"Demokratie ist jene Staatsform, in der man sagt, was man will, und tut, was einem gesagt wird." (Gerald Barry)
Unabhängig von Zeit, Parteien und Personen gab es und wird es immer wieder – trotz Demokratie - Vorfälle geben, in denen Korruption, Postenschacherei, Vertuschung, Verleumdung zum Vorschein treten. Natürlich kann und muss man immer abwägen, ob Demokratie mehr bringt als sie durch Verfehlungen schadet. Doch darf es nicht verboten sein, nur aufgrund schlechter Beispiele (Diktatur, Monarchie) die Demokratie in ihrer jetzigen Form zu kritisieren, selbst wenn diese die beste aller Staatsformen ist oder sein sollte.
Was soll Demokratie im eigentlichen Sinne - so es überhaupt einen gibt – bewirken? Momentan kommt dem einzelnen Bürger die demokratische "Pflicht" zu, 4-5 Jahre das Geschehen im Staate zu beobachten. Danach soll er eine Gesamtwürdigung treffen und seine Stimme für die nächsten Jahre abgeben.
Doch wie kann man vom Einzelnen verlangen, mit einem Kreuz seine Stimme für alle gesellschaftlichen Belange abzugeben, und warum muss dies überhaupt so sein? Aus meiner Sicht, ist der Mensch zuerst ein Egoist. Deswegen ist ihm auch bewusst dass er um - im weiteren Sinne - Überleben zu können, die Gemeinschaft braucht. Es liegt allerdings an der (demokratischen) Gesellschaft festzulegen, was der Einzelne sich nehmen darf und wie viel er dafür zu geben hat.
Dies wäre und ist allerdings nur eine Wunschvorstellung von Demokratie, weil real bestimmt eine kleine Elite, die Regeln des Zusammenlebens und legt fest, was der Einzelne tun muss damit er etwas bekommt. Wobei prinzipiell dagegen nichts einzuwenden wäre, wenn diese Elite sich an die gleichen Vorgaben halten würde.
Wer ist nun diese Elite? Dazu möchte ich etwas ausholen und Samuel Huntington zitieren, der in seinem Buch Kampf der Kulturen über Begegnungen/Zusammenleben von verschiedenen Kulturen spricht. Dieses Beispiel lässt sich aber sehr treffend auf eine einzelne Demokratie übertragen, weil es in einem Staat auch zu einer Begegnung der verschiedenen Gesellschaftsschichten kommt. Man könnte somit vom Kampf der Gesellschaftsschichten sprechen.
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Drittens könnte sich der Begriff »universale Kultur« auf Annahmen, Werte und Doktrinen beziehen, die gegenwärtig von vielen Menschen im westlichen Kulturkreis und von manchen
Menschen in anderen Kulturkreisen vertreten werden. Man könnte es die »Davos-Kultur« nennen. Jedes Jahr treffen sich etwa tausend Wirtschaftsfachleute, Bankiers, Regierungsvertreter, Intellektuelle und Journalisten im schweizerischen Davos zum Weltwirtschafts-Forum.
Fast alle diese Leute haben einen akademischen Abschluss in einem natur-, sozial-, wirtschafts- oder rechtswissenschaftlichen Fach, gehen mit Worten und/oder Zahlen um, sprechen ziemlich fließend Englisch, sind in Behörden, Unternehmen oder akademischen Einrichtungen mit ausgedehntem internationalem Engagement tätig und reisen häufig ins Ausland. Gemeinsam ist ihnen der Glaube an Individualismus, Marktwirtschaft und politische Demokratie, der auch unter Menschen der westlichen Kultur verbreitet ist. Davos-Leute kontrollieren praktisch alle internationalen Institutionen, viele Regierungen und ein gut Teil des wirtschaftlichen und militärischen Potentials der Welt. Die Davos-Kultur ist daher ungeheuer wichtig. Aber wie viele Menschen sind weltweit wirklich Teil dieser Kultur?
Außerhalb des Westens wird sie wahrscheinlich von kaum fünfzig Millionen Menschen oder einem Prozent der Weltbevölkerung anerkannt, vielleicht sogar nur von einem Zehntelprozent der Weltbevölkerung. Sie ist weit davon entfernt, eine universale Kultur zu sein, und die Führer, die die Davos-Kultur vertreten, haben nicht unbedingt einen festen Zugriff auf die Macht in ihrer jeweiligen Gesellschaft. Diese »gemeinsame intellektuelle Kultur existiert«, wie Hedley Bull hervorhebt, »nur auf der Ebene der Eliten: Ihre Wurzeln reichen in vielen Gesellschaften nicht tief und es ist fraglich, ob sie selbst auf der diplomatischen Ebene das umfasst, was gemeinsame moralische Kultur genannt worden ist, ein System gemeinsamer Werte im Unterschied zu einer gemeinsamen intellektuellen Kultur.«
Damit steht fest, dass die Macht nicht vom Volke sondern von den Eliten ausgeht. In Anlehnung an Huntington, sollte man eher von Davos-Demokratie und nicht von Demokratie sprechen.
Ist somit die Demokratie bloß ein Traum hinter welchem sich die Realität der Diktatur verbirgt? Wären einstige Monarchen etwas kreativer im Umgang mit dem Pöbel gewesen, sie könnten heute noch herrschen. Nimmt man Gerald Barry wörtlich, ist darunter zu verstehen, dass eine Demokratie die breite Masse nicht mitbestimmen lässt. Aber sie (die Demokratie) reicht aus oder dient als Instrument, um Stimmungen in der Bevölkerung aufzunehmen. Sie ist somit ein Gradmesser um zu erkennen, wann es zu einer Revolution kommen könnte.
Eine andere Frage wäre die Qualität der Demokratien, wobei es eine große Übereinstimmung dazu gibt, dass Wahlen alleine, keine Demokratie ausmacht. Aber was unterscheidet nun eine Davos-Demokratie, in welcher wir leben, von ihrer Schwester-Staatsform in Russland? Auch dort existiert die Demokratie der Elite und dennoch gibt es offensichtliche Unterschiede, denn wie sonst ist es zu erklären, dass Menschen hier meinen, in Russland gäbe es keine echte Demokratie.
Das Spannungsfeld zwischen "Frieden" und Revolution ist ein sehr weites. Wie und mit was dieses Feld aufgefüllt wird, entscheidet (leider) nicht das Volk sondern wie bereits erklärt, die Davos-Leute. In diesem Spannungsfeld ist auch der Unterschied bspw. zwischen Russland und Europa zu suchen und zu finden. Erfahren in Demokratie wissen "unsere" Eliten den Bürgern Anreize zu vermitteln, damit Leistung erbracht wird. Verkauft unter dem Artikel "gesellschaftliche Verantwortung".
Weitermachen wie bisher oder einen Ausweg finden?
Es ist heute nicht einfach, legale Revolutionen zu beginnen. Zu stark erscheinen die existierenden Institutionen, Meinungs- und Medienmacher. Parteien od. Parteimitglieder welche sich strategisch nicht den Eliten unterwerfen, werden vernichtet oder im schlimmsten Falle, medial ignoriert. Man könnte fast sagen, nein man kann es behaupten, die Davos-Demokratie ist wehrhaft!
Aber was tun? Entweder gibt man sich zufrieden, geführt zu werden oder man besitzt den Ehrgeiz und das Ziel, eines Tages selbst dieser Elite anzugehören. Doch merke, elitär ist nur jemand, der sich dieser Elite unterwirft!
Zwei Alternativen zu haben, ist mir zu wenig. Ich bin freiheitsliebend sodass ich nicht geführt werden möchte. Aber ich habe auch nicht den Ehrgeiz und Charakter den Versuch zu unternehmen, in eine Elite vorzudringen. Trotzdem bin ich so eingebildet und möchte mit meiner Stimme dazu beitragen, wie unsere Gemeinschaft formiert wird.
In einem anderen Forum wurde etwas über eine direktdemokratische Partei diskutiert. Um es vorwegzunehmen, es ist kein fertiges Konzept vielleicht ist es nicht einmal dieses, aber es ist eine interessante Idee.
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Das Prinzip dieser Partei sollte sein, dass Wähler diese Partei od. Parteien nicht nur alle 4-5 Jahre wählen dürfen, sondern dass man ebenfalls zu einzelnen Sachthemen welche im Parlament behandelt werden, seine Stimme (evtl. per SMS) abgeben darf. Die Mehrheit dieser Stimmen ist für die direktdemokratische Fraktion im Parlament bindend.