Demokratien unterscheiden sich von Diktaturen durch die unveräußerlichen Freiheitsrechte, die jedem einzelnen Menschen unabhängig von Alter, Hautfarbe, Rasse, Geschlecht und Religion gewährt werden. In Großbritannien hat man in aller Stille mit einem Pilotprojekt begonnen. Ganze Bevölkerungsgruppen werden gegen ihren Willen mit Ausgangsverboten belegt. Für die »Operation Goodnight« ist in deutschen Medien offenkundig kein Platz. Dabei werden die Menschenrechte mit Füßen getreten.
Am 25. Juli – zum Anfang der Sommerferien – beginnt in Redruth die »Operation Goodnight«. Dann dürfen Jugendliche unter 16 Jahren vom frühen Abend an die Wohnungen ihrer Eltern nicht mehr verlassen. In Redruth gibt es keine Freizeitangebote für Jugendliche. Und die Regierung will nicht, dass die Jugendlichen in Pubs gehen oder sich im Stadtpark versammeln und auf schlechte Gedanken kommen. Jugendliche unter 16 Jahre müssen spätestens um 21 Uhr in der elterlichen Wohnung sein, Kinder unter 10 Jahren sogar schon um 20 Uhr. Wie zu Kriegszeiten gilt die Ausgangssperre völlig unabhängig davon, ob die Kinder und Jugendlichen sich schon jemals etwas haben zuschulden kommen lassen. Gesetzliche Grundlage ist eine Verordnung über »anti-soziales Verhalten«, die es der Regierung auch ermöglicht, Unschuldige unter Hausarrest zu stellen oder ihnen Fußfesseln aufzuzwingen.
Ein starkes Polizeiaufgebot, das mobile Kameras an der Uniform befestigt hat und die Bilder direkt in ein Lagezentrum überträgt, überwacht die Einhaltung der Anordnung. Wer sich nicht daran hält, der wird beim ersten Verstoß ermahnt und von der Polizei nach Hause eskortiert – beim zweiten Verstoß drohen Strafen.
Auf den ersten Blick ist die Teilnahme an dem Überwachungsprojekt »freiwillig«. Etwa 700 Familien bekamen einen Brief, der sie zur Teilnahme an dem Pilotprojekt aufforderte. Doch wer sich weigert, der muss Konsequenzen befürchten. Dann nämlich kommen Mitarbeiter einer »Aniti-Social-Behavior-Behörde« und begutachten die Familienverhältnisse. Weil das niemand will, machen fast alle »freiwillig« mit. Am 7. September 2008 wird das Pilotprokekt beendet. Und dann wird die Regierung in aller Ruhe auswerten, in welchen Landesteilen man solche Maßnahmen in welchen Situationen anwenden kann.
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Schocktaktik gegen Messerstecher
Thomas Pany 15.07.2008
Die britische Regierung versucht, mit Vorbeugungsmaßnahmen gegen eine Eskalation der Gewalt vorzugehen
In der vergangenen Woche gab es laut Independent an fünf Tagen in London fünf Opfer tödlicher Angriffe mit dem Messer; zwei weitere Opfer wurden in den Midlands und in Merseyside niedergestochen. Am Wochenende wurde in einem Pub in Bolton ein Mann in den Dreißigern mit dem Messer tödlich attackiert; in Bristol wurde ebenfalls ein Mann mit Messerstichen getötet; ein 22-Jähriger befindet sich in einem kritischen Zustand nach einem solchen Angriff auf einem Konzert, ein 21-Jähriger musste sich in Redcar, Cleveland, an der englischen Ostküste, operieren lassen - nach einer Messerstecherei: "Knife-Crime" sorgt derzeit in Großbritannien für bittere Schlagzeilen. Die Regierung Brown versucht nun, die aufgebrachte, beunruhigte und schockierte Öffentlichkeit mit einer "Schock-Taktik" gegen die Messerstecher und einem umfassenderen Vorbeugungsprogramm zu überzeugen.
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Erstaunlicherweise ist davon in unseren Massenmedien nur wenig zu hören und zu sehen.