LIEBER DEUTSCHER MICHEL
Die Empörung über die Rede des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist völlig verfehlt. Nur, weil ein Türke in Deutschland seine Kultur bewahrt, heißt das nicht, dass er kein guter Bürger ist. Im Gegenteil: Gelungene Integration bedeutet, dass die deutsche Gesellschaft Anderssein endlich akzeptiert.
Das hat uns gerade noch gefehlt! Wieder eine Integrationsdebatte und wieder nichts als Polemik! Und warum das alles? Weil der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Landsleute in der Bundesrepublik zwar zur Integration aufruft, gleichzeitig aber vor Assimilation warnt. Da zittert der deutsche Patriot vor Entrüstung. Redet von "Beleidigung" und "unerträglicher Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik". Man müsse noch einmal über die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei nachdenken, droht CSU-Chef Erwin Huber - und meint das wirklich ernst.
Was ist denn so falsch daran, wenn die Türken in der Bundesrepublik ihre kulturelle Identität bewahren, sich ihrer Herkunft bewusst und auf die Leistungen ihres Volkes stolz sind? Das schließt doch die Akzeptanz des deutschen Rechtssystems und die Bereitschaft zur Beherrschung der deutschen Sprache nicht aus.
Weder theoretisch, noch praktisch, wie jüngste Studien beweisen: Demnach haben türkische Kinder die besten Schulabschlüsse im Vergleich zu anderen Migrantengruppen in Deutschland. Auch die Zahl der erfolgreich tätigen, brav ihre Steuern zahlenden türkischen Geschäftsleute in der Bundesrepublik nimmt zu. Immer mehr junge türkische Frauen gehören zum Alltagsbild an den Universitäten. Wo also liegt das Problem?