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Thema: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

  1. #1
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    Standard Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Ein Essay in der Zeitschrift "Pandora" brachte meine Gedanken zum nach dem Zusammenbruch des Ostblock-Kommunismus 1990 ausgerufenen "Endes der Geschichte" auf dem Punkt. Da wird das "Ende der Geschichte" so definiert:

    1. der Kapitalismus wird nicht vom Kommunismus als nächstes und besseres Stadium der Entwicklung abgelöst, aber

    2. es gibt auch keine "soziale Marktwirtschaft" als systemimmanente Lösung der Widersprüche des Kapitalismus

    3. an die Stelle der Konfrontation zwischen kapitalistischen Westen und kommunistischen Osten ist der "Krieg gegen den Terror" getreten, der den "Charme einer Schulhofschlägerei" hat

    4. es gibt keine wie auch immer zu definierende Weiterentwicklung - geistig, technologisch, intellektuell, spirituell, sozial, ethisch -, sondern nur eine ewige und trostlose Gegenwart.

    (Jakob Schmidt "Am Ende der Gegenwart", PANDORA 1 / 2007, S. 120 ff.)

    Ergänzend noch hinzuzufügen:

    5. Raumfahrt spielt keine Rolle, schließlich müssen wir die Probleme auf der Erde lösen und sowohl nach Meinung sozialistischer wie kapitalistischer Ideologen kann die Erde locker 10, 20 oder 30 Milliarden Menschen ernähren und es gibt keine Notwendigkeit wegen Überbevölkerung in den Weltraum auszuwandern

    Ich beziehe mich auf das Essay, weil es meinen Widerwillen gegen die "gegenwärtigen" Zustände sozusagen einen Ankerpunkt gegeben hat.

    Eigentlich ist doch alles easy - dass Geschichte mit solchen Scheußlichkeiten wie Hitler, Stalin, Mao und dem von mir noch mit erlebten Eisernen Vorhang perdu ist, ist doch toll oder :rolleyes: ? Die radikalen und extremistischen Spinner jammern im Internet, Politik und Wirtschaft werden von den Analysten gemacht (Achtung, Ironie ).
    Katastrophenszenarios wie der Klimakollaps oder das Ende des Erdöls werden nur zu Geschäftszwecken in die Welt gesetzt. Die Angst vorm Treibhaus treibt die Stimmen für die Grünen in die Höhe, "Öl alle und wir frieren" ist nur ein Webegag der Atomindustrie. In Wirklichkeit kann alles noch 300 Jahre so weiter gehen wie jetzt. Methanhydrat wird Erdöl als fossilen Energieträger ersetzen und an den Schmarotzern der Atomlobby wird die Menschheit auch nicht zugrunde gehen.

    Ach ja, die aktuelle Ausgabe von "Bild der Wissenschaft" - online [Links nur für registrierte Nutzer] - behandelt die Perspektiven, die sich auch dem Schmelzen des Eises im Nordpolarmeer ergeben. Ist das Nordpolarmeer zumindes während des Sommers oder vielleicht sogar ganzjährig eisfrei, werden da jede Menge neuer Schiffahrtswege entstehen. Öl und andere Rohstoffe gibt es in der dann Nicht-mehr-Arktis reichlich, von Kanada bis Sibirien entsteht ein neuer, aufstrebender Wirtschaftsraum.
    N. B.: die Westantarktis wird dann vielleicht so warm, dass sie - wie früher Sibirien - für hartgesottene menschliche Besiedlung geeignet ist, also entsteht hier ein zweiter Wirtschaftsraum. Kein Grund, für abenteuerlustige Kolonisten, sich die lange und gefährliche Reise zum Mars anzutun.
    Der Klimawandel, der das möglich macht, ist nicht unbedingt Menschenwerk allen, ich selbst halte Sonnenaktivitäten für eine mögliche Ursache. So what?

    Ist doch alles easy - so what?

  2. #2
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Das größe Problem besteht in der perfiden Subtilität, mit der das gegenwärtige System in der Lage ist, alles, auch Opposition gegen es selbst, in sich aufzunehmen, ein T-Shirt draus zu machen und das gewinnbringend zu verkaufen. Die Möchtegernpunks mit den Che Guevara-Shirts sind da nur das offensichtlichste Beispiel.
    Unter allen bisherigen Politverbrechen war der Mensch immer noch mehr oder weniger in der Lage, das System als eine durch eine andere ersetzbare Option wahrzunehmen, deren Gewalthaftigkeit und Zwangausübung zu realisieren, das System als etwas klar von ihm und den seinen zu trennendes zu sehen.
    Das ist nicht mehr der Fall. Das System ist überall, in allen Nischen, in allen Köpfen, noch in seinen radikalsten Ablehnern entfaltet es spezifische Funktionen.
    Rebellion ist nicht mehr möglich.
    Hitler und Stalin mussten erst sterben, damit wir wirklich festhalten können:

    Die Proles können nicht rebellieren, solange sie das System nicht durchschauen. Und sie können das System nicht durchschauen, solange sie nicht rebellieren.

    Frühere Regimes vergifteten Menschen.
    Das, was wir heute haben, vergiftet das Denken.
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    "Der Prinz fürchtet lediglich, nun habe er eine Revolution am Hals. Lasst uns ihm zeigen, wie furchtbar er uns unterschätzt..."
    -Harald, Brujah Primogen von New York City, zu Beginn der Zweiten Feuernacht

  3. #3
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Das größe Problem besteht in der perfiden Subtilität, mit der das gegenwärtige System in der Lage ist, alles, auch Opposition gegen es selbst, in sich aufzunehmen, ein T-Shirt draus zu machen und das gewinnbringend zu verkaufen. Die Möchtegernpunks mit den Che Guevara-Shirts sind da nur das offensichtlichste Beispiel.
    Unter allen bisherigen Politverbrechen war der Mensch immer noch mehr oder weniger in der Lage, das System als eine durch eine andere ersetzbare Option wahrzunehmen, deren Gewalthaftigkeit und Zwangausübung zu realisieren, das System als etwas klar von ihm und den seinen zu trennendes zu sehen.
    Das ist nicht mehr der Fall. Das System ist überall, in allen Nischen, in allen Köpfen, noch in seinen radikalsten Ablehnern entfaltet es spezifische Funktionen.
    Rebellion ist nicht mehr möglich.
    Hitler und Stalin mussten erst sterben, damit wir wirklich festhalten können:

    Die Proles können nicht rebellieren, solange sie das System nicht durchschauen. Und sie können das System nicht durchschauen, solange sie nicht rebellieren.

    Frühere Regimes vergifteten Menschen.
    Das, was wir heute haben, vergiftet das Denken.
    Sehr schön. Ganz deiner Meinung. Habe soetwas ähnliches mal bei einer Erörterung im Deutschunterricht verzapft :].
    "Ensinai aos vossos filhos o trabalho, ensinai às vossas filhas a modéstia, ensinai a todos a virtude da economia. E se não poderdes fazer deles santos, fazei ao menos deles cristãos"

    Salazar

  4. #4
    Hемецкий
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Sauerländer Beitrag anzeigen
    Das größe Problem besteht in der perfiden Subtilität, mit der das gegenwärtige System in der Lage ist, alles, auch Opposition gegen es selbst, in sich aufzunehmen, ein T-Shirt draus zu machen und das gewinnbringend zu verkaufen. Die Möchtegernpunks mit den Che Guevara-Shirts sind da nur das offensichtlichste Beispiel.
    Unter allen bisherigen Politverbrechen war der Mensch immer noch mehr oder weniger in der Lage, das System als eine durch eine andere ersetzbare Option wahrzunehmen, deren Gewalthaftigkeit und Zwangausübung zu realisieren, das System als etwas klar von ihm und den seinen zu trennendes zu sehen.
    Das ist nicht mehr der Fall. Das System ist überall, in allen Nischen, in allen Köpfen, noch in seinen radikalsten Ablehnern entfaltet es spezifische Funktionen.
    Rebellion ist nicht mehr möglich.
    Hitler und Stalin mussten erst sterben, damit wir wirklich festhalten können:

    Die Proles können nicht rebellieren, solange sie das System nicht durchschauen. Und sie können das System nicht durchschauen, solange sie nicht rebellieren.

    Frühere Regimes vergifteten Menschen.
    Das, was wir heute haben, vergiftet das Denken.
    Ein sehr schöner Beitrag. Doch hat die Assimilationsfähigkeit des Systems ganz offenbar auch Grenzen. Es gelingt ihm nämlich nicht, trotz erheblicher Anstrengungen (z. B. England), grundsätzlich andere Kulturen zu integrieren, wie man das Beispiel der arabisch-islamischen Kultur sattsam studieren kann.

  5. #5
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zentrale Topoi des "Endes der Geschichte" sind

    1. die Postmoderne, die seit 1980 akut wurde, siehe dazu

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    2. das Essay zum "Ende der Geschichte" selbst: "The end of history" von dem US-amerikanischen Politologen Francis Fukuyama, siehe

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    3. In Ergänzung zum "Kampf gegen den Terror" der "Kampf der Kulturen", nämlich ds Essay "The clash of civilisations" des Politologen Samuel Huntington, siehe

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    "Es gibt keine Alternative" - TINA, "There Is No Alternative", siehe

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Die Postmoderne verwirft modernen Rationalismus und Fortschrittsglauben, das Ende der Geschichte trägt jedes wie auch immer geartete historische Subjekt zu Grabe und dank des "Kampfes der Kulturen" dürfen wir uns auch OHNE Weiterentwicklung und die Möglichkeit zu eigenem Handeln und ohne Wahlmöglichkeit zwischen Alternativen auf jede Menge "Action" freuen :rolleyes: Keine "moderne" Vernunft, keine "geschichtliche" Handlungsmöglichkeit und trotzdem "Kampf" - wie schrieb doch Jakob Schmidt: "der Charme einer Schulhofschlägerei" :rolleyes:

    N. B. hier ein Link zu der Zeitschrift, aus dem das Essay ist, auf das ich mich bezogen habe:

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    Geändert von Beverly (21.06.2007 um 12:24 Uhr)

  6. #6
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Mcp Beitrag anzeigen
    (...)Doch hat die Assimilationsfähigkeit des Systems ganz offenbar auch Grenzen.(...)
    Die sehe ich aber nicht in kulturellen Grenzen, weil es mehr als genug Araber resp. Moslems gibt, die dabei "mitmachen".
    Um "drin" zu sein, muss man die herrschenden Diskurse gnadenlos gegen das eigene Selbst und eiegene Prinzipien total verinnerlicht haben. Wer das nicht will oder einfach nicht kann oder gar nicht mehr gebraucht wird, der ist "draußen". Ideologischen Affinitäten und Gegensätze werden dabei relativiert, gar verdrängt. Die eigengesetzliche Dimension drin-draußen ist mindestens eben so wichtig wie links-rechts, liberal-autoritär - zeige mir jemanden, der an etwas glaubt, egal was und ich zeige dir jemanden, der es in diesem System nicht weit bringen wird.

  7. #7
    Hемецкий
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Die sehe ich aber nicht in kulturellen Grenzen, weil es mehr als genug Araber resp. Moslems gibt, die dabei "mitmachen".
    Um "drin" zu sein, muss man die herrschenden Diskurse gnadenlos gegen das eigene Selbst und eiegene Prinzipien total verinnerlicht haben. Wer das nicht will oder einfach nicht kann oder gar nicht mehr gebraucht wird, der ist "draußen". Ideologischen Affinitäten und Gegensätze werden dabei relativiert, gar verdrängt. Die eigengesetzliche Dimension drin-draußen ist mindestens eben so wichtig wie links-rechts, liberal-autoritär - zeige mir jemanden, der an etwas glaubt, egal was und ich zeige dir jemanden, der es in diesem System nicht weit bringen wird.
    Sie vermischen zwei Dinge.

    Der Aussteiger, der Unangepasste, der Verweigerer gehört zur herrschenden Kultur, er bildet höchstens ein Milieu, eine Subkultur, mit begrenzter Reproduktionskraft. Er ist der Typ des assimilierten Nichtintegrierten, als folkloristischer Farbklecks geduldet und möglicherweise als Attraktion ausgebeutet, aber die Werte, welcher er ablehnt, hat er meinungsbildend verinnerlicht, er trägt sie trotz allem in sich. Das er aus ihr heraus, sie überwinden will, weist ihn als Teil dessen aus, was er entweder bekämpft oder einfach nur ablehnt.

    Der Muselmann, eingebunden in einer Massenkultur in der Kultur, die ihre eigenen Infrastrukturen zum Zwecke der Reproduktion unterhält, lehnt die Gastkultur nicht vordergründig ab, er will diese auch nicht überwinden, nicht zu neuen Horizonten aufbrechen, sondern einfach nur seine eigene Kultur weiterleben. Er lebt in einer Parallelgesellschaft, die er meistens nur wiederwillig verlässt.

    Ein Individuum allein, hat keine Kultur, keine Formen des Zusammenlebens, keinen Glauben, kein Ethnie und keine Tradition. Allein kann er sich in einer fremden Kultur gar nicht behaupten, lässt sich entweder assimilieren oder wird einfach ausgeworfen. Wer sich darauf einlässt, so er sich aus seinem kulturellen Umfeld entfernen kann und darf, wird selbstverständlich integriert.

  8. #8
    forward ever Benutzerbild von Lichtblau
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Ein Herrschaftsmittel der Kapitalisten ist die Erzeugung von Zukunftsangst.

    Achtet mal auf Filme die in der Zukunft spielen.
    Die meisten Filme zeichnen eine düstere Zukunft, damit sich die Leute mit dem jetzigen System abfinden indem sie denken in Zukunft wird noch alles für schlimmer und nicht auf die Idee kommen Veränderungen anzustreben.
    backward never.

    ignore: Lichtblau

  9. #9
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Beverly Beitrag anzeigen
    Die Postmoderne verwirft modernen Rationalismus und Fortschrittsglauben,
    Das tue ich auch. Der bürgerliche Rationalismus und der Fortschrittglaube sind optimistische Spinnereien der Aufklärung. Der Glaube an einen linearen Ablauf der Geschichte hat uns erst in den Dreck des Totalitarismus geführt. Alles wurde als besser angesehen, nur weil es fortschrittlich ist. Wer sagt, das dem so ist? Und seien wir ehrlich: Die herrschenden Eliten hängen immer noch dem Fortschrittsglauben an, sonst würden sie nicht auf den Kampf der Kulturen zusteuern. Die One-World ist ihre Utopie der heilen Welt. Eine Vision, die ich ablehne.

    Keine "moderne" Vernunft, keine "geschichtliche" Handlungsmöglichkeit und trotzdem "Kampf" - wie schrieb doch Jakob Schmidt: "der Charme einer Schulhofschlägerei" :rolleyes:
    Das Handeln der Herrschenden ist in ihren Augen rational. Die liberale Ideologie gründet auf der rationalistischen Vernunft des bürgerlichen Denkens. Somit kann von einer Verwerfung der Vernunft keine Rede sein. Die Vernunft ist allerdings vielschichtig und pluralistisch auslegbar. Ebenso wie es mehrere Variationen der Freiheits- und Gleichheitsdefinition gibt, herrscht diese auch für die Vernunft vor.

  10. #10
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    Standard AW: Seid ihr mit dem "Ende der Geschichte" zufrieden?

    Zitat Zitat von Anarch Beitrag anzeigen
    Das tue ich auch. Der bürgerliche Rationalismus und der Fortschrittglaube sind optimistische Spinnereien der Aufklärung. Der Glaube an einen linearen Ablauf der Geschichte hat uns erst in den Dreck des Totalitarismus geführt. Alles wurde als besser angesehen, nur weil es fortschrittlich ist. Wer sagt, das dem so ist? Und seien wir ehrlich: Die herrschenden Eliten hängen immer noch dem Fortschrittsglauben an, sonst würden sie nicht auf den Kampf der Kulturen zusteuern. Die One-World ist ihre Utopie der heilen Welt. Eine Vision, die ich ablehne.



    Das Handeln der Herrschenden ist in ihren Augen rational. Die liberale Ideologie gründet auf der rationalistischen Vernunft des bürgerlichen Denkens. Somit kann von einer Verwerfung der Vernunft keine Rede sein. Die Vernunft ist allerdings vielschichtig und pluralistisch auslegbar. Ebenso wie es mehrere Variationen der Freiheits- und Gleichheitsdefinition gibt, herrscht diese auch für die Vernunft vor.
    Es ist vernünftig, angesichts der im Laufe dieses Jahrhunderts im Nordmeer verschwindenden Eiskappe (Meereis, nicht Grönland) nicht in Panikmache zu verfallen, sondern den neuen Wirtschaftsraum rund um den Nordpol zu entwerfen.
    Es ist vernünftig, angesichts schwindender Ölvorräte entweder neue Ölvorräte zu entdecken, gelle oder wenn das nicht mehr geht, das in der Tiefsee reichlich vorhandene Methanhydrat zu nutzen. Da unten lauern weder bösartige Geschöpfe noch droht uns ein Methan-Treibhaus-GAU, wie uns Schätzing in "Der Schwarm" weiß machen will. Alles easy :rolleyes:

    Obwohl - oder weil? - mich technokratische Visonen faszinieren, löst diese Vernunft bei mir allerdings Widerwillen aus. Vielleicht weil ihr einige der Dimensionen fehlen, die wirkliche "Vernunft" meiner Meinung nach haben sollte. Auf Wikipedia steht dazu in einem Artikel über die "Dialektik der Aufklärung":

    Instrumentelle Vernunft

    Nach Horkheimer/Adorno ist die Abstraktion das Werkzeug, mit der die Logik von der Masse der Dinge geschieden wird. Das Mannigfaltige wird quantitativ unter eine abstrakte Größe gestellt und vereinheitlicht, um es handhabbar zu machen. Das symbolisch Benannte wird formalisiert; in der Formel wird es berechenbar und damit einem Nützlichkeitsaspekt unterzogen, verfügbar und manipulierbar zu sein. Das Schema der Berechenbarkeit wird zum System der Welterklärung. Alles, was sich dem instrumentellen Denken entzieht, wird des Aberglaubens verdächtigt. Der moderne Positivismus verbannt es in die Sphäre des Unobjektiven, des Scheins.

    Aber diese Logik ist eine Logik des Subjekts, die unter dem Zeichen der Herrschaft, der Naturbeherrschung, auf die Dinge wirkt. Diese Herrschaft tritt dem Einzelnen nunmehr als Vernunft gegenüber, die die objektive Weltsicht organisiert.

    In der Vereinheitlichung des Denkens auf den Menschen angewendet, werden die gesellschaftlichen Subjekte zum manipulierbaren Kollektiv. Die wissenschaftliche Weltherrschaft wendet sich gegen die denkenden Subjekte und verdinglicht in der Industrie, der Planung, der Arbeitsteilung, der Ökonomie die Menschen zu Objekten. Unter der Herrschaft des Allgemeinen werden die Subjekte nicht nur den Dingen entfremdet, sondern die Menschen selbst versachlicht. Das Allgemeine tritt ihnen als totalitäre Herrschaftsform gegenüber, die sich die Einzelnen nach ihrem Maß zurichtet. Der Fortschritt wird destruktiv; statt Befreiung von den Zwängen der überwältigenden Natur wird Anpassung an die Technologie und das Marktgeschehen gefordert, an die Stelle der befreienden Aufklärung aus der Unmündigkeit, tritt das wirtschaftliche und politische Interesse, das Bewusstsein der Menschen zu manipulieren. Aufklärung wird zum Massenbetrug.

    Quelle [Links nur für registrierte Nutzer]
    Geändert von Beverly (21.06.2007 um 16:03 Uhr)

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