Der Fraktionschef der Linkspartei Oskar Lafontaine, der sich durch Glaubwürdigkeit, Geradlinigkeit, Loyalität, Bescheidenheit und Zurückhaltung auszeichnet, hat auf seine ihm eigene vornehme Art den Vizekanzler Müntefering kritisiert:

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Lafontaine beschimpft Müntefering als "Großmaul"

Der Ton zwischen Sozialdemokraten und Linkspartei im Kampf um Wählerstimmen wird immer schärfer: Ex-SPD-Chef und Linksparteipolitiker Lafontaine nennt Vizekanzler Müntefering ein "Großmaul" und wirft ihm "intellektuelle Defizite" vor - Umweltminister Gabriel keilt zurück.

Berlin - Um deutliche Worte ist Oskar Lafontaine nie verlegen. Jetzt teilt der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag und frühere SPD-Chef in Richtung seiner früheren Parteifreunde aus. Im Deutschlandfunk warf er den Sozialdemokraten vor, sie hätten ihre Prinzipien aufgegeben und müssten mittlerweile "Sozialabbau-Partei Deutschlands" genannt werden. Die SPD stehe für eine "Zerstörung der Rentenformel, die Beraubung der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Beteiligung Deutschlands an völkerrechtswidrigen Kriegen".

Besonders scharfe Angriffe richtete Lafontaine gegen Vizekanzler Franz Müntefering: Lafontaine nannte den Arbeitsminister ein "Großmaul" und warf ihm "intellektuelle Defizite" vor.

Dagegen forderte Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Partei zu einem härteren Umgang mit Lafontaine und der Linkspartei auf. Er bezeichnete den Linksfraktions-Chef wegen dessen Kritik am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan als "Helfershelfer der Taliban".

"Die SPD muss kämpfen um die Deutungshoheit über das, was wir links nennen", sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Seine Partei solle mutig die Auseinandersetzung mit Lafontaine suchen. Gabriel: "Hab' bloß keine Angst, SPD: Lafontaine ist der Scheinriese der deutschen Politik, wie der Tur-Tur aus der Augsburger Puppenkiste. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er."

Gabriel attackierte auch den Koalitionspartner: Die Erfolge der Bundesregierung hätten nichts mit den Programmen der Union zu tun. In der Frage der Mindestlöhne werde die SPD nicht locker lassen. Die Mehrheit der Koalitionspartner von CDU und CSU träumten weiterhin von Neoliberalismus, sagte Gabriel. Das neue Grundsatzprogramm der CDU nannte Gabriel "virtuell", es repräsentiere nicht die vorherrschende Meinung der Partei. Die SPD müsse "viel selbstbewusster werden. Schließlich hat sie unter Gerhard Schröder die Basis für den jetzigen Aufschwung gelegt", sagte Gabriel.


Mit der Bezeichnung "Scheinriese der deutschen Politik" für den Profilneurotiker Oskar Lafontaine dürfte Gabriel gar nicht so falsch liegen. Es gibt nur wenige deutsche Politiker, die sich derart aufplustern. Hauptsache, man lenkt die Aufmerksamkeit auf die eigene Person. Alles nur heiße Luft, Schaumschlägerei, nichts weiter. Ein solches Verhalten fördert die Politikverdrossenheit in unserem Land.

Apropos Prinzipienlosigkeit: erinnern wir uns doch mal an den Wahlkampf 1998. Damals forderte Oskar Lafontaine, Sozialleistungen nur noch wirklich Bedürftigen zukommen zu lassen:


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Lafontaine in Leipzig

Manuskript des Beitrages

von Inga Klöver

Leipzig heute Abend: Montagsdemonstration. Oskar Lafontaine unterwegs als prominenter Kämpfer gegen den Reformkurs oder doch eher als Kämpfer in eigener Sache? Egal, der Medienrummel tut immer gut und gegen Hartz IV zu wettern, kommt an in diesen Tagen:

O-Ton: Oskar Lafontaine
"Die jetzige Reformpolitik ist aber für die breite Mehrheit des Volkes nichts als eine Verschlechterung ihrer Lebenslage. Deswegen verdient sie das Wort Reform nicht."

Oskar der Mahner, Oskar das linke Gewissen der Sozialdemokraten. Oskar, der nicht will, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Die Rolle spielt er gut. Und sie wird ihm abgenommen:

O-Töne:
Frau: "Weil das, was er sagt überlegt ist und sehr sachlich ist und für mich Hand und Fuß hat."

Mann: "Ich freue mich, dass er hier heute bei der Demonstration mit teilnimmt und dass er dann zu uns sprechen wird und uns Alternativen aufzeigen wird zu Hartz IV."

Doch es gibt ein paar politische Weggefährten, die nehmen ihm seinen Auftritt als Frontmann gegen Hartz IV nicht ab. Nur zu gut haben sie noch ganz andere Töne von Oskar Lafontaine im Ohr:

O-Ton: Roland Issen, Ehemaliger DAG-Vorsitzender
"Wenn man daran denkt, dass Oskar Lafontaine noch als Parteivorsitzender im Jahr 1998 Vorschläge auf dem Parteitag vorgetragen hat, die in die Richtung dessen weisen, was jetzt über Hartz IV realisiert wird, eigentlich noch darüber hinaus geht, dann ist es schon etwas seltsam um nicht zu sagen opportunistisch."

Rückblick: Oktober '98: Damals als den Kanzler(Gerhard Gazpromowitsch Schröder, Anm. des Autors) und den damaligen Parteichef nach dem Wahlsieg noch eine wahre Männerfreundschaft verband. Auf diesem Sonderparteitag gab Oskar Lafontaine den radikalen Modernisierer. Einer, der den Sozialstaat auf das Notwendigste reduzieren wollte:

O-Ton: Oskar Lafontaine
"Und ich lade die Partei und die Gewerkschaften ein, darüber nachzudenken, ob wir nicht auch bei der Arbeitslosenversicherung Korrekturbedarf haben, ob nicht hier auch eher der Fall gegeben ist, nach dem Sozialstaatsprinzip vorzugehen, statt nach dem Prinzip der Versicherungsleistung. Wir wollen, dass der Sozialstaat seine Leistungen auf die wirklich Bedürftigen konzentriert."

Wie bitte, was hatte der damalige Bundesfinanzminister da vorgeschlagen? Blankes Entsetzen bei Gewerkschaftern und Parteitagsdelegierten:

O-Ton: Roland Issen
"Wir waren maßlos überrascht aber auch enttäuscht und verbittert, weil Oskar Lafontaine kein Hinterbänkler war, sondern Parteivorsitzender und im Wahlkampf 1998 vor den Bundestagswahlen mit keiner Silbe hat durchblicken lassen, dass er plötzlich wenige Wochen nach der Wahl mit Vorschlägen an die Öffentlichkeit tritt, die das Sozialstaatsprinzip, wenn man so will auf den Kopf stellten wollte."

Denn anders als heute bei Hartz IV setzte Oskar Lafontaine nicht erst bei der Arbeitslosenhilfe, sondern bereits beim Arbeitslosengeld an:

O-Ton: Meinhard Miegel, Institut für Wirtschaft und Gesellschaft, Bonn eV.
"Was er gemacht hat ist, das was bei Hartz IV geschehen wird auf die gesamte Versorgung für den Fall der Arbeitslosigkeit ausgedehnt wissen wollte. Auch die ersten 12 Monate, 18 Monate, was immer wir heute haben, sollte schon nicht versichert sein, sondern die Menschen sollten nur unter der Vorrausetzung dass sie bedürftig sind vom 1. Tag der Arbeitslosigkeit versorgt werden. Und insofern war das noch eine etwas härter Version, die wir am 1. Januar bekommen werden."

In einem Spiegel-Interview setzte Lafontaine noch einen drauf. Mit Blick auf die Arbeitslosenversicherung:

Zitat: Oskar Lafontaine
"... habe ich gesagt, dass es viele Fälle gibt, in denen jemand hohes Arbeitslosengeld bezieht, obwohl Familieneinkommen und Vermögen da sind. Und ich frage nun, ob der Sozialstaat nicht besser so konstruiert sein sollte, dass nur die Bedürftigen Nutznießer des Sozialstaates sind."

Im Klartext: Oskar Lafontaine wollte, dass nur noch wirklich Bedürftige staatliche Leistungen beziehen dürfen. Und hinter Bedürftigkeit verbirgt sich nichts anderes als Sozialhilfeniveau:

O-Ton: Meinhard Miegel
"Das ist genau das Niveau. Jeder der nicht in der Lage ist aus eigenem Vermögen, einem Partner oder wie auch immer, wenigstens einen Unterhalt in Höhe des Sozialhilfeniveaus bereitzustellen, der hat Anspruch darauf, dass ihm Gemeinwesen ihm in diesem Umfange hilft. Und das ist genau die Grenze, die auch er angesprochen hat."

Fassen wir noch mal zusammen:
Wer keinen wohlhabenden Partner oder Vermögen hat, der hätte nach den Plänen des ehemaligen SPD-Chefs mit dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit lediglich den Sozialhilfesatz bekommen.

Bleibt nur noch die Frage, warum Oskar Lafontaine das so plötzlich vergessen hat:

O-Ton: Erhard Eppler, SPD-Linker
"Er hat diese radikalen Forderungen aufgestellt, wahrscheinlich nicht weil er tief davon überzeugt war, sondern weil es für einen Finanzminister paßte und er dadurch mehr als der Kanzler im Mittelpunkt des Interesses stand. Und jetzt steht er im Mittelpunkt des Interesses weil er das Gegenteil vertritt. Ich fürchte, er merkt das gar nicht, wie sehr er hier eben nicht von der Sache her, sondern von seinen narzistischen Bedürfnissen und Verletzungen her reagiert."


Dem ist nichts hinzuzufügen. Soweit zur Glaubwürdigkeit Oskar Lafontaines.

Die Sozialdemokraten lassen die Angriffe Oskar Lafontaines nicht auf sich sitzen und keilen zurück:


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SPD attackiert "Luzifer" Lafontaine


Nach den Angriffen Oskar Lafontaines auf Vizekanzler Franz Müntefering ("Großmaul") kontern führende SPD-Politiker: Der Linksfraktionschef sei schlimm wie "Luzifer", seine Provokationen bloße Verzweiflungstaten.


Berlin - "Oskar Lafontaine kann wie der gefallene Engel Luzifer nur noch zerstörerisch wirken", sagte SPD-Präsidiumsmitglied Ludwig Stiegler SPIEGEL ONLINE. Über seinem Tun liege der "Fluch der Spaltung der Arbeiterbewegung, die in der deutschen und europäischen Geschichte nur Unheil angerichtet hat."

"Lafontaine kann einem leid tun", sagte der Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, zu SPIEGEL ONLINE. Der Ex-SPD-Chef habe kein politisches Problem mit seiner früheren Partei, sondern ein psychologisches. "Der hasst die SPD mehr als CDU und FDP zusammen."

Linksfraktionschef Lafontaine hatte im Deutschlandfunk der SPD vorgeworfen, sie hätte ihre Prinzipien aufgegeben und müsste mittlerweile "Sozialabbau-Partei Deutschlands" genannt werden. Besonders scharf hatte er Vizekanzler Franz Müntefering angegriffen: Er sei ein "Großmaul" und habe "intellektuelle Defizite".

Stiegler sagte, Lafontaine habe die Alleinherrschaft über die SPD gewollt: "Als sie nicht erreichbar war, ist er abgehauen." Jetzt versuche er, durch die Übernahme der Linkspartei "den SED-Erben junge westliche Triebe zuzuführen, und glaubt, damit eines Tages die SPD erobern zu können". Das werde ihm aber nicht gelingen.

Für Kahrs sind Lafontaines Angriffe auf die SPD "Verzweiflungstaten". Die Menschen spürten den Aufschwung und würden sich von seiner Rhetorik abwenden.

Umweltminister Sigmar Gabriel forderte seine Partei zu einem härteren Umgang mit der Linkspartei auf. "Die SPD muss kämpfen um die Deutungshoheit über das, was wir links nennen", sagte Gabriel der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Man solle mutig die Auseinandersetzung mit Lafontaine suchen, forderte er: "Hab' bloß keine Angst, SPD: Lafontaine ist der Scheinriese der deutschen Politik, wie der Tur-Tur aus der Augsburger Puppenkiste. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er."

Der Umweltminister bezeichnete den Linksfraktions-Chef wegen dessen Kritik am Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan als "Helfershelfer der Taliban".


Und so geht der Kampf zwischen den Sozialdemokraten und der Linkspartei um die Wählerstimmen weiter. Der Ton zwischen den beiden Kontrahenten verschärft sich.

Oskar Lafontaine hat sich auf eine Zusammenarbeit mit der SED-Nachfolgepartei Linkspartei.PDS eingelassen. Damit paktiert er mit den Verantwortlichen für die Verfolgung von Sozialdemokraten in der früheren DDR bzw. mit deren politischen Erben. In der DDR wurden Sozialdemokraten als "Arbeiterverräter" beschimpft und sie wurden von den regierenden Einheitssozialisten der SED verfolgt.

Nähere Einzelheiten zur Verfolgung von Sozialdemokraten unter der Herrschaft der SED in der DDR gibt es hier:


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Manche Leute paktieren auch mit dem Teufel, wenn es der eigenen Profilierungssucht und der Machtgier dient.

Politikverdrossenheit ist in Deutschland weit verbreitet. Manche Leute behaupten ja, dass Politik ein schmutziges Geschäft sei. Manchmal, und vielleicht ist dies sogar noch untertrieben, haben sie sogar Recht mit einer solchen Aussage.

MfG

Noko43