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Thema: 40 Jahre DDR - was war das wirklich für ein Staat?

  1. #11851
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von Rutt Beitrag anzeigen
    19. April 2012

    Exbundeskanzler H. Schmidt ließ sich Anfang April in dem umstrittenen Film über Margot Honecker zitieren. Dort stützte er seine Auffassung über die besonders hohe Westverschuldung der DDR als deren Grund für ihren “ausweglosen Untergang“. Dadurch befestigte er die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie, die im Widerspruch zum offiziellen Bundesbankbericht von 1999 steht, der u. a. diese Westverschuldung der DDR abschließend und vollständig dokumentierte und bewertete. Von Karl Mai.

    Dieser Bundesbankbericht „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989“ erschien im August 1999 als Sonderdruck und ist jedermann zugänglich, so dass man erwarten sollte, dass er auch vom ökonomisch beschlagenen Exbundeskanzler zur Kenntnis zu nehmen gewesen wäre. Folgen wir daher zunächst diesem dokumentarischen Bundesbankbericht in einigen Kernaussagen:

    Sogleich fällt auf, dass der Bundesbankbericht nirgends von einer besonders hohen oder gar exorbitanten Devisenverschuldung der DDR ausdrücklich ausgeht oder spricht. Seine Darstellung der DDR-Devisenverschuldung zeichnet sich durch große Sachlichkeit und differenzierte Bewertungen aus.

    Hier einige markante Zitate aus dem Bericht:

    „Der Erfolg dieser Exportanstrengungen brachte der DDR im Zeitraum von 1981 bis 1986 einen Überschuss in der Handelsbilanz (gegenüber dem NSW[1]) von 12,4 Mrd. VM[2] ein.“ (S. 41)

    „Die außenwirtschaftliche Lage der DDR änderte sich abrupt, als 1986 die Erdölpreise zu fallen begannen. Schwierigkeiten im landwirtschaftlichen Sektor (schlechte Ernten) kamen hinzu. Außerdem bemühten sich die DDR-Behörden, durch Einfuhr von Maschinen und maschinellen Anlagen die industrielle Basis zu stärken. Aus all dem resultierte ein deutlicher Anstieg der Einfuhren, so dass im Zeitraum 1987 bis 1989 Handelsdefizite (gegenüber dem NSW) in Höhe von 7,7 Mrd. VM aufliefen.“ (S. 42)

    …im Zeitraum 1975 bis 1989“ (gab es) „ Zinserträge aus dem Ausland im Betrag von 14,3 Mrd. VM, der Zinsaufwand betrug 45 Mrd. VM. Die Netto-Zinszahlungen an das Ausland – 30,7 Mrd. VM – machten 13,5% der Exporte an das NSW aus.“ „1989 erreichte sie“ (die saldierte Zinslast)“ 2,2 Mrd. VM, das waren 13% der Exporte.“ (S. 45)

    „Die Verschuldung“ (Verbindlichkeiten der DDR) „bestand überwiegend aus Bankverbindlichkeiten, deren Zunahme im Zeitraum von 1982 bis 1989 zumindest der Größenordnung nach dem von den Banken gehaltenen Liquiditätsreserven entspricht, sowie aus Verbindlichkeiten der Unternehmen gegenüber Lieferanten.“ (S. 59)

    „Ende 1989 betrug die Nettoverschuldung 19,9 Mrd. VM.“ (S. 59)

    Die saldierten DDR-Devisenschulden im Jahre 1989 betrugen also insgesamt 19,9 Mrd. VM, davon 13,6 Mrd. VM aus dem normalen Warenhandel (KD und VW) und 6,3 Mrd. VM aus dem besonderen „innerdeutschen Handel“. (S. 60)

    So viel zur Verschuldung und zu den saldierten Zinslasten. Die DDR hatte damals ihrerseits Forderungen an die Devisenländer und eigene Aktiva:

    „Ende 1981 betrugen die Forderungen gegenüber dem NSW noch 3,2 Mrd. VM, bis Ende 1985 waren sie auf 30,2 Mrd. VM angewachsen. Sie setzten sich zum großen Teil aus Guthaben der DDR-Banken, daneben aus Handelskrediten der Unternehmen sowie in relativ geringem Umfang aus Regierungskrediten zusammen.“ (S. 58)

    „Aber Ende 1989 lagen sie (die Liquiditätsreserven) immerhin noch bei 29 Mrd. VM und deckten 59,3% der Verschuldung ab. Das Verhältnis der Auslandsaktiva zu den Importen belief sich auf 158%, das heißt sie entsprachen den Einfuhren von 1 ½ Jahren.“ (S. 58)

    Dies bestätigt unsere o.a. Aussage, wonach der Verschuldungsumfang in Westdevisen die Existenz der DDR nicht direkt untergrub. Siegfried Wenzel hatte diese Schlussfolgerung wie folgt bekräftigt: „Es war bis Ende der 80er Jahre weder die innere Verschuldung noch die äußere – darunter auch die gegenüber dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet – die die ökonomische Existenz der DDR bedrohten.“ (Wenzel 2005, S. 22) Der konkrete Grund für die Gefährdung der DDR-Wirtschaft und deren Niedergang ist vielmehr im gesamten Kontext der Außenwirtschaft der DDR zu suchen:

    Der vor 1981 langjährige negative Außenbeitrag (Export minus Import) wurde in den Jahren danach (bis 1989) durch einen positiven Außenbeitrag in Höhe von kumulativ 50 Mrd. Euro abgelöst (Gerhard Heske 2005, S. 230). Dieser mengenmäßig-materielle Exportüberschuss war am Ende kumulativ höher als das Jahresvolumen 1989 für die Bruttoinvestitionen der DDR (47 Mrd. Euro), und er drückte zwangsläufig und mehrjährig die dann objektiv noch möglichen industriellen Bruttoinvestitionen auf einen niedrigeren Stand. Dazu kam die gegenläufige Wirkung der Veränderungen der Preisrelationen zwischen Export und Import in den 70-80er Jahren. Anfänglich hatte die DDR infolge der vertraglich verzögerten Weitergabe der erhöhten Weltmarktpreise für Rohöl seitens der UdSSR im RGW-Handel beträchtliche Preisvorteile (in Transfer-Rubeln), die zunächst stabilisierend wirkten. Später verkehrte sich der Vorteil für die DDR in einen Nachteil, denn die nunmehr gültigen erhöhten Vertragspreise mit der UdSSR waren bindend.

    Danach musste die DDR zwischen 1971 und 1987 aus den generell geänderten Preisrelationen im Außenhandel 22 Milliarden US-Dollar Verluste hinnehmen (Ch. Luft 1996, S. 91). Dies schmälerte wesentlich den finanziellen Nutzeffekt der mengenmäßigen Steigerung ihrer Exporte in der Endphase der DDR.
    Der Außenhandelsumsatz zwischen der UdSSR und der DDR von 1979 bis 1985 war wertmäßig auf 245 Prozent angestiegen; das materielle Produkt der Lieferungen der UdSSR an die DDR war jedoch bereits seit 1970 (bei 107 Prozent) stagnierend. (Wenzel 2005, S. 21/22) Die Importpreise (Preisindex) wurden seitens der UdSSR z. B. von 1970 zu 1983 um 304 Prozent erhöht, der Exportpreis-Index konnte im Gegenzug aber nur um 160 Prozent erhöht werden. Die „terms of trade“ für die DDR im UdSSR-Handel hatten sich damit grundlegend verschlechtert. Der Bundesbankbericht von 1999 vermerkte:

    „So stiegen die Importpreise für Erdöl aus der UdSSR von 1974 bis 1986 um das 11fache, die Preise für Erdgas um das 7fache. Die DDR konnte die Mehrkosten, die in diesem Zeitraum allein für diese Rohstoffe circa 40 Mrd. VM betrugen, nur zum Teil durch ein Anheben der eigenen Exportpreise ausgleichen.“ (S. 27)

    Durch den wirtschaftlichen Niedergang der UdSSR zu Ende der 80er Jahre unter Gorbatschow geriet die DDR-Außenwirtschaft ungewollt zwischen die Kredit- und Preis-Zwänge aus dem Westhandel und die materiellen Lieferkürzungen und das Preis-Dilemma aus dem Osthandel gleichermaßen.

    Erst dadurch verlor die DDR-Wirtschaft eine eigene sichere Perspektive und ging tendenziell ihrem ökonomischen Siechtum entgegen. Dies kommt u.a. durch den rückläufigen Materialimport aus der UdSSR seit den 80-er Jahren zum Tragen. In diesen Jahren wurden die sowjetischen Import-Liefermengen abermals rigoros gekürzt,

    „so z. B. 1985 zu 1988 bei Zink von 24.000 Tonnen auf 12.000 Tonnen, bei Apatitkonzentrat von 430.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen und bei Schnittholz von 1,7 Mio. m3 auf 0,9 Mio. m3. Dazu gehörten auch Lieferrückgänge bei Blei, Manganerz, Chromerz und anderen. Materialien. Die Lieferungen von Steinkohle (im Rahmen eines Umleitungsvertrages aus Polen) sanken von 6 Mio. Tonnen in den sechziger Jahren auf 1 Mio. Tonnen 1987 und 300.000 Tonnen 1988.“ (Wenzel, 2005, S. 22)

    Die sowjetischen Lieferverkürzungen wirkten bis zuletzt stark belastend und erhöhten deutlich den äußeren Zwang zu Importen auf Devisenbasis mit relativ hohen Zinsen, der auch im Sinne einer westdeutschen Strategie zur ostdeutschen Wachstumsbeschränkung (mittels Zinslasten) lag. Die westlichen Devisenkredite brachten der DDR neben dem (ambivalenten) Effekt der Verschuldung vor allem die ca. 30 Mrd. VM saldierten Zinslasten in Devisen ab 1975. Jedoch hatte die DDR bis zuletzt ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Westen peinlich genau erfüllt und litt am Ende unter keinerlei Kreditverweigerung der Westbanken.

    Das alles sollte auch ein geistig unabhängiger Zeitgenossen, wie z. B. Exbundeskanzler H. Schmidt, letztendlich zum Ausdruck bringen können, wenn von der DDR-Wirtschaft die Rede ist. Siegfried Wenzel verwies darauf hin, „dass das Geschwätz von der Pleite der Wirtschaft der DDR oder des Staates falsch ist; darauf berechnet, die von Kinkel im Anschlussprozess herausgegebene Parole der ‚Delegitimierung der DDR‘ ideologisch-propagandistisch zu untersetzen.“ (Wenzel, 2000, S. 22)

    Literaturangaben:

    Deutsche Bundesbank, „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989 [PDF - 226 KB]“, August 1999.
    Heske, Gerhard, „Bruttoinlandsprodukt, Verbrauch und Erwerbstätigkeit in Ostdeutschland 1970-2000, Köln 2005 (Zentr. f. Historische Sozialforschung, Supplement No. 17)
    Luft, Christa, „Die Lust am Eigentum“, Zürich 1996
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle der Ökonomie im finalen Entwicklungsabschnitt der DDR“, in: Pankower Vorträge, „1989 – 1990. Die DDR zwischen Wende und Anschluss“, Berlin 2000, Heft 20;
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle äußerer Faktoren für die ökonomische Entwicklung der DDR“, in: Pankower Vorträge, „Die DDR-Wirtschaft in den 80er Jahren“, Berlin 2005, Heft 70

    Anmerkung WL: Um den Zusammenbruch der DDR haben sich zahlreiche Legenden gebildet, so wird nach wie vor die Arbeit der „Treuhand“ als Erfolg dargestellt. Dabei sind reihenweise ehemalige DDR-Betriebe unter Wert an westdeutsche und europäische Anleger verkauft bzw. „abgewickelt“ worden, wie z.B. die ZDF-Sendung Frontal 2010 berichtete. Ähnliches gilt für die Verschleuderung der ostdeutschen Banken an westdeutsche Banken auf Kosten der Steuerzahler. Auch dass die DDR bei ihrem Zusammenbruch bankrott war, gehört zu den Legenden, mit der bis heute das niedrigere Wirtschaftsniveau im Osten gegenüber dem Westen begründet und politisch beschönigt wird. Mit dieser Legende wird auch nahegelegt, dass der Zusammenbruch vor allem auch ökonomische Gründe hatte. Damit wird aber die „friedliche Revolution“ als demokratisches politisches Aufbegehren der Bürgerinnen und Bürger der DDR abgewertet.

    Wir veröffentlichen diesen Beitrag von Karl Mai nicht um der Rehabilitierung der DDR sondern um der historischen Wahrheit willen.

    Karl Mai ist Ökonom und lebt in Halle an der Saale.
    Quelle:[Links nur für registrierte Nutzer]

    mfg
    rutt
    Ich gehe davon aus, daß man sich damals bewußt war, die Energiekriese, die kommen würde, nicht abwenden zu können. Der ständig steigene Bedarf an Strom hätte ab 1992 wahrscheinlich nicht mehr gedeckt werden können, da man mit den Atomkraftwerken nicht mehr so recht weiterkam. Die Russen lieferten trotz Verträge nicht oder eben minderwertige Komponenten, womit die DDR gezwungen war sie selbst zu bauen, was natürlich zu massiven Verzögerungen führte.
    Eine Stromknappheit zuzugeben hätte die DDR aber unter Umständen erpressbar gemacht und relevante Teile hätte der Westen nicht an sozialistische Länder verkauft.
    Als dann die Proteste hereinbrachen und die Maueröffnung zu einem steten Strom gen Westen führte an stelle einer Beruhigung, sah man sich wohl gezwungen, der BRD beizutreten.

    Nur eine Theorie, aber sie erscheint mir plausibel.

  2. #11852
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von ada Beitrag anzeigen
    Und du reflexartiger Beantworter des 2. Beitrag bist einfach ein beleidigender, ohne Grundlage warum weshalb, wieso, ohne Substanz anklagender Schwätzer..
    Ach Kindchen, Du hast ebenfalls keine Ahnung. Leider war die DDR 1989 nicht nur wirtschaftlich, sondern auch moralisch pleite. Das zu erkennen, habe auch ich mehrere Jahre gebraucht. Mich nervt es nur, wenn irgendwelche ewiggestrigen Pfeifen sich weigern, die hitorischen Realitäten wahrzunehmen.

  3. #11853
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von Rutt Beitrag anzeigen
    19. April 2012

    Exbundeskanzler H. Schmidt ließ sich Anfang April in dem umstrittenen Film über Margot Honecker zitieren. Dort stützte er seine Auffassung über die besonders hohe Westverschuldung der DDR als deren Grund für ihren “ausweglosen Untergang“. Dadurch befestigte er die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie, die im Widerspruch zum offiziellen Bundesbankbericht von 1999 steht, der u. a. diese Westverschuldung der DDR abschließend und vollständig dokumentierte und bewertete. Von Karl Mai.

    Dieser Bundesbankbericht „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989“ erschien im August 1999 als Sonderdruck und ist jedermann zugänglich, so dass man erwarten sollte, dass er auch vom ökonomisch beschlagenen Exbundeskanzler zur Kenntnis zu nehmen gewesen wäre. Folgen wir daher zunächst diesem dokumentarischen Bundesbankbericht in einigen Kernaussagen:

    Sogleich fällt auf, dass der Bundesbankbericht nirgends von einer besonders hohen oder gar exorbitanten Devisenverschuldung der DDR ausdrücklich ausgeht oder spricht. Seine Darstellung der DDR-Devisenverschuldung zeichnet sich durch große Sachlichkeit und differenzierte Bewertungen aus.

    Hier einige markante Zitate aus dem Bericht:

    „Der Erfolg dieser Exportanstrengungen brachte der DDR im Zeitraum von 1981 bis 1986 einen Überschuss in der Handelsbilanz (gegenüber dem NSW[1]) von 12,4 Mrd. VM[2] ein.“ (S. 41)

    „Die außenwirtschaftliche Lage der DDR änderte sich abrupt, als 1986 die Erdölpreise zu fallen begannen. Schwierigkeiten im landwirtschaftlichen Sektor (schlechte Ernten) kamen hinzu. Außerdem bemühten sich die DDR-Behörden, durch Einfuhr von Maschinen und maschinellen Anlagen die industrielle Basis zu stärken. Aus all dem resultierte ein deutlicher Anstieg der Einfuhren, so dass im Zeitraum 1987 bis 1989 Handelsdefizite (gegenüber dem NSW) in Höhe von 7,7 Mrd. VM aufliefen.“ (S. 42)

    …im Zeitraum 1975 bis 1989“ (gab es) „ Zinserträge aus dem Ausland im Betrag von 14,3 Mrd. VM, der Zinsaufwand betrug 45 Mrd. VM. Die Netto-Zinszahlungen an das Ausland – 30,7 Mrd. VM – machten 13,5% der Exporte an das NSW aus.“ „1989 erreichte sie“ (die saldierte Zinslast)“ 2,2 Mrd. VM, das waren 13% der Exporte.“ (S. 45)

    „Die Verschuldung“ (Verbindlichkeiten der DDR) „bestand überwiegend aus Bankverbindlichkeiten, deren Zunahme im Zeitraum von 1982 bis 1989 zumindest der Größenordnung nach dem von den Banken gehaltenen Liquiditätsreserven entspricht, sowie aus Verbindlichkeiten der Unternehmen gegenüber Lieferanten.“ (S. 59)

    „Ende 1989 betrug die Nettoverschuldung 19,9 Mrd. VM.“ (S. 59)

    Die saldierten DDR-Devisenschulden im Jahre 1989 betrugen also insgesamt 19,9 Mrd. VM, davon 13,6 Mrd. VM aus dem normalen Warenhandel (KD und VW) und 6,3 Mrd. VM aus dem besonderen „innerdeutschen Handel“. (S. 60)

    So viel zur Verschuldung und zu den saldierten Zinslasten. Die DDR hatte damals ihrerseits Forderungen an die Devisenländer und eigene Aktiva:

    „Ende 1981 betrugen die Forderungen gegenüber dem NSW noch 3,2 Mrd. VM, bis Ende 1985 waren sie auf 30,2 Mrd. VM angewachsen. Sie setzten sich zum großen Teil aus Guthaben der DDR-Banken, daneben aus Handelskrediten der Unternehmen sowie in relativ geringem Umfang aus Regierungskrediten zusammen.“ (S. 58)

    „Aber Ende 1989 lagen sie (die Liquiditätsreserven) immerhin noch bei 29 Mrd. VM und deckten 59,3% der Verschuldung ab. Das Verhältnis der Auslandsaktiva zu den Importen belief sich auf 158%, das heißt sie entsprachen den Einfuhren von 1 ½ Jahren.“ (S. 58)

    Dies bestätigt unsere o.a. Aussage, wonach der Verschuldungsumfang in Westdevisen die Existenz der DDR nicht direkt untergrub. Siegfried Wenzel hatte diese Schlussfolgerung wie folgt bekräftigt: „Es war bis Ende der 80er Jahre weder die innere Verschuldung noch die äußere – darunter auch die gegenüber dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet – die die ökonomische Existenz der DDR bedrohten.“ (Wenzel 2005, S. 22) Der konkrete Grund für die Gefährdung der DDR-Wirtschaft und deren Niedergang ist vielmehr im gesamten Kontext der Außenwirtschaft der DDR zu suchen:

    Der vor 1981 langjährige negative Außenbeitrag (Export minus Import) wurde in den Jahren danach (bis 1989) durch einen positiven Außenbeitrag in Höhe von kumulativ 50 Mrd. Euro abgelöst (Gerhard Heske 2005, S. 230). Dieser mengenmäßig-materielle Exportüberschuss war am Ende kumulativ höher als das Jahresvolumen 1989 für die Bruttoinvestitionen der DDR (47 Mrd. Euro), und er drückte zwangsläufig und mehrjährig die dann objektiv noch möglichen industriellen Bruttoinvestitionen auf einen niedrigeren Stand. Dazu kam die gegenläufige Wirkung der Veränderungen der Preisrelationen zwischen Export und Import in den 70-80er Jahren. Anfänglich hatte die DDR infolge der vertraglich verzögerten Weitergabe der erhöhten Weltmarktpreise für Rohöl seitens der UdSSR im RGW-Handel beträchtliche Preisvorteile (in Transfer-Rubeln), die zunächst stabilisierend wirkten. Später verkehrte sich der Vorteil für die DDR in einen Nachteil, denn die nunmehr gültigen erhöhten Vertragspreise mit der UdSSR waren bindend.

    Danach musste die DDR zwischen 1971 und 1987 aus den generell geänderten Preisrelationen im Außenhandel 22 Milliarden US-Dollar Verluste hinnehmen (Ch. Luft 1996, S. 91). Dies schmälerte wesentlich den finanziellen Nutzeffekt der mengenmäßigen Steigerung ihrer Exporte in der Endphase der DDR.
    Der Außenhandelsumsatz zwischen der UdSSR und der DDR von 1979 bis 1985 war wertmäßig auf 245 Prozent angestiegen; das materielle Produkt der Lieferungen der UdSSR an die DDR war jedoch bereits seit 1970 (bei 107 Prozent) stagnierend. (Wenzel 2005, S. 21/22) Die Importpreise (Preisindex) wurden seitens der UdSSR z. B. von 1970 zu 1983 um 304 Prozent erhöht, der Exportpreis-Index konnte im Gegenzug aber nur um 160 Prozent erhöht werden. Die „terms of trade“ für die DDR im UdSSR-Handel hatten sich damit grundlegend verschlechtert. Der Bundesbankbericht von 1999 vermerkte:

    „So stiegen die Importpreise für Erdöl aus der UdSSR von 1974 bis 1986 um das 11fache, die Preise für Erdgas um das 7fache. Die DDR konnte die Mehrkosten, die in diesem Zeitraum allein für diese Rohstoffe circa 40 Mrd. VM betrugen, nur zum Teil durch ein Anheben der eigenen Exportpreise ausgleichen.“ (S. 27)

    Durch den wirtschaftlichen Niedergang der UdSSR zu Ende der 80er Jahre unter Gorbatschow geriet die DDR-Außenwirtschaft ungewollt zwischen die Kredit- und Preis-Zwänge aus dem Westhandel und die materiellen Lieferkürzungen und das Preis-Dilemma aus dem Osthandel gleichermaßen.

    Erst dadurch verlor die DDR-Wirtschaft eine eigene sichere Perspektive und ging tendenziell ihrem ökonomischen Siechtum entgegen. Dies kommt u.a. durch den rückläufigen Materialimport aus der UdSSR seit den 80-er Jahren zum Tragen. In diesen Jahren wurden die sowjetischen Import-Liefermengen abermals rigoros gekürzt,

    „so z. B. 1985 zu 1988 bei Zink von 24.000 Tonnen auf 12.000 Tonnen, bei Apatitkonzentrat von 430.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen und bei Schnittholz von 1,7 Mio. m3 auf 0,9 Mio. m3. Dazu gehörten auch Lieferrückgänge bei Blei, Manganerz, Chromerz und anderen. Materialien. Die Lieferungen von Steinkohle (im Rahmen eines Umleitungsvertrages aus Polen) sanken von 6 Mio. Tonnen in den sechziger Jahren auf 1 Mio. Tonnen 1987 und 300.000 Tonnen 1988.“ (Wenzel, 2005, S. 22)

    Die sowjetischen Lieferverkürzungen wirkten bis zuletzt stark belastend und erhöhten deutlich den äußeren Zwang zu Importen auf Devisenbasis mit relativ hohen Zinsen, der auch im Sinne einer westdeutschen Strategie zur ostdeutschen Wachstumsbeschränkung (mittels Zinslasten) lag. Die westlichen Devisenkredite brachten der DDR neben dem (ambivalenten) Effekt der Verschuldung vor allem die ca. 30 Mrd. VM saldierten Zinslasten in Devisen ab 1975. Jedoch hatte die DDR bis zuletzt ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Westen peinlich genau erfüllt und litt am Ende unter keinerlei Kreditverweigerung der Westbanken.

    Das alles sollte auch ein geistig unabhängiger Zeitgenossen, wie z. B. Exbundeskanzler H. Schmidt, letztendlich zum Ausdruck bringen können, wenn von der DDR-Wirtschaft die Rede ist. Siegfried Wenzel verwies darauf hin, „dass das Geschwätz von der Pleite der Wirtschaft der DDR oder des Staates falsch ist; darauf berechnet, die von Kinkel im Anschlussprozess herausgegebene Parole der ‚Delegitimierung der DDR‘ ideologisch-propagandistisch zu untersetzen.“ (Wenzel, 2000, S. 22)

    Literaturangaben:

    Deutsche Bundesbank, „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989 [PDF - 226 KB]“, August 1999.
    Heske, Gerhard, „Bruttoinlandsprodukt, Verbrauch und Erwerbstätigkeit in Ostdeutschland 1970-2000, Köln 2005 (Zentr. f. Historische Sozialforschung, Supplement No. 17)
    Luft, Christa, „Die Lust am Eigentum“, Zürich 1996
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle der Ökonomie im finalen Entwicklungsabschnitt der DDR“, in: Pankower Vorträge, „1989 – 1990. Die DDR zwischen Wende und Anschluss“, Berlin 2000, Heft 20;
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle äußerer Faktoren für die ökonomische Entwicklung der DDR“, in: Pankower Vorträge, „Die DDR-Wirtschaft in den 80er Jahren“, Berlin 2005, Heft 70

    Anmerkung WL: Um den Zusammenbruch der DDR haben sich zahlreiche Legenden gebildet, so wird nach wie vor die Arbeit der „Treuhand“ als Erfolg dargestellt. Dabei sind reihenweise ehemalige DDR-Betriebe unter Wert an westdeutsche und europäische Anleger verkauft bzw. „abgewickelt“ worden, wie z.B. die ZDF-Sendung Frontal 2010 berichtete. Ähnliches gilt für die Verschleuderung der ostdeutschen Banken an westdeutsche Banken auf Kosten der Steuerzahler. Auch dass die DDR bei ihrem Zusammenbruch bankrott war, gehört zu den Legenden, mit der bis heute das niedrigere Wirtschaftsniveau im Osten gegenüber dem Westen begründet und politisch beschönigt wird. Mit dieser Legende wird auch nahegelegt, dass der Zusammenbruch vor allem auch ökonomische Gründe hatte. Damit wird aber die „friedliche Revolution“ als demokratisches politisches Aufbegehren der Bürgerinnen und Bürger der DDR abgewertet.

    Wir veröffentlichen diesen Beitrag von Karl Mai nicht um der Rehabilitierung der DDR sondern um der historischen Wahrheit willen.

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    mfg
    rutt


    Ich schreib hier keinen Roman. Der verfallene Clownstaat bettelte bei Kohl um Kredit und hatte nur 1/4 pro Kopfproduktion des Westens bei angeblich null Arbeitslosigkeit.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  4. #11854
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    nachdenkseiten, was denn sonst. Die lese ich nur wenn es um die Beschreibung von sozialen Misständen geht aber nicht um ökonomische Analysen.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  5. #11855
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von Siegfriedphirit Beitrag anzeigen
    was damals war ist kalter kaffee- die BRD war damals zur Wende auch nicht der Staat der sie heute ist... hätte die BRD schon damals die Probleme gehabt wie heute-hätte es die Wende womöglich nicht gegeben- aber damals war alles noch rosig- vorallem aus der Sicht der DDR Bürger-die hätten sich nie gedacht, das sie mal arbeitslos sein könnten oder das sie an Suppenküchen(Tafeln) anstehen würden oder über Bettler und Drogensüchtige stolbern und Multikulti gabs auch nicht...Was waren die Schulden von ca 20 Milliarden der DDR gegen die 2000 Millarden der BRD heute? Die DDR ist Geschichte und das sollte sie bleiben - nur nachträgliches schwarzmalen bringt uns nicht weiter. Was wahr ist sollte wahr bleiben. kleine Anmerkung zu den Straßen - die sind heute zum teil in den Altbundesländern schlechter wie in der DDR.
    Aber wir wollen doch heute besser sein, wie die verflossene DDR-also packen wir das an: Also weg mit der Drogenkriminalität - weg mit den Rotlichtvierteln Puff`s und Co, Vollbeschäftigung,Kindergartenplätze für alle die einen brauchen, weg mit der zwei Klassen Medizin, kostenlose Bildung für alle usw. oder ist das zuviel für die BRD- zuviel verlangt von der Freiheit ? Die DDR hatte das schon - nur keine Freiheit ! -( am Rande bemerkt). Aber die gibt es nicht mehr und das ist gut so ...Nur, wann fangen wir an und werden besser, wie diese verhaßte Diktatur ...auf allen Gebieten und nicht nur bei schönen Autos und Bananen!


    Die heutige Schweiz ist noch wie die alte BRD, die mussten keine Einheit und EU stemmen.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  6. #11856
    ein feiner Mensch Benutzerbild von konfutse
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von romeo1 Beitrag anzeigen
    Hast recht. Dennoch nervt dieses inkompetente Geblöke.
    Mich nervt euer Geblöke nicht, es bestätigt mich. Einfach noch mal lesen Dummerchen:

    Exbundeskanzler H. Schmidt ließ sich Anfang April in dem umstrittenen Film über Margot Honecker zitieren. Dort stützte er seine Auffassung über die besonders hohe Westverschuldung der DDR als deren Grund für ihren “ausweglosen Untergang“. Dadurch befestigte er die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie, die im Widerspruch zum offiziellen Bundesbankbericht von 1999 steht, der u. a. diese Westverschuldung der DDR abschließend und vollständig dokumentierte und bewertete.
    Ist dir wieder nichts aufgefallen? Ich sage es dir: Es geht um die Staatsverschuldung! Und da hat der Schmidt eben die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie bedient, die die Bundesbank widerlegt hat. Besonders helle ist der auch nicht.
    Kennt ihr diesen Moment, in dem plötzlich alles Sinn ergibt und man merkt, dass der ganze Scheiß sich wirklich lohnt? Ich auch nicht.

    Es gibt indes wenige Menschen, die eine Phantasie für die Wahrheit des Realen besitzen ...

  7. #11857
    Einhorn
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von Rutt Beitrag anzeigen
    19. April 2012

    Exbundeskanzler H. Schmidt ließ sich Anfang April in dem umstrittenen Film über Margot Honecker zitieren. Dort stützte er seine Auffassung über die besonders hohe Westverschuldung der DDR als deren Grund für ihren “ausweglosen Untergang“. Dadurch befestigte er die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie, die im Widerspruch zum offiziellen Bundesbankbericht von 1999 steht, der u. a. diese Westverschuldung der DDR abschließend und vollständig dokumentierte und bewertete. Von Karl Mai.

    Dieser Bundesbankbericht „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989“ erschien im August 1999 als Sonderdruck und ist jedermann zugänglich, so dass man erwarten sollte, dass er auch vom ökonomisch beschlagenen Exbundeskanzler zur Kenntnis zu nehmen gewesen wäre. Folgen wir daher zunächst diesem dokumentarischen Bundesbankbericht in einigen Kernaussagen:

    Sogleich fällt auf, dass der Bundesbankbericht nirgends von einer besonders hohen oder gar exorbitanten Devisenverschuldung der DDR ausdrücklich ausgeht oder spricht. Seine Darstellung der DDR-Devisenverschuldung zeichnet sich durch große Sachlichkeit und differenzierte Bewertungen aus.

    Hier einige markante Zitate aus dem Bericht:

    „Der Erfolg dieser Exportanstrengungen brachte der DDR im Zeitraum von 1981 bis 1986 einen Überschuss in der Handelsbilanz (gegenüber dem NSW[1]) von 12,4 Mrd. VM[2] ein.“ (S. 41)

    „Die außenwirtschaftliche Lage der DDR änderte sich abrupt, als 1986 die Erdölpreise zu fallen begannen. Schwierigkeiten im landwirtschaftlichen Sektor (schlechte Ernten) kamen hinzu. Außerdem bemühten sich die DDR-Behörden, durch Einfuhr von Maschinen und maschinellen Anlagen die industrielle Basis zu stärken. Aus all dem resultierte ein deutlicher Anstieg der Einfuhren, so dass im Zeitraum 1987 bis 1989 Handelsdefizite (gegenüber dem NSW) in Höhe von 7,7 Mrd. VM aufliefen.“ (S. 42)

    …im Zeitraum 1975 bis 1989“ (gab es) „ Zinserträge aus dem Ausland im Betrag von 14,3 Mrd. VM, der Zinsaufwand betrug 45 Mrd. VM. Die Netto-Zinszahlungen an das Ausland – 30,7 Mrd. VM – machten 13,5% der Exporte an das NSW aus.“ „1989 erreichte sie“ (die saldierte Zinslast)“ 2,2 Mrd. VM, das waren 13% der Exporte.“ (S. 45)

    „Die Verschuldung“ (Verbindlichkeiten der DDR) „bestand überwiegend aus Bankverbindlichkeiten, deren Zunahme im Zeitraum von 1982 bis 1989 zumindest der Größenordnung nach dem von den Banken gehaltenen Liquiditätsreserven entspricht, sowie aus Verbindlichkeiten der Unternehmen gegenüber Lieferanten.“ (S. 59)

    „Ende 1989 betrug die Nettoverschuldung 19,9 Mrd. VM.“ (S. 59)

    Die saldierten DDR-Devisenschulden im Jahre 1989 betrugen also insgesamt 19,9 Mrd. VM, davon 13,6 Mrd. VM aus dem normalen Warenhandel (KD und VW) und 6,3 Mrd. VM aus dem besonderen „innerdeutschen Handel“. (S. 60)

    So viel zur Verschuldung und zu den saldierten Zinslasten. Die DDR hatte damals ihrerseits Forderungen an die Devisenländer und eigene Aktiva:

    „Ende 1981 betrugen die Forderungen gegenüber dem NSW noch 3,2 Mrd. VM, bis Ende 1985 waren sie auf 30,2 Mrd. VM angewachsen. Sie setzten sich zum großen Teil aus Guthaben der DDR-Banken, daneben aus Handelskrediten der Unternehmen sowie in relativ geringem Umfang aus Regierungskrediten zusammen.“ (S. 58)

    „Aber Ende 1989 lagen sie (die Liquiditätsreserven) immerhin noch bei 29 Mrd. VM und deckten 59,3% der Verschuldung ab. Das Verhältnis der Auslandsaktiva zu den Importen belief sich auf 158%, das heißt sie entsprachen den Einfuhren von 1 ½ Jahren.“ (S. 58)

    Dies bestätigt unsere o.a. Aussage, wonach der Verschuldungsumfang in Westdevisen die Existenz der DDR nicht direkt untergrub. Siegfried Wenzel hatte diese Schlussfolgerung wie folgt bekräftigt: „Es war bis Ende der 80er Jahre weder die innere Verschuldung noch die äußere – darunter auch die gegenüber dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet – die die ökonomische Existenz der DDR bedrohten.“ (Wenzel 2005, S. 22) Der konkrete Grund für die Gefährdung der DDR-Wirtschaft und deren Niedergang ist vielmehr im gesamten Kontext der Außenwirtschaft der DDR zu suchen:

    Der vor 1981 langjährige negative Außenbeitrag (Export minus Import) wurde in den Jahren danach (bis 1989) durch einen positiven Außenbeitrag in Höhe von kumulativ 50 Mrd. Euro abgelöst (Gerhard Heske 2005, S. 230). Dieser mengenmäßig-materielle Exportüberschuss war am Ende kumulativ höher als das Jahresvolumen 1989 für die Bruttoinvestitionen der DDR (47 Mrd. Euro), und er drückte zwangsläufig und mehrjährig die dann objektiv noch möglichen industriellen Bruttoinvestitionen auf einen niedrigeren Stand. Dazu kam die gegenläufige Wirkung der Veränderungen der Preisrelationen zwischen Export und Import in den 70-80er Jahren. Anfänglich hatte die DDR infolge der vertraglich verzögerten Weitergabe der erhöhten Weltmarktpreise für Rohöl seitens der UdSSR im RGW-Handel beträchtliche Preisvorteile (in Transfer-Rubeln), die zunächst stabilisierend wirkten. Später verkehrte sich der Vorteil für die DDR in einen Nachteil, denn die nunmehr gültigen erhöhten Vertragspreise mit der UdSSR waren bindend.

    Danach musste die DDR zwischen 1971 und 1987 aus den generell geänderten Preisrelationen im Außenhandel 22 Milliarden US-Dollar Verluste hinnehmen (Ch. Luft 1996, S. 91). Dies schmälerte wesentlich den finanziellen Nutzeffekt der mengenmäßigen Steigerung ihrer Exporte in der Endphase der DDR.
    Der Außenhandelsumsatz zwischen der UdSSR und der DDR von 1979 bis 1985 war wertmäßig auf 245 Prozent angestiegen; das materielle Produkt der Lieferungen der UdSSR an die DDR war jedoch bereits seit 1970 (bei 107 Prozent) stagnierend. (Wenzel 2005, S. 21/22) Die Importpreise (Preisindex) wurden seitens der UdSSR z. B. von 1970 zu 1983 um 304 Prozent erhöht, der Exportpreis-Index konnte im Gegenzug aber nur um 160 Prozent erhöht werden. Die „terms of trade“ für die DDR im UdSSR-Handel hatten sich damit grundlegend verschlechtert. Der Bundesbankbericht von 1999 vermerkte:

    „So stiegen die Importpreise für Erdöl aus der UdSSR von 1974 bis 1986 um das 11fache, die Preise für Erdgas um das 7fache. Die DDR konnte die Mehrkosten, die in diesem Zeitraum allein für diese Rohstoffe circa 40 Mrd. VM betrugen, nur zum Teil durch ein Anheben der eigenen Exportpreise ausgleichen.“ (S. 27)

    Durch den wirtschaftlichen Niedergang der UdSSR zu Ende der 80er Jahre unter Gorbatschow geriet die DDR-Außenwirtschaft ungewollt zwischen die Kredit- und Preis-Zwänge aus dem Westhandel und die materiellen Lieferkürzungen und das Preis-Dilemma aus dem Osthandel gleichermaßen.

    Erst dadurch verlor die DDR-Wirtschaft eine eigene sichere Perspektive und ging tendenziell ihrem ökonomischen Siechtum entgegen. Dies kommt u.a. durch den rückläufigen Materialimport aus der UdSSR seit den 80-er Jahren zum Tragen. In diesen Jahren wurden die sowjetischen Import-Liefermengen abermals rigoros gekürzt,

    „so z. B. 1985 zu 1988 bei Zink von 24.000 Tonnen auf 12.000 Tonnen, bei Apatitkonzentrat von 430.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen und bei Schnittholz von 1,7 Mio. m3 auf 0,9 Mio. m3. Dazu gehörten auch Lieferrückgänge bei Blei, Manganerz, Chromerz und anderen. Materialien. Die Lieferungen von Steinkohle (im Rahmen eines Umleitungsvertrages aus Polen) sanken von 6 Mio. Tonnen in den sechziger Jahren auf 1 Mio. Tonnen 1987 und 300.000 Tonnen 1988.“ (Wenzel, 2005, S. 22)

    Die sowjetischen Lieferverkürzungen wirkten bis zuletzt stark belastend und erhöhten deutlich den äußeren Zwang zu Importen auf Devisenbasis mit relativ hohen Zinsen, der auch im Sinne einer westdeutschen Strategie zur ostdeutschen Wachstumsbeschränkung (mittels Zinslasten) lag. Die westlichen Devisenkredite brachten der DDR neben dem (ambivalenten) Effekt der Verschuldung vor allem die ca. 30 Mrd. VM saldierten Zinslasten in Devisen ab 1975. Jedoch hatte die DDR bis zuletzt ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Westen peinlich genau erfüllt und litt am Ende unter keinerlei Kreditverweigerung der Westbanken.

    Das alles sollte auch ein geistig unabhängiger Zeitgenossen, wie z. B. Exbundeskanzler H. Schmidt, letztendlich zum Ausdruck bringen können, wenn von der DDR-Wirtschaft die Rede ist. Siegfried Wenzel verwies darauf hin, „dass das Geschwätz von der Pleite der Wirtschaft der DDR oder des Staates falsch ist; darauf berechnet, die von Kinkel im Anschlussprozess herausgegebene Parole der ‚Delegitimierung der DDR‘ ideologisch-propagandistisch zu untersetzen.“ (Wenzel, 2000, S. 22)

    Literaturangaben:

    Deutsche Bundesbank, „Die Zahlungsbilanz der ehemaligen DDR 1975 bis 1989 [PDF - 226 KB]“, August 1999.
    Heske, Gerhard, „Bruttoinlandsprodukt, Verbrauch und Erwerbstätigkeit in Ostdeutschland 1970-2000, Köln 2005 (Zentr. f. Historische Sozialforschung, Supplement No. 17)
    Luft, Christa, „Die Lust am Eigentum“, Zürich 1996
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle der Ökonomie im finalen Entwicklungsabschnitt der DDR“, in: Pankower Vorträge, „1989 – 1990. Die DDR zwischen Wende und Anschluss“, Berlin 2000, Heft 20;
    Wenzel, Siegfried, „Zur Rolle äußerer Faktoren für die ökonomische Entwicklung der DDR“, in: Pankower Vorträge, „Die DDR-Wirtschaft in den 80er Jahren“, Berlin 2005, Heft 70

    Anmerkung WL: Um den Zusammenbruch der DDR haben sich zahlreiche Legenden gebildet, so wird nach wie vor die Arbeit der „Treuhand“ als Erfolg dargestellt. Dabei sind reihenweise ehemalige DDR-Betriebe unter Wert an westdeutsche und europäische Anleger verkauft bzw. „abgewickelt“ worden, wie z.B. die ZDF-Sendung Frontal 2010 berichtete. Ähnliches gilt für die Verschleuderung der ostdeutschen Banken an westdeutsche Banken auf Kosten der Steuerzahler. Auch dass die DDR bei ihrem Zusammenbruch bankrott war, gehört zu den Legenden, mit der bis heute das niedrigere Wirtschaftsniveau im Osten gegenüber dem Westen begründet und politisch beschönigt wird. Mit dieser Legende wird auch nahegelegt, dass der Zusammenbruch vor allem auch ökonomische Gründe hatte. Damit wird aber die „friedliche Revolution“ als demokratisches politisches Aufbegehren der Bürgerinnen und Bürger der DDR abgewertet.

    Wir veröffentlichen diesen Beitrag von Karl Mai nicht um der Rehabilitierung der DDR sondern um der historischen Wahrheit willen.

    Karl Mai ist Ökonom und lebt in Halle an der Saale.
    Quelle:[Links nur für registrierte Nutzer]

    mfg
    rutt
    Die DDR ist daran zugrunde gegangen, dass in ihrer Volkswirtschaft jahrzehntelang mehr konsumiert als produziert wurde. Da der Staat im Ausland kaum kreditwürdig war, ging der Überkonsum zulasten Instandhaltung und Erweiterung der eigenen Substanz (Immobilien, Betriebsvermögen, Infrastruktur), was sich wiederum nachteilig auf die Produktion auswirkte. Wären die Fachkräfte nicht durch die Mauer von der Westwanderung abgehalten worden, hätte sich diese Entwicklung noch schneller vollzogen.

  8. #11858
    Mitglied Benutzerbild von romeo1
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von konfutse Beitrag anzeigen
    Mich nervt euer Geblöke nicht, es bestätigt mich. Einfach noch mal lesen Dummerchen:



    Ist dir wieder nichts aufgefallen? Ich sage es dir: Es geht um die Staatsverschuldung! Und da hat der Schmidt eben die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie bedient, die die Bundesbank widerlegt hat. Besonders helle ist der auch nicht.

    konfurzius, die DDR ging an ihren eigenen inneren und nicht lösbaren Widersprüchen zugrunde. Das Land war 1989 wirtschaftlich und moralisch am Ende. Der Zustand des Landes war eine Katastrophe, der Raubbau infolge der soz. Mißwirtschaft war enorm. Der Kontroll- und Überwachungswahn war ungeheuerlich. Das einzig interessante wäre zu wissen, wie man die Wiedervereinigung hätte besser realisieren können, wenn 1987 Markus Wolf mit seinem Putschversuch erfolgreich gewesen wäre. Er hatte erkannt, daß das Land am Ende gewesen ist. Deshalb plante er, die gesamte Partei- und Staatsführung zu entmachten und vorübergehend eine Militärregierung einzusetzen. Wäre dieser Plan gelungen, hätte die Wiedervereinigung sicherlich eleganter und weniger schmerzvoll umgesetzt werden können. Leider wurde der Plan verraten und Wolf mußte in den Ruhestand.

  9. #11859
    ein feiner Mensch Benutzerbild von konfutse
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von romeo1 Beitrag anzeigen
    konfurzius, die DDR ging an ihren eigenen inneren und nicht lösbaren Widersprüchen zugrunde. Das Land war 1989 wirtschaftlich und moralisch am Ende. Der Zustand des Landes war eine Katastrophe, der Raubbau infolge der soz. Mißwirtschaft war enorm. Der Kontroll- und Überwachungswahn war ungeheuerlich. Das einzig interessante wäre zu wissen, wie man die Wiedervereinigung hätte besser realisieren können, wenn 1987 Markus Wolf mit seinem Putschversuch erfolgreich gewesen wäre. Er hatte erkannt, daß das Land am Ende gewesen ist. Deshalb plante er, die gesamte Partei- und Staatsführung zu entmachten und vorübergehend eine Militärregierung einzusetzen. Wäre dieser Plan gelungen, hätte die Wiedervereinigung sicherlich eleganter und weniger schmerzvoll umgesetzt werden können. Leider wurde der Plan verraten und Wolf mußte in den Ruhestand.
    Es kann alles gewesen sein, aber die DDR war weder Pleite, noch war die Staatsverschuldung so dramatisch, dass sie das Ende der DDR bedeutete wie dieser Schmidt geplappert hat.
    Kennt ihr diesen Moment, in dem plötzlich alles Sinn ergibt und man merkt, dass der ganze Scheiß sich wirklich lohnt? Ich auch nicht.

    Es gibt indes wenige Menschen, die eine Phantasie für die Wahrheit des Realen besitzen ...

  10. #11860
    Mitglied Benutzerbild von romeo1
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    Standard AW: Die Legende von der Pleite der DDR

    Zitat Zitat von konfutse Beitrag anzeigen
    Es kann alles gewesen sein, aber die DDR war weder Pleite, noch war die Staatsverschuldung so dramatisch, dass sie das Ende der DDR bedeutete wie dieser Schmidt geplappert hat.
    Du beweist damit, daß Du keine Ahnung hast, aber davon reichlich. Als der liebe Gott das Gehirn verteilt hat, da hat er das Vakuum zw. Deinen Ohren übersehen.

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