Zitat von
NITUP
Nun lassen wir mal unsere Differenzen außen vor -wenn uns das gelingt!
Mit Deiner Einschätzung, dass die Westalliierten im Verbund mit Konrad Adenauer kein Interesse an einem neutralen Deutschland hatten, liegst Du goldrichtig. Das ist der Punkt, um den sich alles dreht.
Mach doch nicht den Fehler, Stalin hier intellektuell zu unterschätzen. Der alte Fuchs wusste genau, was er tat. Glaubst Du ernsthaft, Stalin hätte sich um das Wohl seiner kommunistischen "Genossen" um Walter Ulbricht nebst SED großartig geschert, wenn ihm ein militärisch neutrales Deutschland in Aussicht stand? Das war Stalins Ziel, nichts anderes. Er wusste nur allzu gut, dass eine auf Jahrzehnte angelegte Dauerpräsenz zweier sich an einer Grenze gegenüberstehender Militärblöcke die Gefahr einer Auseinandersetzung nur vergrößerte, und am Ende nur einer von beiden übrig bleibt. Und so ist es ja auch gekommen.
Schau doch mal auf das Datum dieser Stalinnote. 1952, das waren sieben Jahre nach dem Krieg. Die Menschen hungerten immer noch und wohnten in Erdlöchern, die zerstörte Wirtschaft und der Verlust millionenfacher Ärzte und Ingenieure, Wissenschaftler und Lehrer überwindet man nicht einfach mal so im Vorbeigehen. Will sagen, dass die SU geopolitische Probleme nicht gebrauchen konnte. Der SU wäre ein neutrales und vor allem wirtschaftlich starkes Deutschland viel nützlicher gewesen als eine dauerbesetzte DDR am Tropf russischer Ressourcen.
Man muss nicht gleich zum Freund eines Joseph Stalins werden, wenn man ihm Ehrlichkeit bei seiner 1952er Note unterstellt. Der Vorwurf, auch dies hätte nur dem Erhalt der sowjetischen Macht gedient, und damit seinem eigenen Erhalt, ist ja dadurch nicht ausgeräumt. Aber was gehen uns Deutschen russische Verhältnisse an? Die Annahme dieser Stalin-Note hätte ein souveränes und unbesetztes Deutschland zur Folge gehabt, in keinem militärpolitischen Block eingebunden.
Wenn ich mir die neutralen europäischen Länder der Nachkriegszeit so anschaue -Schweiz, Österreich, Schweden- , dann ist unschwer abzustreiten, dass es für unsere Nation mehr Vorteile als Nachteile gebracht hätte.
Wie man das nun nach über fünfzig Jahren bewertet, ist im Grunde vom sekundären Interesse, da die Akteure von damals fast ausnahmslos tot sind. Es bringt also nichts, das ganze ideologisch auszuschlachten. Wichtig ist nur, die Geschichte realistisch zu betrachten. Wir Deutschen haben für den Zweiten Weltkrieg am Ende mehr bezahlt, als wir hätten müssen. Und das es ausgerechnet die Russen waren, die uns davor bewahrt hätten, ist eine gewisse Ironie der Geschichte, die sich spätestens dann zur Tragödie wendet, wenn immer noch die falschen Helden verehrt werden.
Ich will keine Huldigung Stalins als Vorreiter der deutschen Einheit. Die war ihm schnurz egal gewesen. Aber es mutet schon absurd an, 63 Jahre US-Besatzung in Deutschland als Katalysator unserer "Freiheit, Demokratie und Einheit" zu preisen. Wenn schon eine passende Metapher, dann wäre die Bemühung des Wolfes im Schafspelz passender.
Das ist meine Auffassung bar jeglicher Ideologie.