Ich halte Hannah Arendts Abhandlung zum Antisemitismus zu den klügsten Schriften, die zu diesem Thema geschrieben wurden.
Sie ist enthalten in Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft enthalten und umfasst ca. zweihundert Seiten.
Eine Kostprobe aus dem Vorwort von 1967:
S.19 EuUtHDas Judentum, behaupteten damals vor allen jüdische Historiker, habe sich vor allen immer dadurch ausgezeichnet, daß es für Toleranz und Gleichheit eintrat.
Daß diese selbstbetrügerische Theorie, einhergehend mit dem Glauben das jüdische Volk sei immer das passive leidende Objekt christlicher Verfolgung gewesen, in Wirklichkeit darauf hinauslief, an dem alten Mythos vom auserwählten Volk, in modernisierter Form, festzuhalten, und zwangsläufig zu einer neuen und oft sehr komplizierten Form der Absonderung führte, ist vielleicht eine jener ironischen Konsequenzen, denen anscheinend nicht entgehen kann, wer politische Fakten und historische Dokumente zu verschönern und zu manipulieren versucht.
Wie wir sehen, räumt Hannah Arendt schon im Vorwort Mythen zum Judentum auf.
Vieles, was heute hinsichtlich des Antisemitismus als Dogma gilt oder gar in Schulbüchern steht, wird bei Arendt eben als Verschönerung und Manipulation von "politischen Fakten und historischen Dokumenten" entlarvt.