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Nach der Auflösung der sowjetischen Speziallager des NKWD gab es keine Deportationen von Klassenfeinden mehr in die UdSSR. Das wurde nun vom MfS übernommen. Nur gelegentlich aus Westberlin entführte amerikanische Agenten von Organisationen, die gegen den Ostblock arbeiteten, wie die KgU, wurden nach Moskau verbracht und dort verurteilt.
Nach der Bodenreform und dem Beginn der Kollektivierung sind die meisten Landwirte schon über die "Grüne Grenze" nach Westdeutschland geflohen. Darauf wurde die erste "Innerdeutsche Grenze" errichtet, ein Grenzzaun, der auch außen um Westberlin ging. Nur der Berliner Innenstadtbereich mit allen vier Sektoren blieb als Kontrollratsgebiet offen. Täglich kamen fast 100.000 Arbeitspendler aus Ostberlin und dem angrenzenden DDR-Gebiet mit der S-Bahn nach Westberlin, um dort bei Siemens, AEG, Osram. Telefunken, in den Lebensmittelfabriken und in den Konfektionsbetrieben zu arbeiten. Sie wurden mit Westgeld entlohnt und konnten sich auch in den Wechelstuben am Bahnhof ZOO und in der Nähe der Sektorenübergänge Westgeld 1:3 bis 1:4 in Ostgeld umtauschen, was die DDR nicht gerne sah und als Spekulation brandmarkte. Über das Schlupfloch Westberlin flohen keine Bauern mehr, sondern Arbeiter, Angestellte und besonders die technische und medizinische Intelligenz. Langsam fehlte es der DDR an Facharbeitern, Ärzten und Ingenieuren, was von der DDR-Führung auch ausgesprochen und übel vermerkt wurde und mit ein Grund war die Mauer zu errichten.
In Fortsetzung meines Beitrages
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hier ein paar Mitteilungen wie es weiterging:
Doku 1
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DEUTSCHE DEMOKRATISCHE REPUBLIK
NATIONALER VERTEIDIGUNGSRAT
DER VORSITZENDE
BERLIN, 13.8.61, 01.00 Uhr
An den
Vorsitzenden der Bezirkseinsatzleitung
Genossen Paul V e r n e r
B erlin
B e f e h l
Zur Herstellung der erhöhten Einsatzbereitschaft
b e f e h 1 e... i c h,
1. Ab sofort ist die Alarmstufe I für die Einsatzleitung
des Bezirkes Berlin, ihren Stab und für die Einsatzleitungen
der Kreise mit ihren Stäben, durchzuführen.
2. Für die Kampfgruppen der Arbeiterklasse in den Kreisen:
(1) Berlin - Mitte
(2) Berlin - Prenzlauer Berg
(3) Berlin - Pankow
(4) Berlin - Friedrichshain und
(5) Berlin - Treptow
die Alarmstufe II (Vollalarm) auszulösen und in den
gemäß Einsatzplan festgelegten Konzentrierungsräumen die volle Gefechtsbereitschaft herzustellen,
3. In den Kreisen:
(1) Berlin - Weißensee
(2) Berlin - Lichtenberg und
(3) Berlin - Köpenick
ist eine Reserve an Kampfgruppen der Arbeiterklasse,
durch Alarmierung und Unterbringung in den festgelegten
Konzentrierungsräumen, zu bilden.
4. Alle Maßnahmen sind vorzubereiten, die eine schnelle Auslösung der Alarmstufe II für die weiteren bewaffneten Kräfte der Kreise gewährleisten.
5. Bei Eintritt einer besonderen Lage, die den Einsatz bewaffneter Kräfte des Bezirkes erfordert, ist der Entschluß für den Einsatz der Kräfte zu melden.
6. Zu melden sind:
(1) die Herstellung der Arbeitsbereitschaft der Einsatzleitung und ihres Stabes;
(2) Melung über die Lage alle 3 Stunden, erste Meldung am 13.8.61, 05.00 Uhr;
(3) bedeutende Veränderungen der Lage und besondere Vorkommnisse sind
sofort zu melden.
7. Für die Kreise sind die vorstehenden Maßnahmen sinngemäß anzuordnen. Ihre Durchführung ist zu kontrollieren.
8. Die von der Volkskammer und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik im Interesse der Sicherung des Friedens und des Schutzes der Deutschen Demokratischen Republik gefaßten Beschlüsse sind allen Angehörigen der bewaffneten Kräfte - einschließlich der Kampfgruppen der Arbeiterklasse - und der gesamten Bevölkerung gründlich zu erläutern.
9. Alle Maßnahmen - mit Ausnahme Ziffer 8. - sind unter strenger Wahrung der Bestimmungen über die Geheimhaltung zu veranlassen.
10. Ich bin zu erreichen über die Ihnen bekannte Verbindung.
Unterschrift
(Walter Ulbricht)
Stempel “Nationaler Verteidigungsrat”
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Doku 2
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Information über die Arbeit der Registrierstellen vom 14. August, 16.00 Uhr
Erfahrungen aus den Registrierstellen
1) In allen Bezirken gibt es im wesentlichen eine gute politisch-organisatorische Vorbereitung und Durchführung der Registrierung und Vermittlung. - In Treptow wird z. B. auch nach den Wohnverhältnissen gefragt, ob der Betreffende eine AWG Wohnung hat und ähnliches. In Köpenick kommt bei einigen Kommissionen das politische Gespräch zu kurz. Die Grenzgänger werden in Köpenick nach einem Bürgen aus dem demokratischen Berlin gefragt, der die Angaben bestätigen kann. Das wurde von einem Angehörigen der Intelligenz verweigert. Er wies den Registrierschein von 1953 vor und sagte: Genügt Ihnen das?
In Friedrichshain gibt es mitunter nicht genügend konkrete und zielstrebige Antworten bei Fragen nach Renten u. ä. In Mitte werden in der Weinmeister- und Gipsstrasse zur Registrierung nicht die üblichen Karten sondern formlose Zettel verwendet. Es wird nur Name, Adresse und wohin vermittelt, festgehalten.
2) Im Allgemeinen bleibt die Zahl der Registrierten und Vermittelten weit unter den Erwartungen. Z. B. wurden in der Registrierstelle Inselstrasse, Berlin-Mitte (Elektroindustrie) von 9 bis 13 Uhr nur 24 Registrierungen vorgenommen, am Koppenplatz (Mitte, Chem. Industrie) bis 12.30 Uhr nur vier Registrierungen. Am Röderplatz in Lichtenberg bis 11 Uhr 12 Registrierungen mit nur einer Arbeitsaufnahme (Gesundheitswesen, ungelernte Arbeiter).
Dagegen wurden im Prenzlauer Berg bis 12 Uhr etwa 700 Menschen registriert. Bei anhaltendem Andrang ist zu befürchten, dass hier nicht mehr genügend Arbeitsplätze zur Vermittlung zur Verfügung stehen.
3) Im allgemeinen sind die Grenzgänger ziemlich schüchtern, beginnen dann aber bei der Diskussion um den Arbeitsplatz Forderungenn zu stellen: Spitzenlöhne, Normalschicht, Ablehnung bestimmter Betriebe, keine schwere Arbeit. Provokatorische Forderungen oder provokatorisches Auftreten war nicht zu verzeichnen.
Folgende Argumente treten auf:
Freiwillig wären wir nicht gekommen, aber wir müssen uns damit abfinden. - Viele Grenzgänger fragen, ob das nun eine endgültige Massnahme sei, oder ob noch Bestimmungen zu erwarten sind, dass Grenzgänger, die schon lange drüben arbeiten, wieder zu ihrem Betrieb zurück können. - Oft wird gefragt: Muss ich gleich arbeiten, oder kann ich erst meinen Urlaub nehmen.
Einzeln traten folgende Argumente auf:
Wir verstehen, dass es einmal so kommen musste, es konnte ja nicht mehr so weitergehen. - Einzelne lehnenn jede Diskussion ab mit der Bemerkung: Ich bin nur zur Registrierung gekommen. -
In Treptow lehnen vornehmlich Senatsangestellte die Vermittlung ab mit folgenden Begründungen: Urlaub - beabsichtigte Übersiedlung - abwarten.
In Köpenick gab es manchmal (in den Korridoren) solche Bemerkungen: Hier werden wir mit dem Gewehr bewacht - die müssen aber Angst haben, wenn sie Wasserwerfer auffahren.
In Friedrichshain äusserten einige: Wir lassen uns nicht vermitteln, der Kontrollrat wird die Massnahmen rückgängig machen.
Die Berichte lassen erkennen, dass in den ersten Stunden der Registrierung mehr Arbeitswillige kamen, die sich vermitteln liessen. In den späteren Stunden vergrösserte sich die Zahl derer, die sich nicht vermitteln liessen mit den Begründungen: Urlaub, Krankheit, bevorstehende Pensionierung. Es tauchte auch häufiger das Argument auf: Der Westen wird Massnahmen ergreifen - das ist eine vorübergehende Sache - man muss abwarten.
4) Folgende Fragen der Grenzgänger bedürfen noch einer Klärung:
- Wie kann ich meine Werkzeuge holen?
- Wie bekomme ich den noch ausstehenden Lohn?
- Was wird aus meinem Bankkonto?
- Ich bin drüben krank geschrieben. Wie steht es mit weiterer Behandlung?
- Eine Frau hat bereits ihren Schwangerenurlaub in Westberlin angetreten. Sie
fürchtet, dass sie hier kein Betrieb nehmen wird und sie mit ihrem Kind ohne
Geld da steht
- Ein Grenzgänger, der an Kopftumor leidet fürchtet, dass er die speziellen Medikamente nicht weiter erhalten kann
- Wann kann ich kündigen und meine Arbeitspapiere holen?
- Wie bekomme ich jetzt Rente?
- Was wird aus meinem Rentenanrecht in Westberlin?
- Grenzgänger, deren Kinder sich in stationärer Behandlung in Westberlin befinden, stellten die Frage nach Rückführung ihrer Kinder
- Ein Grenzgänger fragt, ob er die Behandlung seines Kindes, das sich im Ferienlager in der DDR den Arm gebrochen hat, selbst bezahlen muss, weil er nicht hier
versichert ist.
- Wer zahlt die Steuer für meinen Wagen, den ich drüben besitze.
- Vereinzelt treten auch solche Probleme auf, dass Menschen, die von uns in Westberlin studieren, hoffen, einen Passierschein zu erhalten, bezw. bei uns das Studium aufnahmen können.
- In einzelnen Fällen fragen Unternehmer, was nun aus ihren Klei'riunternehmen
in Westberlin wird.
5) Hinweise:
Es gibt Hinweise, dass sich Verantwortliche in Registrierstellen bemühen, die Arbeitskräfte unbedingt im eigenen Stadtbezirk unterzubringen, auch wenn für bestimmte Berufe kein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Z. B. wurde ein Drucker in der Registrierstelle Amalienstrasse, Weissensee, als Kraftfahrer vermittelt, weil es für ihn als Drucker keine Arbeit gab.
Es gibt Tendenzen, der Auseinandersetzung mit den Grenzgängern aus dem Wege gehen. Z. B. fragt der Leiter der Registrierstelle Weinmeisterstrasse, Mitte, ob die Anweisung, Grenzgänger unbedingt in ihrem ehemaligen Betrieb unterzubringen, strikt einzuhalten ist, auch wenn sie Bedenken äussern.
Die Leiterin der Registrierstelle in Friedrichshain, Ehrenbergstr., befürchtet, dass es in den Betrieben Schwierigkeiten geben wird, alle vermittelten Bürger reibungslos unterzubringen.
Im Prenzlauer Berg fiel auf, dass junge Menschen oft in Gruppen von 6-8 zur Registrierung kamen und sich gegenseitig kannten. Es wird empfohlen, verstärkt die Gaststätten im Auge zu behalten.
Aus Prenzlauer Berg wird berichtet, dass Ladenbesitzer, die beii uns wohnen und ihre Läden in Westberlin haben, behaupten, sie wären keine Grenzgänger und sie verlangen Sondergenehmigungen. Sie sagen weiter, bei der VP-Inspektion habe man ihnen gesagt, sie sollen beim Rat des Stadtbezirks betonen, dass sie Sonderfälle wären. VEB Treffmodelle hat bis 13.30 Uhr 32 Grenzgänger eingestellt. Betriebs- und Parteileitung sichern gegenwärtig, dass bei Schichtwechsel genügend Materialvorhanden ist, damit keine Stockung eintritt.
Quelle: BPA Berlin IV 2/12/1278
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Doku 3
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Information vom 14. August, 17.30 Uhr, mit besonderer Betonung von Diskussionsthemen in der Bevölkerung
Die Arbeiterklasse äußert sich im wesentlichen zustimmend zu den Maßnahmen unserer Regierung. Diese allgemeine positive Einschätzung findet bei den meisten Kollegen auch seinen Ausdruck in einer vorbildlichen Arbeitsdisziplin und darin, daß breite Verpflichtungen zur Durchsetzung unserer großen politischen und ökonomischen Aufgaben abgegeben worden sind.
In einer Reihe von Betrieben haben Kollegen aus eigener Initiative Entschließungen vorbereitet und beschlossen; u: a. in 3 Bereichen des VEB Kühlautomat, Treptow, der Jugendbrigade „Erich Schulz", im VEB Bergmann-Borsig und vom Lehrlingsaktiv des VEB RAW, Pankow. Es gibt auch viele Beispiele, wo parteilose Arbeiter sehr positiv bei der Klärung der politisch-ideologischen Fragen bzw. der Zerschlagung feindlicher Argumente in Erscheinung traten.
Unklarheiten und Vorbehalte bzw. eine abwartende Haltung sind am stärksten vorhanden bei Angestellten, Angehörigen der Intelligenz und besonders in den Kreisen der Mittelschichten. Wiederholt gibt es auch Hinweise, daß sich vor allem Jugendliche zum Sprecher provokatorischer Äußerungen machen.
Einige Beispiele von Verpflichtungen und positiven Stellungnahmen:
Es gibt einzelne Beispiele, wo Kollegen um Aufnahme als Kandidat in die Partei
gebeten haben, u. a. 3 Kollegen aus den Betrieben des Kreises Fr'hain, ein Lehrling aus dem BGW, 1 Arbeiter aus dem Gaswerk Dimitroffstraße, Prenzlauer Berg.
Ein Jugendlicher aus dem BGW bat um Aufnahme in die FDJ. Im VEB Fahrzeugausrüstung stellten 2 Kollegen den Antrag, als Kämpfer in der Kampfgruppe aufgenommen zu werden.
lm REW, Fr'hain, will ein Kollege seinen Ehrendienst in der Volkspolizei leisten.
Im VEB TREFF-Modelle sind die Zustimmungserklärungen der Brigade „Clara Zetkin" und „Anna Seghers" gleichzeitig mit der Verpflichtung verbunden, als Beitrag zum Abschluß eines Friedensvertrages eine 100%ige Planerfüllung und Aufholung der Planrückstände zu sichern. Im VEB Vergaserfabrik, Fr'hain, haben sich 30 Kollegen aus der Stanzerei bereiterklärt, den Kampf um den Ehrentitel „Brigade der sozialistischen Arbeit" aufzunehmen.
Im VEB Treffmodelle, Werk II, haben Kolleginnen als Ausdruck ihrer Zustimmung zu den Maßnahmen beschlossen, eine Hochleistungsschicht zu leisten. Ihre Brigaden haben den Tagesplan mit 100% erfüllt trotz weniger Arbeitskräfte durch Urlaub.
Bei vielen Fragen bzw. Unklarheiten stehen nach wie vor im Vordergrund:
1. Warum wurden die Maßnahmen erst jetzt getroffen?
2. Warum können die Westberliner zu uns kommen, und wir dürfen nicht rüber?
(Frauen und Jugendliche)
3. Die Maßnahmen sind praktisch gegen uns gerichtet, wir sind offenbar Menschen
zweiter Klasse.
4. In fast allen größeren Betrieben taucht verstärkt das Argument auf: „Wer will erkennen, ob es sich um einen friedlichen Bürger handelt oder um einen Agenten,
wenn man sich nur den Personalausweis zeigen läßt"
5. „Warum sind Panzer und Stacheldraht an den Grenzen erforderlich?" (Intelligenz - Frauen)
6. Die Maßnahmen sind zu hart. (Frauen - Angestellte)
7. Wir können unsere Verwandten nicht besuchen.
Die Angst vor einer Verschärfung der Kriegsgefahr tritt - neben vielen Fragen
und Äußerungen - am stärksten bei Frauen in Erscheinung. Ein. Ausdruck dafür
sind die Angsteinkäufe.
Im VEB Hochbau und RAW, Fr'hain, wollen Eltern ihre Kinder aus den Ferienlagern zurückholen.
9. Immer wieder taucht auch in den Kreisen der Arbeiterklasse das Argument auf:
„Durch diese Maßnahmen wird die Spaltung Deutschlands vertieft." In einzelnen Betrieben ist auch das politische Gespräch mit den SPD-Genossen begonnen worden. Im VEB Schultheiß, Prenzl. Berg, sind in deren Ergebnis Zustimmungserklärungen erzielt worden. Im Kraftwerk Klingenberg, Li'berg,
äußerten sich 2 SPD-Genossen in der Diskussion wie folgt: „Ich bin kein
Grenzgänger, mich betrifft das nicht." „Ich würde nicht mit dem Feuer spielen." Im VEB TRO, Köpenick, äußerte ein SPD-Mitglied: „Der Friedensvertrag muß kommen, aber erst müssen freie Wahlen durchgeführt werden." in
einigen Betrieben haben sich die Parteileitungen auch prinzipiell mit den Genossen auseinandergesetzt.
Auf der Baustelle des Gleichfertiger-Werkes, Li'berg, wurden harte Auseinandersetzungen mit einer Genossin, die als Maschinist tätig ist, geführt, weil sie
ihre Verärgerung über die beschlossenen Maßnahmen zum Ausdruck brachte.
Sie sagte: „Die Menschen des demokratischen Sektors werden als Verbrecher angesehen, sonst hätte man nicht solche Absperrungen vorgenommen."
In der Berliner Werkzeugmaschinenfabrik Marzahn, Li'berg, hatte der Genosse K., Wirtschaftsleiter des Betriebes im Beisein mehrerer Kollegen abfällige Bemerkungen über den Genossen W. Ulbricht geäußert: „Ulbricht hat Angst um seinen Sessel, deshalb fahren Panzer auf, und die Sektorengrenzen werden zugemacht."
Die Parteileitung hat die Auseinandersetzung mit diesem Genossen begonnen. Da dieser Genosse schon oft solche falschen Auffassungen vertrat, wird beabsichtigt, ein Parteiverfahren einzuleiten.
Quelle: BPA Berlin IV 2/3/633
Aus: H. Mehls “Im Schatten der Mauer”, Dokumente, Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1990.
Anfang Juni 1961 trafen sich in Wien die mächtigsten Männer der Welt: Der sowjetische Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow (1894-1971) und der neu gewählte US-Präsident John F. Kennedy (1917-1963) diskutierten die Weltpolitik.
Es ging auch um die Berlin-Frage. Chruschtschow drohte Kennedy mit einem separaten Friedensvertrag mit der DDR, der den Verzicht auf alle alliierten Rechte auf West-Berlin nach sich gezogen hätte. Für Kennedy "nicht akzeptabel!"
Die Lage Berlins kam erst verhältnismäßig spät beim Treffen zur Sprache; Kennedy hatte gehofft, dass dieses Thema nicht mehr angesprochen würde. Chruschtschow hatte bereits im Vorfeld des Gipfels vorfühlen lassen, ob Zugeständnisse erreichbar seien. Kennedys klare Absage hatte ihn verärgert.
Nun erneuerte Chruschtschow seine Forderungen. Die westlichen Mächte sollten einem Friedensvertrag mit der DDR zustimmen und ihre Rechte in West-Berlin aufgeben, das zu einer "neutralen Stadt" werden. Falls die USA, Großbritannien und Frankreich darauf nicht eingingen, würde die Sowjetunion im September 1961 einen Separatfrieden mit der DDR abschließen.
Kennedy wollte es genau wissen:– "Genau das", erwiderte der sowjetische Staatschef. Für den US-Präsidenten gab es nur eine Antwort: "Nicht akzeptabel!" Nun drohte Chruschtschow:"Bedeutet dies, dass der freie amerikanische Zugang nach West-Berlin blockiert wird?"Kennedy gab zurück: "Wie es scheint, wird es einen kalten Winter geben in diesem Jahr.""Ich möchte Frieden. Aber wenn Sie einen Atomkrieg wollen, dann können Sie ihn haben." Und er fügte hinzu: "Wenn Sie wegen Berlin einen Krieg auslösen, so wäre es besser, wenn der Krieg jetzt gleich stattfindet als später, wenn es noch viel schlimmere Waffen gibt."
Kennedy wollte keinen Krieg wegen Berlin und signalisierte seinem Gesprächspartner, daß Amerika nicht wegen einer Grenzziehung im Kontrollratsgebiet gewaltsam intervenieren würde, wenn der freie alliierte Zugang zur Stadt weiterhin gewährleistet ist und Westberlin nicht angetastet und in den Sowjetbereich einverleibt wird.
Die Westberliner Polizei wurde nach dem Mauerbau von dem amerikanischen Stadtkommandanten angewiesen, die östlichen Grenzsperranlagen vor Provokationen und Beschädigungen durch empörte Westberliner Bürger zu schützen.
Moskau gab Ulbricht Grünes Licht zum Bau der Mauer
Auf die Frage "Wer war schuld am Bau der Berliner Mauer?" würden heute die meisten antworten: "die Sowjets". Diese Behauptung war ein Kernpunkt der Verteidigung im Prozess gegen Egon Krenz und einige seiner früheren Politbürokollegen wegen der Toten an der Mauer. Krenz zitierte sogar die Rede, die US-Präsident Ronald Reagan 1987 am Brandenburger Tor gehalten hatte: "Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer ein!" Krenz gab dem Richter damit zu verstehen: Ronald Reagan begriff, dass die Sowjets schuld waren; warum nicht Sie? Aus den sowjetischen und ostdeutschen Akten wird jedoch ersichtlich, dass die DDR-Führung unter Walter Ulbricht die unwilligen Sowjets acht Jahre lang drängte, den Zugang nach West-Berlin zu verriegeln, um den Flüchtlingsstrom einzudämmen.
Im März 1953, zwei Wochen nach Stalins Tod, verwarfen die neuen sowjetischen Machthaber Ulbrichts Vorschlag, den freien und ungehinderten Verkehr über die Berliner Sektorengrenze zu unterbinden. Der Plan sei "politisch unannehmbar und grob vereinfachend". Eine Grenzschließung würde die Deutschen auf beiden Seiten der Grenze gegen das ostdeutsche und das sowjetische Regime aufbringen und die Beziehungen der Sowjets zu den USA, Großbritannien und Frankreich "komplizieren". Stattdessen befahlen die Sowjets Ulbricht knapp zwei Wochen vor dem Aufstand des 17. Juni, seinen scharfen sozialistischen Kurs abzumildern, um die Loyalität der ostdeutschen Bürger zu gewinnen. Das war die sowjetische Alternative zu Ulbrichts Vorschlag, die Grenze zu schließen.
In den folgenden Jahren versuchte Chruschtschow immer wieder, Ulbricht davon zu überzeugen, einen "neuen Kurs" einzuschlagen, der die Ostdeutschen davon abhalten könnte, nach Westen zu fliehen. Ulbricht gab jedoch unmissverständlich zu erkennen, dass er den direkteren Weg vorzog - die Republikflucht einfach physisch unmöglich zu machen. Etwa ein Jahr vor dem 13. August 1961 begann Ulbricht, auf eigene Faust zu handeln. Im September 1960 verschärfte er einseitig die Grenzformalitäten.
Die Sowjets waren "erstaunt" und bestanden darauf, "in Zukunft vorher informiert" zu werden. Der sowjetische Botschafter in der DDR, Michail Perwuchin, berichtete der Kreml-Führung, die DDR-Politik gegenüber West-Berlin sei "in der Regel unilateral" und bestehe "aus allen möglichen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit zwischen den beiden Teilen der Stadt". Ein anderer Beamter an der sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin, A. P. Kasennow, informierte Moskau, dass die OstdeutschenDaraufhin traf Chruschtschow am 30. November 1960 mit Ulbricht zusammen und teilte ihm mit, dass "wir die Lage nicht einseitig korrigieren können". Chruschtschow stand vor Gesprächen mit dem neu gewählten amerikanischen Präsidenten Kennedy und hatte versprochen, vor dem Gipfel keine neuen Tatsachen in Berlin zu schaffen."die Möglichkeit von Maßnahmen prüfen, die dem Exodus der DDR-Bevölkerung über West-Berlin Einhalt gebieten könnten. Eine dieser Maßnahmen unserer Freunde könnte die Beendigung der Bewegungsfreiheit über die Zonengrenze sein."
Ulbricht bezweifelte, dass Kennedy mit Chruschtschow zu einem annehmbaren Abkommen über Berlin kommen würde; gleichzeitig musste er zusehen, wie die Zahl der ostdeutschen Flüchtlinge kontinuierlich stieg. 1959 flohen 120 230 Ostdeutsche, 1960 waren es 182 278. Im Juli und August 1961 verließen mehr als 1000 Menschen täglich die DDR.
Obwohl Chruschtschow darauf bestanden hatte, dass Ulbricht vor seinem Treffen mit Kennedy nicht gegen die Flüchtlinge vorgehen solle, berichtete Botschafter Perwuchin dem sowjetischen Außenminister Gromyko nur zwei Wochen vor dem Gipfel:Zudem wies Perwuchin warnend darauf hin, dass "unsere deutschen Freunde zuweilen ungeduldig sind und dieses Problem unilateral angehen, wobei sie nicht immer die Interessen des ganzen sozialistischen Lagers oder die gegenwärtige internationale Lage im Auge behalten"."Unsere Freunde würden jetzt gern solche Kontrollen an der Grenze zwischen dem demokratischen Sektor und West-Berlin einführen, die ihnen - wie sie sagen - eine Schließung der "Westgrenze" möglich machen und die Abwanderung der Bevölkerung aus der Republik verringern würden."
Nach dem gescheiterten Gipfeltreffen mit Kennedy gab Chruschtschow schließlich grünes Licht für die Grenzschließung. Bei einem Besuch Ost-Berlins unmittelbar nach dem Gipfel sagte Chruschtschows engster Mitarbeiter, Anastas Mikojan:So durfte der wichtigste Verbündete der UdSSR am Ende doch die Mauer bauen. Aber Ulbrichts Vorgehen hatte Chruschtschow verärgert. Er selbst wollte den Grad der Spannung zwischen Ost und West bestimmen und die Kontrolle darüber nicht an Ulbricht abtreten. Daher unterzeichnete Chruschtschow - entgegen seinen ursprünglichen Drohungen gegenüber dem Westen - keinen separaten Friedensvertrag mit Ulbricht und übergab ihm auch nicht die Kontrolle über die Transitwege zwischen West-Berlin und der Bundesrepublik. Ende September 1961 teilte er Ulbricht mit:"Wir können und dürfen nicht gegen Westdeutschland verlieren. Wenn der Sozialismus in der DDR nicht siegreich bleibt, wenn der Kommunismus hier nicht seine Überlegenheit und Lebenskraft beweist, haben wir nicht gewonnen."Chruschtschows Zustimmung zum Bau der Mauer entsprang zum Teil seinem Wunsch, Ulbricht in Ost-Berlin eingemauert zu sehen."Schritte, die die Situation, vor allem in Berlin, verschlimmern könnten, sollten vermieden werden."
Quelle: Dr. Hope M. Harrison lehrt Geschichte und internationale Beziehungen an der George Washington University. Ihr Buch "Driving the Soviets up the Wall: Soviet-East German Relations, 1953-1961" erschien 2003. Übersetzung: Ruth Keen
Bild: Militantes Grenztheater zur psychologischen Beruhigung der Bevölkerung mit der Aussage: Die westlichen Besatzungsmächte beschützen Euch und die Freiheit Westberlins weiterhin vor der Roten Tyrannei.
Ich habe diese Typen selbst mal in einem Intershop an der Interzonenstrecke zwischen Berlin und Helmstedt -irgendwo in der Nähe von Magdeburg- gesehen.
Ein widerwärtiges, arrogantes und Macht ausstrahlendes Gesocks.
Ganz so ähnlich wie unsere Bankster in Frankfurt am Main.
Ich dachte erst es wären Wessis . Bei genauerer Betrachtung erkannte ich aber, dass es sich um Zonenbonzen handelte.
Die bezahlten alles schon in DM nicht in Ostmark.
Wo hatten die die DM her, wo doch den Zonenbonzen jeder nicht offizielle Westkontakt verboten war???
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