfen anderer Deutscher wichtiger ist als das Zusammenhalten gegen außen, solange kann Deutschland nur sinken, nicht gesunden. - Großadmiral Alfred v. Tirpitz, 1919

  7. #17
    ehem. Paul Felz Benutzerbild von Paul Felz
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Mütterchen Beitrag anzeigen
    Ja, ok, die Frage war blöd gestellt.
    Aber ich kenne mich nicht aus mit Justizministerium und Gerichten. Ich habe Probleme, den Artikel zu verstehen - Schande über mich, aber so ist es.

    Da steht:
    In manchen Ländern gibt es Tendenzen, die dritte Gewalt immer mehr an die kurze Leine zu nehmen und sie zu einer Unterabteilung des Justizministeriums zu machen"..

    Aber wenn ich die Seite des Justizministeriums von Rheinland-Pfalz aufrufe,

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    da stehen die Gerichte dabei - als Unterabteilungen.
    Das mit den Unterabteilungen habe ich nicht gefunden.

    Es geht darum, daß z.B. der Justizminister den Richtern keine Weisungen erteilen darf. In Form von Gesetzen natürlich schon. Also wenn zum Beispiel Mord legalisiert würde, müßten sich die Richter daran halten.

  8. #18
    ehem. Paul Felz Benutzerbild von Paul Felz
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Freiherr Beitrag anzeigen
    Nun, mein lieber Paul. Im Gegensatz zur BRD war das Deutsche Kaiserreich ein Rechtsstaat mit Vorbildcharakter, den sich selbst der Kaiser unterordnete und zu erhalten gedachte.
    Deswegen habe ich ja das "oder so" darunter geschrieben. "IM NAMEN DES MERKELS" wäre zu auffällig

  9. #19
    Mitglied Benutzerbild von Rowlf
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Freiherr Beitrag anzeigen
    Das kann nicht sein. Wir sind ein moderner Staat mit Gewaltenteilung.
    Das macht eine Demokratie doch aus!
    Ich hab da sogar genaue Zahlen (Quelle: Wolfang Rudzio - Das politische System der Bundesrepublik Deutschland)

    von 1975-2000 waren ca. 32% der Richter des Bundesverfassungsgerichts von der CDU, 34% von der SPD und 5% von der FDP.

    Macht zusammen ungefähr 70% Richter mit Parteibuch. Von den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts wie gesagt 100%.

    Wir haben im übrigen keine Gewaltteiliung im idealistischen Sinne, sondern eine Gewaltenverschränkung aller erster Güte.

    70% der beschlossenen Gesetze sind Initiativen der Regierung (Exekutive), die damit eine Aufgabe übernimmt, die eigentlich dem Parlament als Legislative zufallen sollte. Auch sind die Mitglieder der Regierung in den meisten Fällen auch noch Teil des Bundestages, also wieder der Legislative. Noch schlimmer in dieser Richtung sieht es in der EU-Administration aus, aber das ist hier nicht das Thema.
    ...Hast du Ideen, oder haben Ideen dich?...

    Linksfraktion und Feminist


  10. #20
    leicht irr, aber nett
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    Standard AW: Unabhängigkeit deutscher Gerichte in Gefahr?

    Zitat Zitat von Rowlf Beitrag anzeigen
    ....

    Wir haben im übrigen keine Gewaltteiliung im idealistischen Sinne, sondern eine Gewaltenverschränkung aller erster Güte.

    70% der beschlossenen Gesetze sind Initiativen der Regierung (Exekutive), die damit eine Aufgabe übernimmt, die eigentlich dem Parlament als Legislative zufallen sollte. Auch sind die Mitglieder der Regierung in den meisten Fällen auch noch Teil des Bundestages, also wieder der Legislative. Noch schlimmer in dieser Richtung sieht es in der EU-Administration aus, aber das ist hier nicht das Thema.
    Zwar geht es hier - wie du selbst im letzten Satz andeutest - nur um die Unabhängigkeit der Judikative, aber dennoch macht es Sinn, auch die anderen Gewalten zu bedenken:

    Du hast im Grunde schon recht. Es wird ja auch davon gesprochen, daß der moderne Staat zu einer Parteiendiktatur verkomme, weil alle Initiativen von den Parteien und den Lobbyisten um sie herum ausgehe.

    Nur: Wie soll es eigentlich anders gehen? Irgendeiner muß ja die Initiative ergreifen. Solange es immerhin so läuft, daß die Regierung (also die Exekutive) Gesetze einbringt, diese aber von einer Legislative erlassen werden, wobei die Anzahl der Abgeordneten der Regierungsspartei bzw. der Regierungskoalition immer noch größer ist als die Schnittmenge "Kabinettsmitglied UND Abgeordnete/r", kann man das ja eigentlich noch verschmerzen, nicht wahr?

    Ein etwas konstruiertes Beispiel: Angenommen, ein Kleinstaat hat ein Parlament mit nur 100 Abgeordneten, aber aus irgendeinem Grunde eine Regierung mit 51 Kabinettsmitgliedern, die alle Abgeordnete derselben Partei sind. Wenn die einstimmig ihre Gesetze durchpeitschen, dann wäre das eine unzulässige Vermischung von Exekutive und Legislative.
    Geändert von Don Pacifico (04.02.2009 um 19:35 Uhr) Grund: Tippfehler
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