[Links nur für registrierte Nutzer]In einem Interview hat die amerikanische Konservative Marcia Pally die europäischen mit den amerikanischen Einwanderergesellschaften verglichen und kam zu dem Schluss, das es diese Entfremdung, diese Rebellion in Amerika in der dritten Generation nicht gibt. Das sei ein typisches europäisches Phänomen, so Marcia Pally.
Henryk M. Broder: Ja, also zum einen ist Marcia Pally keine Konservative. Sie ist eigentlich eine ziemliche Linke, aber das macht nichts, in diesem Fall könnte sie trotzdem Recht haben. Das scheint in der Tat ein europäisches Phänomen zu sein. In Amerika ist es weitgehend unbekannt. Das kann damit zusammenhängen, dass die Amerikaner sich schon immer als eine Einwanderungsgesellschaft verstanden haben, während wir das erst vor ein paar Jahren zugegeben und eingesehen haben. Aber es gibt noch einen anderen Grund, und der ist vielleicht wichtiger: Die Leute, die nach Amerika kamen, kamen aus anderen Motiven. Sie kamen, weil sie ein besseres Leben suchten, und weil sie wussten, dass sie in eine bessere Gesellschaft kommen. Die Einwanderer, die zu uns kommen, suchen zwar auch ein besseres Leben, aber ich glaube nicht, dass sie davon überzeugt sind, dass sie in eine bessere Gesellschaft kommen. Wir haben es auch zum ersten Mal in der Geschichte der Migration mit dem Phänomen zu tun, dass die Einwanderer die Gesellschaften, in die sie kommen, verachten – als sittenlos, als unmoralisch, als schwach und nachgiebig. Und sich in solche Gesellschaften zu integrieren macht von deren Standpunkt aus in der Tat wenig Sinn.
Jaja - es sind natürlich nicht "die" Muslime, ich weiß - aber die Frage ist klar: Verachten (einige, viele, alle) Muslime unsere Gesellschaft zu Recht?