entnommen aus: Preußen und die Marktwirtschaft
Schuldenfreiheit als Maxime preußischer Wirtschaft
Ein fundamentaler Unterschied zwischen der gegenwärtigen und der preußischen politischen Klasse besteht in ihrer Einstellung zur persönlichen und staatlichen Verschuldung. Als König Friedrich I. von Preußen im Jahre 1713 starb, hinterließ er seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm I., dem späteren Soldatenkönig, einen zerrütteten
und verschuldeten Staat. Die Personalkosten für die staatlich Bediensteten und die
Aufwendungen für die Hofhaltung verschlangen den größten Teil der öffentlichen Einnahmen. Nur durch Anstrengung, Sparsamkeit und Strenge konnte Preußen wieder
gesunden. Diese Gesundung setzte ein Ethiker ins Werk: König Friedrich Wilhelm, der
Vater Friedrich des Großen. Die teure Hofhaltung löste er nach seinem Regierungsantritt
auf. Den Pferdebestand verminderte er von 600 auf 120 Pferde. Die Gehälter der
Hofbediensteten strich er um mehr als die Hälfte zusammen. Auch die Hofküche blieb von
seiner Sparsamkeit nicht verschont . 5 Mundköche, 8 Meisterköche, 3 Bretmeister, 3
Pastetenbäcker, 4 Konditoren und 24 andere Köche mußten sich eine andere Beschäftigung suchen. Nur 5 Personen duldete er künftig in der Küche. Im Jahre 1712
hatten die Personalkosten für den Hof insgesamt 175.000 Taler betragen. Jetzt
schrumpften diese Kosten auf wenige Tausend zusammen.
Gewaltig fuhr der Rotstift auch durch die Verwaltung. Ebenso durch das Pfründen- und Stellenwesen im Staat.
Minister- und Generalsgehälter wurden auf 1/3 ihrer ursprünglichen Höhe herabgesetzt.
Friedrich Wilhelm hatte es zum Lebensgesetz für den preußischen Staat gemacht, den
Staatshaushalt ohne Schulden zu führen. Der preußische Staat lebte unter
Beanspruchung aller seiner Kräfte ganz aus sich selbst. Es war Friedrich Wilhelms
staatsökonomisches Ideal, schuldenfrei zu wirtschaften. Der König und seine Beamten
fühlten sich an des christlich -calvinistische Ethos gebunden, das eine Vertrauensbasis im
preußischen Staat herstellte, die in Verwaltung und Rechtsprechung über 200 Jahre
dauerte. Das Wort Friedrich Wilhelms an seine Nachfolger: „Macht keine Schulden und
gebt nicht mehr aus als ihr einnehmt“, hatte als ethisches Gebot Gültigkeit bis zum
Untergang des Deutschen Reiches 1918.
Friedrich der Große hielt sich an diese Sparsamkeitsgebote gebunden, indem er in seinem Testament feststellte: „Eine Regierung muss sparsam sein, weil das Geld, das sie erhält, aus dem Blut und Schweiß des Volkes stammt. Das Geld ohne Rücksicht auf die Zukunft ausgeben, heißt handeln wie ein Diktator und nicht wie ein Vater des Volkes. Denn nur die Völker sind glücklich, die unter der Herrschaft einer Regierung leben, die ihre Finanzen gut geregelt hat.“
Mit diesen Maximen preußischer Könige haben die Regierungen die Voraussetzungen geschaffen, unter denen sich die preußisch-deutsche Wirtschaft so atemberaubend entwickeln konnte.
Zwei Jahre vor seinem Tod schrieb Friedrich der Große: „Rechtmäßig werden die staatlichen Einnahmen nur da verwendet, wo es dem Wohl des Volkes dient. Jeder Fürst, der die staatlichen Einnahmen zu unangebrachter Freigiebigkeit vergeudet, handelt wie ein Straßenräuber.“ Für uns ergeben sich hieraus folgende Fragen: Dient es dem Wohl des Volkes, die uns von den USA aufgezwungenen 16 Länder mit dem Tross der Ministerpräsidenten weiterhin zu unterhalten und damit 80-100 Milliarden Euro mehr auszugeben als nötig? Wozu brauchen wir 4,7 Millionen öffentlich Bedienstete, 2 Millionen würden vollauf genügen. Sind die Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre etwa „Straßenräuber“ im preußischen Sinne? Haben die Parteien dafür gesorgt, dass die sogenannte Kommission zur Neuregelung des Föderalismus wirtschaftliche, also haushaltsrelevante Fragen vordringliche zu berücksichtigen hat? Sitzen keine Unternehmer in diesen Gremien? Wann ordnet die Politik Größe und Grenzen der Länder neu? Hier besteht ein Einsparungspotenzial von einer Größe, die die Arbeitslosigkeit nachhaltig reduzieren würde.
Der Haushalt für das Jahr 2007 weist eine Neuverschuldung von 22 Mrd Euro aus, womit die Verschuldung etwas geringer ist als im vorangegangenen Jahr. Schon werfen sich die Politiker in die Brust und sprechen bei diesem Sachverhalt tatsächlich vom Sparen. Die Massenmenschen nicken befriedigt mit den Köpfen. Merkt denn keiner, wie verlogen und unverantwortlich diese Demagogie ist, wenn Politiker trotz steigender Verschuldung vom Sparen sprechen? Keine Kunst lernt eine Regierung schneller als diejenige, den Leuten Geld aus der Tasche zu ziehen (Adam Smith, 1723-1790, schottischer Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre). „There is no art which one government sooner learns of another than that of draining money from the pockets of the people.“
Fassen wir zusammen: Bildung, Ausbildung, Fortbildung und Wissenschaft, dazu Disziplin und Ordnungssinn, eine freiheitliche, auf Privateigentum und unternehmerische Selbstständigkeit gegründete Wirtschaftsordnung (Marktwirtschaft), kein politischer Einfluss der Gewerkschaften sowie eine bürgernahe Verwaltung waren die Ursachen für die von der Welt bewunderte und leider auch weltweit beneidete wirtschaftliche Leistung des Kaiserreichs. Die geringste Arbeitslosigkeit, eine vorbildliche Arbeitsschutzgesetzgebung und das modernste Lebensmittelgesetz, die modernste Sozialversicherung, die geringste Analphabetenquote in der Welt und die wegen ihrer Qualität begehrten Produkte „Made in Germany“ zeichneten den wirtschaftlichen Stand dieses Landes aus.
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Mit der Übernahme der preußischen Beispiele an Disziplin, Ordnung, Bildung, Universitätsaufbau und Rechtsordnung (BGB), hat ein anderes Land ebenfalls eindrucksvolle Erfolge in Wirtschaft und Wissenschaft erzielt: das ist Japan. Es hat sich zum Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend an das preußische Vorbild angelehnt.