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"Dem modernen Menschen ist es gleichgültig, in seinem Leben keine Freiheit zu finden, wenn er sie in den Reden jener verherrlicht findet, die ihn unterdrücken." - Nicolás Gómez Dávila
"Dem modernen Menschen ist es gleichgültig, in seinem Leben keine Freiheit zu finden, wenn er sie in den Reden jener verherrlicht findet, die ihn unterdrücken." - Nicolás Gómez Dávila
Ich war ab 1976 mehrmals in der DDR gewesen. Meine Frau hatte dort Bekannte, um den Besuch zu ermöglichen, wurde sie als Kusine ausgegeben.
Bei meinem ersten Besuch sagte unser Gastgeber stolz: "Das hier ist unsere Freiheit, sie kostet 20 Pfennige" und legte mir die SED-Zeitung des Bezirkes Halle auf den Tisch. Sie hieß "Freiheit".
Sehr gepflegt wurden in der DDR die Schlaglöcher. Bei jedem Besuch (zuletzt 1984) erkannte ich sie wieder. Sie gaben einem ein vertrautes Gefühl.
Die Schwiegereltern lebten im gleichen Haus. Der Schwiegervater hatte ein Kofferradio auf dem Tisch stehen. Pünktlich zu jeder Stunde schaltete er das Radiogerät ein. Es kamen die Nachrichten vom Deutschlandfunk. Den eigenen Medien traute er nicht über den Weg.
Arbeit hatte jeder. Unser Bekannter arbeitete in einem Betrieb im Ort und war für die Instandsetzung der Maschinen zuständig, die in der Bundesrepublik Deutschland schon längst ihren Weg in ein Technikmuseum gefunden hätte. Auch die Frau hatte Arbeit. Im Winter stellte ihr Betrieb Zubehörteile für Fernsehantennen her, und während der Sommermonate wurden Nylonstrümpfe gestopft bzw. Laufmaschen entfernt.
Dass jeder Arbeit hatte, lag an verschiedenen Umständen. Zum einen waren sehr viele bei der Armee, bei den Grenztruppen oder beim Stasi, zum anderen war die Produktivität der Arbeiter viel geringer als im Westen.
1984 war schon eine gewisse Liberalität feststellbar. Unser Gastgeber legte eine in der DDR erhältliche Schallplatte auf. Sie enthielt Vorträge von Kabarettisten. Einer ging in etwa so:
Ich war neulich in Österreich. Es war ne Veranstaltung der KPÖ.
Ich bin allein hingefahren. Meine Frau wollte nicht mit. Sie hatte Kopfschmerzen. Und es fehlte ein Stempel. (schallendes Gelächter).
Österreich ist ja ein wunderschönes Land. Aber es ist so arm, so entsätzlich arm. Die können sich ja noch nicht mal ein Schlagloch leisten. Wenn die eines sehen, machen sie es sofort zu. Nein, nicht so wie bei uns, wo man im nächsten Jahr voller Freude sagt: "Ei, da ist es ja wieder..."
Auch die anderen Vorträge enthielten mehr oder weniger deutlich Kritik am Regime. Einiges konnte wohl nur ein geborener DDR-Bürger richtig verstehen.
Dass die DDR aufgehört hat zu existierten, verdankt sie nicht den Intriegen des Westens, sondern ihrer eigenen Politik. Sie war 1989 schlicht pleite, zahlungsunfähig. Und Gorbatschow hatte wohl auch keine Lust mehr, sie weiter zu unterstützen.
Anderen Staaten im Osten ging es wohl auch nicht besser als der DDR. Aber sie hatten keinen Parallelstaat im Westen zur Verfügung, dem sie sich anschließen konnten.
Nachtrag zu Bernhard44 Beitrag, Kneifel der DDR Bombenleger :
Als sich 1987 der körperliche Zustand Kneifels verschlechterte, wurde er im Rahmen eines Agenten- und Dissidentenaustausches zwischen der Bundesrepublik und DDR abgeschoben. Da er bei seinem Anschlag Menschenleben gefährdet hatte, wurde er nach der Wende nicht rehabilitiert.
Und was bekam man dafür?
Waren das nicht die, die man - anstatt Westgeld in bar - in den Intershops "an den Mann" bringen konnte?
Ich fand es immer witzig im Intershop an der Klara-Zetkin Straße (Hotel Metropol rechts neben der Hotelauffahrt) die Leute zu beobachten. Noch spaßiger war der Kuhhandel mit Autos im Parkhaus darüber. Ein niegelnagelneuer Volvo 262 Kombi für läppische 80,000 DM (im Westen hätte der knapp 25 Riesen gekostet - war nur leider nicht einführbar...).
Da standen sie nun die Wessis, die für ihre Verwandten im Osten packenweise braune 1000er über die Ladentheke schoben, damit "Jaqueline" just zu ihrem 18. Geburtstag (sofern "Fahrerlaubnis" vorhanden) ohne lästige Wartejahre ihren neuen Mazda 323 aus dem Metropol Parkhaus steuern konnte. Mit nem Trabant für 20,000 Mark gab sich in DEN Kreisen doch keiner ab.
Oder der HO-Metzger. Mit Datsche und Boot am Müggelsee. Jedes Jahr Balaton. Shiguli in der Einfahrt des schmucken Einfamilienhäuschens in Alt-Biesdorf. Woher? Tja, woher wohl.....man könnte es mit "unter der Ladentheke gegen Westgeld" umschreiben.
Und wohin man sah - das SED Bonbon am Revers. Boah - was für eine verkommene korrupte Meschpoke. Hier wars wenigstens offen - dort war die Lebenslüge Programm.
Geändert von Bergischer Löwe (08.04.2010 um 12:02 Uhr)
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