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Thema: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

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  1. #1
    Mitglied Benutzerbild von Klopperhorst
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von Herr K. Beitrag anzeigen
    ...

    Führt man sich die Tatsache vor Augen, dass es kaum gute Gründe für die Willensfreiheit geben kann, ergeben sich weitreichende Konsequenzen. Unsere Rechtsauffassung - kein Strafe ohne Schuld - gerät ins Wanken, der auf generelle Einsichts - und Veränderungsmöglichkeiten basierende Sinn psychotherapeutischer Maßnahmen - Süchte, habitualisiertes Fehlverhalten - schwindet, der sich aus einem Vernunftsegalitarismus speisende Anspruch einer sittlichen Vervollkommnung aller erscheint als kühner Traum. Düstere Aussichten.
    Gerade die Konsequenz, daß ein Mensch nicht für seine Taten schuldig wäre, lehnt Schopenhauer ab.

    Allerdings sieht er im Staat, wie es heute unsere Überzeugung ist, nur ein Schutzinstrument, um den sich selbst zerfleischenden Willen aller zu bändigen. Die Gesellschaft muss vor Verbrechern geschützt werden. Verbrecher können nicht zu besseren Menschen erzogen werden usw.

    Insofen brauchen wir gar keine andere Rechtssprechung, ausser vielleicht eine Verschärfung des Strafvollzuges, da man davon ausgehen kann, daß sich Menschen eben nicht grundsätzlich ändern können.


    ----

    Zu der metaphysischen Frage der Verantwortung.

    Er sagt: Die Freiheit liegt im esse und nicht im operati, was soviel bedeutet wie, man ist frei im SEIN aber nicht im HANDELN.

    Wie ist das zu verstehen?

    Er nimmt aus dem ganzen Konzept der idealistischen Philosophie einen blinden Willen an, der bereits vor der Geburt eines Menschen existierte und aus dem dieser Mensch in seiner ganz konkreten Form, mit seinen körperlichen und charakterlichen Anlagen entstanden ist und nun unfrei diesen Anlagen in der Welt der Vorstellung/Erscheinung Folge zu leisten hat.

    Die Freiheit wird also vor die Geburt verlegt, in den Urgrund des Seins, den metaphysischen Willen.

    Meine Interpretation

    Ich habe schon manchmal versucht, Schopenhauer mit modernen Feldern der Wissenschaft zu verbinden (u.a. hier der Hirnforschung). Ich habe dies auch mit der Quantenphysik getan.

    Der Wille ist insofern frei, daß er auf der Ebene der Elementarteilchen nicht der strengen Notwendigkeit gehorcht, nur einer statistischen Wahrscheinlichkeit.

    Aber gerade bei der Zeugung eines Menschen laufen die wesentlichen Prozesse auf Quantenebene ab, also wie sich z.B. die Chromosomen der Eltern teilen, ob und wo Mutationen in den Gegen stattfinden etc. pp. Hier bestimmt also die ursprüngliche Freiheit des Willens, wie die Anlagen konkret ausgebildetet werden. (Natürlich ist auch diese Freiheit nicht absolut sondern wird von der Notwendigkeit der Elterngene, der Umwelt und gewissermaßen ihres Willens überlagert).

    Aber sie ist doch viel freier als im späteren Leben, nach der körperlichen, geistigen Entwicklung.

    Hier sieht man auch schön, daß Freiheit nichts mit Vernunft zu tun hat, denn wir konnten vor unserer Geburt die unendlichen Zufallsumstände, die zu uns führten, nicht bewusst bestimmen. Wir sind aus dem dunklen Urgrund des Seins, der eigentlichen Freiheit, ins Licht der Erkenntnis gekommen, wo wir die Unfreiheit unserer eigenen Erscheinung in der Welt verstehen.

    Ein Zurück zur eigentlichen Freiheit gibt es also nur durch den Tod.

    ---
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  2. #2
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Ich bin zur Zeit wieder auf dem Schopenhauer-Tripp, und möchte der Forengemeinschaft folgende Passage aus der Abhandlung über die Freiheit des menschl. Willens (1839) darbieten.

    Sie ist so grandios und ihrer Zeit so weit vorraus (wenn man an die heutigen Erkenntnisse der Hirnforschung denkt), daß man sich fragt, warum sie nicht viel mehr Leuten bekannt ist und man beim persönlichen Gespräch immer wieder auf so viel Unverstand dabei trifft.

    Aber lest selbst:

    ---

    „Um die Entstehung dieses für unser Thema so wichtigen Irrthums speciell und aufs deutlichste zu erläutern und dadurch die im vorigen Abschnitt angestellte Untersuchung des Selbstbewußtseyns zu ergänzen, wollen wir uns einen Menschen denken, der, etwan auf der Gasse stehend, zu sich sagte: „’Es ist 6 Uhr Abends, die Tagesarbeit ist beendigt. Ich kann jetzt einen Spatziergang machen; oder ich kann in den Klub gehn; ich kann auch auf den Thurm steigen, die Sonne untergehn zu sehn; ich kann auch ins Theater gehn; ich kann auch diesen, oder aber jenen Freund besuchen; ja, ich kann auch zum Thor hinauslaufen, in die weite Welt, und nie wiederkommen. Das Alles steht allein bei mir, ich habe völlige Freiheit dazu; thue jedoch davon jetzt nichts, sondern gehe ebenso freiwillig nach Hause, zu meiner Frau.’ Das ist gerade so, als wenn das Wasser spräche: ‚Ich kann hohe Wellen schlagen’ (ja! nämlich im Meer und Sturm), ‚ich kann reißend hinabeilen’ (ja! nämlich im Bette des Stroms), ‚ich kann schäumend und sprudelnd hinunterstürzen’ (ja! nämlich im Wasserfall), ‚ich kann frei als Strahl in die Luft steigen’ (ja! nämlich im Springbrunnen), ‚ich kann endlich gar verkochen und verschwinden’ (ja! bei 80° Wärme); ‚thue jedoch von dem Allen jetzt nichts, sondern bleibe freiwillig, ruhig und klar im spiegelnden Teiche.’ Wie das Wasser jenes Alles nur dann kann, wann die bestimmenden Ursachen zum Einen oder zum Andern eintreten; ebenso kann jeder Mensch was er zu können wähnt, nicht anders, als unter der selben Bedingung. Bis die Ursachen eintreten, ist es ihm unmöglich: dann aber muß er es, so gut wie das Wasser, sobald es in die entsprechenden Umstände versetzt ist. Sein Irrthum und überhaupt die Täuschung, welche aus dem falsch ausgelegten Selbstbewußtseyn hier entsteht, daß er jenes Alles jetzt gleich könne, beruht, genau betrachtet, darauf, daß seiner Phantasie nur ein Bild zur Zeit gegenwärtig seyn kann und für den Augenblick Alles Andere ausschließt. Stellt er nun das Motiv zu einer jener als möglich proponirten Handlungen sich vor; so fühlt er sogleich dessen Wirkung auf seinen Willen, der dadurch sollicitirt wird: dies heißt, in der Kunstsprache, eine Velleitas. Nun meint er aber, er könne diese auch zu einer Voluntas erheben, d.h. die proponirte Handlung ausführen: allein dies ist Täuschung. Denn alsbald würde die Besonnenheit eintreten und die nach andern Seiten ziehenden, oder die entgegenstehenden Motive ihm in Erinnerung bringen: worauf er sehen würde, daß es nicht zur That kommt. Bei einem solchen successiven Vorstellen verschiedener einander ausschließender Motive, unter steter Begleitung des innern ‚ich kann thun was ich will’, dreht sich gleichsam der Wille, wie eine Wetterfahne auf wohlgeschmierter Angel und bei unstätem Winde, sofort nach jedem Motiv hin, welches die Einbildungskraft ihm vorhält, successiv nach allen als möglich vorliegenden Motiven, und bei jedem denkt der Mensch, er könne es wollen und also die Fahne auf diesem Punkte fixiren; welches bloße Täuschung ist. Denn sein ‚ich kann dies wollen’ ist in Wahrheit hypothetisch und führt den Beisatz mit sich ‚wenn ich nicht lieber jenes Andere wollte’: der hebt aber jenes Wollenkönnen auf. - Kehren wir zu jenem aufgestellten, um 6 Uhr deliberirenden Menschen zurück und denken uns, er bemerke jetzt, daß ich hinter ihm stehe, über ihn philosophire und seine Freiheit zu allen jenen ihm möglichen Handlungen abstreite; so könnte es leicht geschehen, daß er, um mich zu widerlegen, eine davon ausführte: dann wäre aber gerade mein Leugnen und dessen Wirkung auf seinen Widerspruchsgeist das ihn dazu nöthigende Motiv gewesen. Jedoch würde dasselbe ihn nur zu einer oder der andern von den leichteren unter den oben angeführten Handlungen bewegen können, z.B. ins Theater zu gehen; aber keineswegs zur zuletzt genannten, nämlich in die weite Welt zu laufen: dazu wäre dies Motiv viel zu schwach. - Ebenso irrig meint Mancher, indem er ein geladenes Pistol in der Hand hält, er könne sich damit erschießen. Dazu ist das Wenigste jenes mechanische Ausführungsmittel, die Hauptsache aber ein überaus starkes und daher seltenes Motiv, welches die ungeheuere Kraft hat, die nöthig ist, um die Lust zum Leben, oder richtiger die Furcht vor dem Tode, zu überwiegen: erst nachdem ein solches eingetreten, kann er sich wirklich erschießen, und muß es; es sei denn, daß ein noch stärkeres Gegenmotiv, wenn überhaupt ein solches möglich ist, die That verhindere."


    ----
    in der neurologie ist es tatsache, dass man eine entscheidung bis zu 6 sekunden früher trifft als es einem bewusst wird.
    wenn man also wirklich spontan sein will, hilft nur ne münze werfen.

  3. #3
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Unser Wille heißt Vernunft. Wer sie nicht besitzt, wird immer der Getriebene eines fremden "Willens" sein. Der Mensch sollte nicht wider seiner Natur handeln. Das sieht der göttliche Bauplan nicht vor.

    Freier Wille klingt für mich nach Mentalliberalismus. Nein, der Mensch sollte nur "wollen", was er auch muß! Das Leben ist kein Wunschkonzert, sondern Bestandteil eines viel größeren Räderwerkes, welches nur dann läuft, wenn wir uns entsprechend unserer Bestimmung verhalten. Insofern ist der "freie Wille" eine Chimäre, egal, was die Neurologen dazu sagen.
    "Wir sind nicht in die Welt gekommen, um glücklich zu sein,
    sondern um unsere Pflicht zu tun."

    Otto von Bismarck. Schmied des Deutschen Reiches

  4. #4
    Mitglied Benutzerbild von Klopperhorst
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Unser Wille heißt Vernunft. Wer sie nicht besitzt, wird immer der Getriebene eines fremden "Willens" sein. Der Mensch sollte nicht wider seiner Natur handeln. Das sieht der göttliche Bauplan nicht vor.
    Man weiss heute, daß das Primäre im Menschen eben nicht die Vernunft ist ,sondern das Unbewusste, der Triebapparrat, das Animalische.

    Die Vernunft ist eine entwicklungsgeschichtlich sehr junge Erscheinung, zumal bei nur wenigen Menschen zur Vollendung gereift und nur in einer kurzen Lebensspanne auf der Höhe.

    Die Vernunft ist nur ein Werkzeug zum Liefern der Motive für den Willen.

    Daher weiss man oft immer erst nach reiflicher Überlegung, was man wirklich will, weil die Vernunft es beleuchtet hat und dem Willen klar verdeutlicht.

    Aber der Wille hat das letzte Wort! Und er kann nur seinem eigentlichen Wesen nach handeln.

    Daher kann Vernunft dem Verbrecher, wie dem Samariter gleichermaßen dienen, seine Ziele im Leben zu erreichen. Die Vernunft wird aus einem Verbrecher jedoch keinen guten Menschen machen, niemals!


    ---
    Geändert von Klopperhorst (18.07.2008 um 23:39 Uhr)
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  5. #5
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Die Vernunft ist nur ein Werkzeug zum Liefern der Motive für den Willen.

    Daher weiss man oft immer erst nach reiflicher Überlegung, was man wirklich will, weil die Vernunft es beleuchtet hat und dem Willen klar verdeutlicht.

    Aber der Wille hat das letzte Wort! Und er kann nur seinem eigentlichen Wesen nach handeln.

    Daher kann Vernunft dem Verbrecher, wie dem Samariter gleichermaßen dienen, seine Ziele im Leben zu erreichen. Die Vernunft wird aus einem Verbrecher jedoch keinen guten Menschen machen, niemals!


    ---
    Die Vernunft folgt nur einem einzigen Motiv, nämlich dem Willen(!), nicht wider unsere naturgegebene Bestimmung zu handeln. Sie dient dem natürlichen Zweck, den Menschen moralisch zu vervollkommnen, ihn innerhalb der Natur zu dem zu erheben, was den Menschen vom Tier unterscheidet: Die ihn umgebene Welt zu analysieren, sie zu nutzen und daraus ethische und eben moralische Grundsätze nicht(!) neu zu definieren, sondern selbige als Erkenntnis aus dem Wechselspiel zwischen Mensch und Natur abzuleiten und jene zum Fundament unserer Vernunft zu machen.

    Das Motiv eines Verbrechers kann niemals die Vernunft sein, da selbige so zur Beliebigkeit verkäme. Die Vernunft dient mitnichten dem Zweck, einem egozentrischen Willen Vollzug zu verschaffen, sondern kann stets nur die Wahrheit in ihrer Unbestechlichkeit und Schönheit zum Ziele besitzen.

    Schiller schrieb: "Die Natur fängt mit dem Menschen nicht besser an, als mit ihren übrigen Werken: sie handelt für ihn, wo er als freye Spontaneität noch nicht selbst handeln kann. Aber eben das macht ihn zum Menschen, daß er bey dem nicht stille steht, was die blosse Natur aus ihm machte, sondern die Fähigkeit besitzt, die Schritte, welche jene mit ihm anticipierte, durch Vernunft wieder rückwärts zu tun, das Werk der Not in ein Werk seiner freyen Wahl umzuschaffen, und die physische Nothwendigkeit zu einer moralischen zu erheben." (Aus: Die Horen, Ausgabe 1/1795; Über die die ästhetische Erziehung des Menschen)

    Dies alles setzt natürlich ein hohes Maß an Selbsterkenntnis, Disziplin und empathischen Fähigkeiten voraus, das einerseits Ergebnis einer dem humanen Geist verpflichteten Erziehung ist, andererseits die Beschwerlichkeit bedingt, aus dem "seelischen Schlummer" (Schiller) zu erwachen, auf daß sich der Mensch selbst als solcher auch erkennt. Daß dies in unserer antiaufklärerischen Zeit immer weniger Menschen gelingt, ja diese Tugend dem Zeitgeist diametral ist und eher als belächeltes "Laster" verspottet wird, bedeutet nicht die Unmöglichkeit, die Vernunft als Idee zum Motiv unseres Willens zu erheben. Die Vernunft darf nie Werkzeug sein, sondern muß uns als Ideal dienen, uns selbst zu erkennen und unserer Bestimmung als ein nach der Wahrheit suchendes Wesen gerecht zu werden. Erst die Vernunft öffnet uns die Tore zum Reich der absoluten, zur wahren Freiheit. Der Schlüssel dazu liegt im Selbstdenken, oder, wie Kant es formulierte, im Herausarbeiten aus der ihm "beinahe zur Natur gewordenen" Unmündigkeit.

    Der freie, vernunftgeleitete Wille existiert. Gäbe es ihn nicht, wäre der Mensch nicht das, was die Natur aus ihn machte: Ein sich selbst erkennendes Wesen, das sich und die ihn umgebene Natur in den richtigen Kontext setzen kann -wenn er denn will.

    Und immer wieder behält der alte Kant am Ende Recht: "Ich kann, weil ich will, was ich muß."
    Geändert von Stechlin (19.07.2008 um 15:03 Uhr)
    "Wir sind nicht in die Welt gekommen, um glücklich zu sein,
    sondern um unsere Pflicht zu tun."

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  6. #6
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Die Vernunft folgt nur einem einzigen Motiv, nämlich dem Willen(!)
    Ja, eben

    Der Wille hat das letzte Wort, er kann nicht der Vernunft gehorchen.

    Schön, daß du es selbst zugibtst.

    ----
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  7. #7
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    WIr sehen mal wieder, wie unklug es von Schopenhauer war, die Urkraft ausgerechnet "Wille" zu nennen und damit unabsichtlich Missverständnisse aller Art zu ermöglichen.
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    "Der Prinz fürchtet lediglich, nun habe er eine Revolution am Hals. Lasst uns ihm zeigen, wie furchtbar er uns unterschätzt..."
    -Harald, Brujah Primogen von New York City, zu Beginn der Zweiten Feuernacht

  8. #8
    Preuße aus Vernunft Benutzerbild von Stechlin
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    Zitat Zitat von Klopperhorst Beitrag anzeigen
    Ja, eben

    Der Wille hat das letzte Wort, er kann nicht der Vernunft gehorchen.

    Schön, daß du es selbst zugibtst.

    ----
    Du solltest meine Zitate nicht aus dem Zusammenhang reißen. Schade um die an sich spannende Diskussion.
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  9. #9
    Nur zwei Dinge Benutzerbild von Herr K.
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von NITUP Beitrag anzeigen
    Die Vernunft folgt nur einem einzigen Motiv, nämlich dem Willen(!), nicht wider unsere naturgegebene Bestimmung zu handeln. Sie dient dem natürlichen Zweck, den Menschen moralisch zu vervollkommnen, ihn innerhalb der Natur zu dem zu erheben, was den Menschen vom Tier unterscheidet: Die ihn umgebene Welt zu analysieren, sie zu nutzen und daraus ethische und eben moralische Grundsätze nicht(!) neu zu definieren, sondern selbige als Erkenntnis aus dem Wechselspiel zwischen Mensch und Natur abzuleiten und jene zum Fundament unserer Vernunft zu machen.

    Das Motiv eines Verbrechers kann niemals die Vernunft sein, da selbige so zur Beliebigkeit verkäme. Die Vernunft dient mitnichten dem Zweck, einem egozentrischen Willen Vollzug zu verschaffen, sondern kann stets nur die Wahrheit in ihrer Unbestechlichkeit und Schönheit zum Ziele besitzen.

    Schiller schrieb: "Die Natur fängt mit dem Menschen nicht besser an, als mit ihren übrigen Werken: sie handelt für ihn, wo er als freye Spontaneität noch nicht selbst handeln kann. Aber eben das macht ihn zum Menschen, daß er bey dem nicht stille steht, was die blosse Natur aus ihm machte, sondern die Fähigkeit besitzt, die Schritte, welche jene mit ihm anticipierte, durch Vernunft wieder rückwärts zu tun, das Werk der Not in ein Werk seiner freyen Wahl umzuschaffen, und die physische Nothwendigkeit zu einer moralischen zu erheben." (Aus: Die Horen, Ausgabe 1/1795; Über die die ästhetische Erziehung des Menschen)

    Dies alles setzt natürlich ein hohes Maß an Selbsterkenntnis, Disziplin und empathischen Fähigkeiten voraus, das einerseits Ergebnis einer dem humanen Geist verpflichteten Erziehung ist, andererseits die Beschwerlichkeit bedingt, aus dem "seelischen Schlummer" (Schiller) zu erwachen, auf daß sich der Mensch selbst als solcher auch erkennt. Daß dies in unserer antiaufklärerischen Zeit immer weniger Menschen gelingt, ja diese Tugend dem Zeitgeist diametral ist und eher als belächeltes "Laster" verspottet wird, bedeutet nicht die Unmöglichkeit, die Vernunft als Idee zum Motiv unseres Willens zu erheben. Die Vernunft darf nie Werkzeug sein, sondern muß uns als Ideal dienen, uns selbst zu erkennen und unserer Bestimmung als ein nach der Wahrheit suchendes Wesen gerecht zu werden. Erst die Vernunft öffnet uns die Tore zum Reich der absoluten, zur wahren Freiheit. Der Schlüssel dazu liegt im Selbstdenken, oder, wie Kant es formulierte, im Herausarbeiten aus der ihm "beinahe zur Natur gewordenen" Unmündigkeit.

    Der freie, vernunftgeleitete Wille existiert. Gäbe es ihn nicht, wäre der Mensch nicht das, was die Natur aus ihn machte: Ein sich selbst erkennendes Wesen, das sich und die ihn umgebene Natur in den richtigen Kontext setzen kann -wenn er denn will.

    Und immer wieder behält der alte Kant am Ende Recht: "Ich kann, weil ich will, was ich muß."
    Einen hohen Grad an Vernunftsoptimismus, den Du hier an den Tag legst. Sehr emphatisch, fast wie ein Glaubensbekenntnis. Könnte ich ihn nur teilen.

    Wie versuchst Du denjenigen, der, auf Grundlage eines tiefempfundenen Nihilismus, die ungeschmälerte Umsetzung seiner individuellen Impulse als vernünftig betrachtet, davon zu überzeugen, dass er grob fahrlässig wider der eigenen Bestimmung handelt. Wie möchtest Du ihn für eine höhere Wahrheit gewinnen, fehlt doch jeder universelle Bezugspunkt, der diese zu begründen in der Lage wäre.

  10. #10
    Preuße aus Vernunft Benutzerbild von Stechlin
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    Standard AW: Grandiose Widerlegung des "freien Willens"

    Zitat Zitat von Herr K. Beitrag anzeigen
    Einen hohen Grad an Vernunftsoptimismus, den Du hier an den Tag legst. Sehr emphatisch, fast wie ein Glaubensbekenntnis. Könnte ich ihn nur teilen.

    Wie versuchst Du denjenigen, der, auf Grundlage eines tiefempfundenen Nihilismus, die ungeschmälerte Umsetzung seiner individuellen Impulse als vernünftig betrachtet, davon zu überzeugen, dass er grob fahrlässig wider der eigenen Bestimmung handelt. Wie möchtest Du ihn für eine höhere Wahrheit gewinnen, fehlt doch jeder universelle Bezugspunkt, der diese zu begründen in der Lage wäre.
    Einer allein wird das nie schaffen. Das muß stets eine gesellschaftliche Aufgabe bleiben. Der Schlüssel dazu liegt in der ästhetischen Erziehung des Menschen. Ich weiß, klingt alles sehr idealistisch, aber irgendwo muß man ja ansetzen.

    Schillers Aufsätze "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" und "Über Belebung und Erhöhung des reinen Interesse für Wahrheit" haben mich da sehr überzeugt. Selbige kann ich nur wärmstens empfehlen.
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