+ Auf Thema antworten
Seite 6 von 11 ErsteErste ... 2 3 4 5 6 7 8 9 10 ... LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 51 bis 60 von 102

Thema: Eigene Gedichte

  1. #51
    Einst war es schlimmer Benutzerbild von ragnaroek
    Registriert seit
    26.06.2011
    Beiträge
    2.424

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Zitat Zitat von König Beitrag anzeigen
    Mit Verlaub,
    Zu hängen meinen Schweif
    In eine Lustgrotte,
    Dessen bin ich nicht reif,
    Wenngleich auch ganz flotte
    Ich schnaub.

    Weder Schwarzes noch Lichtes
    Scheint auf meine Kuppe.
    Die Werke Johann Gottlieb Fichtes
    Sind mir auffallend schnuppe.

    Nur ein großes Nichts zieht mich aus;
    An zieht mich alles andere dann.
    Ich will und kann doch nicht heraus,
    Denn ich bin und bleib ein geiler Mann.

    Gemeinsam
    Zu oft mag dies wohl einem Manne geschehen
    Wie geil er doch ist, scheint keiner zu sehen
    Doch lasst Euch berichten aus eigener Zeit
    War selbst ahnungslos und noch nicht bereit
    Habe stets nur nach Äußerlichkeiten geschaut
    mir selbst so die Wege zum Glück hin verbaut
    Gelingt es euch erst Ihrer Herz zu spüren
    Wird Freude daran Euch bald selbst verführen
    Fangt morgen am besten gleich damit an
    Bei weniger Schönen man leicht üben kann
    Vielleicht werdet Ihr dann endlich verstehen
    Das Schönheit und Kälte gemeinsam meist gehen

    siehste Extra für Dich Perversling
    «Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat.» (Will Durant) -- U.a. im Vorspann von Apocalypto verwendet --

  2. #52
    Mitglied
    Registriert seit
    22.09.2009
    Beiträge
    1.895

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Von Rainer Maria Rilke:

    Der [Deutsche]
    Im [Staate BRD]

    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
    so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
    Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
    und hinter tausend Stäben keine Welt.

    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
    ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
    in der betäubt ein großer Wille steht.

    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
    sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
    geht durch der Glieder angespannte Stille –
    und hört im Herzen auf zu sein.

  3. #53
    Einst war es schlimmer Benutzerbild von ragnaroek
    Registriert seit
    26.06.2011
    Beiträge
    2.424

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Zitat Zitat von König Beitrag anzeigen
    Von Rainer Maria Rilke:

    Der [Deutsche]
    Im [Staate BRD]

    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
    so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
    Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
    und hinter tausend Stäben keine Welt.

    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
    ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
    in der betäubt ein großer Wille steht.

    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
    sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
    geht durch der Glieder angespannte Stille –
    und hört im Herzen auf zu sein.
    Boah, mächtig! Andere Liga. Aber Papillon hat es geschafft... zumindest im Film. Habe gerade nochmal wilder Wein genossen und mein Ramschordner fängt wieder an zu leben. Die harten Sachen poste ich aber nicht :

    Zerissenheit

    Ein jedes Leben
    bleibt Ihnen ergeben
    Röte der Hoffnung
    gen weises Erstreben
    Die Grenze Sie wartet
    so unendlich weit
    erlaubt nur den Weg
    der Zerrissenheit
    german 06/10
    «Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat.» (Will Durant) -- U.a. im Vorspann von Apocalypto verwendet --

  4. #54
    Einst war es schlimmer Benutzerbild von ragnaroek
    Registriert seit
    26.06.2011
    Beiträge
    2.424

    Standard AW: Gedichte

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Heine, Das Sklavenschiff, habe ich mit 5 Jahren auswendig gelernt und damit meine Kindergartenerzieherin beeindruckt.
    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Ansonsten Rilke, schön melancholisch oder lieber eigene Gedichte.

    ---
    Die hat Dich ausreden lassen? Aber so wird es nun mal, wenn der zweite Schritt vor dem ersten erfolgt. Rilke hat der König w.u. rein gestellt. mal reinschauen.
    «Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat.» (Will Durant) -- U.a. im Vorspann von Apocalypto verwendet --

  5. #55
    mein Herz schlägt links Benutzerbild von Jule
    Registriert seit
    17.12.2011
    Ort
    bei Frankfurt a.M.
    Beiträge
    3.409

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Ist zwar nicht von mir, aber es gehört zu den großartigsten politischen Gedichten, geschrieben von einem einzigartigen Schriftsteller!


    Krieg dem Kriege


    Sie lagen vier Jahre im Schützengraben.
    Zeit, große Zeit!
    Sie froren und waren verlaust und haben
    daheim eine Frau und zwei kleine Knaben,
    weit, weit –!

    Und keiner, der ihnen die Wahrheit sagt.
    Und keiner, der aufzubegehren wagt.
    Monat um Monat, Jahr um Jahr ...

    Und wenn mal einer auf Urlaub war,
    sah er zu Haus die dicken Bäuche.
    Und es fraßen dort um sich wie eine Seuche
    der Tanz, die Gier, das Schiebergeschäft.
    Und die Horde alldeutscher Skribenten kläfft:
    »Krieg! Krieg!
    Großer Sieg!
    Sieg in Albanien und Sieg in Flandern!«
    Und es starben die andern, die andern, die andern ...

    Sie sahen die Kameraden fallen.
    Das war das Schicksal bei fast allen:
    Verwundung, Qual wie ein Tier, und Tod.
    Ein kleiner Fleck, schmutzigrot –
    und man trug sie fort und scharrte sie ein.
    Wer wird wohl der nächste sein?

    Und ein Schrei von Millionen stieg auf zu den Sternen.
    Werden die Menschen es niemals lernen?
    Gibt es ein Ding, um das es sich lohnt?
    Wer ist das, der da oben thront,
    von oben bis unten bespickt mit Orden,
    und nur immer befiehlt: Morden! Morden! –
    Blut und zermalmte Knochen und Dreck ...
    Und dann hieß es plötzlich, das Schiff sei leck.
    Der Kapitän hat den Abschied genommen
    und ist etwas plötzlich von dannen geschwommen.
    Ratlos stehen die Feldgrauen da.
    Für wen das alles? Pro patria?

    Brüder! Brüder! Schließt die Reihn!
    Brüder! das darf nicht wieder sein!
    Geben sie uns den Vernichtungsfrieden,
    ist das gleiche Los beschieden
    unsern Söhnen und euern Enkeln.
    Sollen die wieder blutrot besprenkeln
    die Ackergräben, das grüne Gras?
    Brüder! Pfeift den Burschen was!
    Es darf und soll so nicht weitergehn.
    Wir haben alle, alle gesehn,
    wohin ein solcher Wahnsinn führt –

    Das Feuer brannte, das sie geschürt.
    Löscht es aus! Die Imperialisten,
    die da drüben bei jenen nisten,
    schenken uns wieder Nationalisten.
    Und nach abermals zwanzig Jahren
    kommen neue Kanonen gefahren. –
    Das wäre kein Friede.
    Das wäre Wahn.
    Der alte Tanz auf dem alten Vulkan.
    Du sollst nicht töten! hat einer gesagt.
    Und die Menschheit hörts, und die Menschheit klagt.
    Will das niemals anders werden?
    Krieg dem Kriege!
    Und Friede auf Erden.


    (Theobald Tiger 13.06.1919)


    Wer sagt "hier herrscht Freiheit", der lügt! Denn Freiheit herrscht nicht!
    (Erich Fried)

  6. #56
    Einst war es schlimmer Benutzerbild von ragnaroek
    Registriert seit
    26.06.2011
    Beiträge
    2.424

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Zitat Zitat von Jule Beitrag anzeigen
    Ist zwar nicht von mir, aber es gehört zu den großartigsten politischen Gedichten, geschrieben von einem einzigartigen Schriftsteller!


    ...

    (Theobald Tiger 13.06.1919)
    Mit Leidenschaft geschrieben. Aber Königs Vulva hat mir mehr imponiert. Schließlich brauchen wir Nachschub, ob mit oder ohne Krieg. Mein entsprechender Vers lebt prägend von meinem Rotkreuz-Lehrgang für meine Motorradfahrerlaubnis ungefähr 1976. Der schon ziemlich alte Lehrgangsleiter berichtete von den Schilderungen seines Großvaters im ersten Weltkrieg, samt dieser Regel die lautesten Schreihälse nach der Schlacht erstmal zu ignorieren - eben bezogen auf einen schweren Straßenverkehrsunfall mit mehreren Verletzten. Diese Regel imponierte mir sehr. Über dreißig Jahre später dachte ich allerdings auch unwillkürlich an die vielen Schreihälse nach sozialer Gerechtigkeit. Na, solange sie noch schreien können... Also hier [Links nur für registrierte Nutzer]

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Entsetzliche Ruhe. Atmen fällt schwer.
    Qualm treibt noch Reste an Luft vor sich her.
    Voll Mühe trägt sie manch schmerzvollen Schrei,
    vom Schlachtfeld, dort zwischen den Gräben herbei.
    Ein Feldwebel hört sie und kennt es so sehr.
    Der wievielte Angriff? Längst zählt er nicht mehr.
    Seine Augen schau’n müde und stumpf vor sich hin.
    Der Helm-Riemen scheuert schon Tage am Kinn.
    Sanitäter steh'n zur Entsorgung bereit.
    Der Feldwebel strafft sich, weiß zu gut Bescheid.
    Verlangt nun mit harter Stimme nur das,
    was noch schlimmer scheint, als kriegsmüder Hass.
    "Die am lautesten schreien, denkt stets daran.
    Die holt Ihr zuletzt. Nun strengt euch mal an."
    German 04/07
    «Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat.» (Will Durant) -- U.a. im Vorspann von Apocalypto verwendet --

  7. #57
    mein Herz schlägt links Benutzerbild von Jule
    Registriert seit
    17.12.2011
    Ort
    bei Frankfurt a.M.
    Beiträge
    3.409

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Zitat Zitat von ragnaroek Beitrag anzeigen
    Mit Leidenschaft geschrieben.
    Ja, eindeutig! Kurt Tucholsky hat immer sehr leidenschaftlich geschrieben. Hinzu kommt noch, dass er überzeugter Pazifist war, und dass das o.g. Gedicht mit so einem Hintergrund, nochmal viel ehrlicher klingt!

    Zitat Zitat von ragnorek)
    Aber Königs Vulva hat mir mehr imponiert.
    Das war mal ein richtig geiles Gedicht, im wahrsten Sinne des Wortes!
    Ne, das hat mir echt gut gefallen!

    Entsetzliche Ruhe. Atmen fällt schwer.
    Qualm treibt noch Reste an Luft vor sich her.
    Voll Mühe trägt sie manch schmerzvollen Schrei,
    vom Schlachtfeld, dort zwischen den Gräben herbei.
    Ein Feldwebel hört sie und kennt es so sehr.
    Der wievielte Angriff? Längst zählt er nicht mehr.
    Seine Augen schau’n müde und stumpf vor sich hin.
    Der Helm-Riemen scheuert schon Tage am Kinn.
    Sanitäter steh'n zur Entsorgung bereit.
    Der Feldwebel strafft sich, weiß zu gut Bescheid.
    Verlangt nun mit harter Stimme nur das,
    was noch schlimmer scheint, als kriegsmüder Hass.
    "Die am lautesten schreien, denkt stets daran.
    Die holt Ihr zuletzt. Nun strengt euch mal an."
    German 04/07
    das ist wirklich sehr schön. Mir gefällt das "AAbb-Reimschema" auch am Besten!
    Mit der kurzen Erklärung, worum es geht, hat es mich wirklich berührt!



    Gruß Jule


    Wer sagt "hier herrscht Freiheit", der lügt! Denn Freiheit herrscht nicht!
    (Erich Fried)

  8. #58
    Foren-Veteran Benutzerbild von Gothaur
    Registriert seit
    20.12.2003
    Beiträge
    7.905

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Ein Gedicht, daß ich schon mal vor Jahren hier zitierte.
    Ein Freund, der gleichzeitig Todfeind ist, und so passend eigentlich auch das 50jährige Gedenken an die Große Flut zelebriert.
    von Detlev von Liliencron
    Trutz blanke Hans
    Heute bin ich über Rungholt gefahren,
    die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
    Noch schlagen die Wellen da wild und empört
    wie damals, als sie die Marschen zerstört.
    Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,
    aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:
    Trutz, Blanke Hans!

    Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
    liegen die friesischen Inseln im Frieden,
    und Zeugen weltenvernichtender Wut,
    taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.
    Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,
    der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
    Trutz, Blanke Hans!

    Mitten im Ozean schläft bis zur Stunde
    ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.
    Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,
    die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.
    Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen
    und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen
    die Kiemen gewaltige Wassermassen.
    Dann holt das Untier tiefer Atem ein
    und peitscht die Wellen und schläft wieder ein.
    Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,
    viel reiche Länder und Städte versinken.
    Trutz, Blanke Hans!

    Rungholt ist reich und wird immer reicher,
    kein Korn mehr faßt selbst der größeste Speicher.
    Wie zur Blütezeit im alten Rom
    staut hier alltäglich der Menschenstrom.
    Die Sänften tragen Syrer und Mohren,
    mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren.
    Trutz, Blanke Hans!

    Auf allen Märkten, auf allen Gassen
    lärmende Leute, betrunkene Massen.
    Sie ziehn am Abend hinaus auf den Deich:
    "Wir trutzen dir, Blanker Hans, Nordseeteich !"
    Und wie sie drohend die Fäuste ballen,
    zieht leis aus dem Schlamm der Krake die Krallen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Die Wasser ebben, die Vögel ruhen,
    der liebe Gott geht auf leisesten Schuhen,
    der Mond zieht am Himmel gelassen die Bahn,
    belächelt den protzigen Rungholter Wahn.
    Von Brasilien glänzt bis zu Norwegs Riffen
    das schlafende Meer wie Stahl, der geschliffen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Und überall Friede, im Meer, in den Landen.
    Plötzlich, wie Ruf eines Raubtiers in Banden:
    das Scheusal wälzte sich, atmete tief
    und schloß die Augen wieder und schlief.
    Und rauschende, schwarze, langmähnige Wogen
    kommen wie rasende Rosse geflogen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Ein einziger Schrei- die Stadt ist versunken,
    und Hunderttausende sind ertrunken.
    Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch,
    schwamm andern Tags der stumme Fisch.---
    Heut bin ich über Rungholt gefahren,
    die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
    Trutz, Blanke Hans!

    Wer den Schimmelreiter liebt, und das ist so, kommt an diesem Gedicht nicht vorbei.
    Gruß
    Islam --> Jihad --> Islamisten Terror
    Ueberzeugung --> Konzept --> Implementierung.
    Bergauf und gegen den Wind, formen den Charakter.
    Hurra, wir verblöden, für uns bezahlt der Staat!

  9. #59
    Dipl.-Optimist Benutzerbild von Pythia
    Registriert seit
    08.06.2008
    Ort
    Feldberg
    Beiträge
    14.873

    Standard AW: Eigene Gedichte


  10. #60
    Einst war es schlimmer Benutzerbild von ragnaroek
    Registriert seit
    26.06.2011
    Beiträge
    2.424

    Standard AW: Eigene Gedichte

    Zitat Zitat von Voltago Beitrag anzeigen
    Ein Gedicht, daß ich schon mal vor Jahren hier zitierte.
    Ein Freund, der gleichzeitig Todfeind ist, und so passend eigentlich auch das 50jährige Gedenken an die Große Flut zelebriert.
    von Detlev von Liliencron
    Trutz blanke Hans
    Heute bin ich über Rungholt gefahren,
    die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
    Noch schlagen die Wellen da wild und empört
    wie damals, als sie die Marschen zerstört.
    Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,
    aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:
    Trutz, Blanke Hans!

    Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
    liegen die friesischen Inseln im Frieden,
    und Zeugen weltenvernichtender Wut,
    taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.
    Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,
    der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
    Trutz, Blanke Hans!

    Mitten im Ozean schläft bis zur Stunde
    ein Ungeheuer, tief auf dem Grunde.
    Sein Haupt ruht dicht vor Englands Strand,
    die Schwanzflosse spielt bei Brasiliens Sand.
    Es zieht, sechs Stunden, den Atem nach innen
    und treibt ihn, sechs Stunden, wieder von hinnen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Doch einmal in jedem Jahrhundert entlassen
    die Kiemen gewaltige Wassermassen.
    Dann holt das Untier tiefer Atem ein
    und peitscht die Wellen und schläft wieder ein.
    Viel tausend Menschen im Nordland ertrinken,
    viel reiche Länder und Städte versinken.
    Trutz, Blanke Hans!

    Rungholt ist reich und wird immer reicher,
    kein Korn mehr faßt selbst der größeste Speicher.
    Wie zur Blütezeit im alten Rom
    staut hier alltäglich der Menschenstrom.
    Die Sänften tragen Syrer und Mohren,
    mit Goldblech und Flitter in Nasen und Ohren.
    Trutz, Blanke Hans!

    Auf allen Märkten, auf allen Gassen
    lärmende Leute, betrunkene Massen.
    Sie ziehn am Abend hinaus auf den Deich:
    "Wir trutzen dir, Blanker Hans, Nordseeteich !"
    Und wie sie drohend die Fäuste ballen,
    zieht leis aus dem Schlamm der Krake die Krallen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Die Wasser ebben, die Vögel ruhen,
    der liebe Gott geht auf leisesten Schuhen,
    der Mond zieht am Himmel gelassen die Bahn,
    belächelt den protzigen Rungholter Wahn.
    Von Brasilien glänzt bis zu Norwegs Riffen
    das schlafende Meer wie Stahl, der geschliffen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Und überall Friede, im Meer, in den Landen.
    Plötzlich, wie Ruf eines Raubtiers in Banden:
    das Scheusal wälzte sich, atmete tief
    und schloß die Augen wieder und schlief.
    Und rauschende, schwarze, langmähnige Wogen
    kommen wie rasende Rosse geflogen.
    Trutz, Blanke Hans!

    Ein einziger Schrei- die Stadt ist versunken,
    und Hunderttausende sind ertrunken.
    Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch,
    schwamm andern Tags der stumme Fisch.---
    Heut bin ich über Rungholt gefahren,
    die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
    Trutz, Blanke Hans!

    Wer den Schimmelreiter liebt, und das ist so, kommt an diesem Gedicht nicht vorbei.
    Gruß
    Die sind alle so lang..... Habe echt Schwierigkeiten alles durch zu lesen. Irgendwas mit Deichen weiß ich noch. Ansonsten so ein wenig Vineta-Touch.
    «Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von außen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat.» (Will Durant) -- U.a. im Vorspann von Apocalypto verwendet --

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Gedichte
    Von EUROFREUND im Forum Kunst - Literatur - Architektur - Musik - Film
    Antworten: 2
    Letzter Beitrag: 27.07.2007, 22:28
  2. Englische Gedichte
    Von Leo Navis im Forum Freie Diskussionen
    Antworten: 10
    Letzter Beitrag: 20.02.2006, 18:48
  3. Eigene Gedichte
    Von Mithrandir im Forum Kunst - Literatur - Architektur - Musik - Film
    Antworten: 14
    Letzter Beitrag: 05.02.2006, 15:42

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben