Gedankenakrobatik für Fortgeschrittene: Der Bisky-Spagat
Auf der 2. Tagung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS hielt am 24. März 2007 in Dortmund der Parteivorsitzende Lothar Bisky eine Rede mit dem Thema "Die Chance kommt so nicht wieder!" (Quelle: [Links nur für registrierte Nutzer]) Dieser Parteitag hatte hauptsächlich das Ziel, zusammen mit dem parallel stattfindenden Parteitag der WASG die Vereinigung der beiden Parteien zur DIE LINKE am 16. Juni vorzubereiten.
Wohl unbewußt verdeutlichte Bisky das ganze Dilemma seiner und der künftigen vereinigten Partei, indem er die Frage stellte: "Wie kommt man auf demokratischem Weg zum Sozialismus?" Wobei er sich wieder einmal nicht entblödete, Fortschritt und Reaktion wirr durcheinanderzuwerfen, nämlich die niedergerungene Konterrevolution in der ČSSR 1968 und die gelungene Konterrevolution 1973 in Chile. Aber sei's drum, nehmen wir einfach sein Hirngespinst vom "demokratischen", sprich gewaltlosen, Weg in den Sozialismus.
Er selbst widerlegt dieses in derselben Rede mit den Worten: "Wir halten die allseitige Herrschaft des Kapitals über die Arbeit, das Patriarchat und rassistische Unterdrückung nicht für die endgültige Antwort der Geschichte." Er erkennt also offensichtlich gerade so noch, daß im Kapitalismus das Kapital herrscht und nicht etwa das Volk, also gar keine demokratie besteht. Wie aber soll in einem undemokratischen System ein demokratischer Weg in eine neue Gesellschaft beschritten werden?
Herr Bisky löst das mit einer beachtlichen Gedankenakrobatik: "Mit einiger Überraschung fand das Statistische Bundesamt im Datenreport 2006 heraus, dass 74 % der Ostdeutschen und 48 % der Westdeutschen mit dem Sozialismus als Idee etwas anfangen können. Gleichzeitig sanken die Zustimmungswerte in Ost und West gegenüber dem Zustand der Demokratie in der Bundesrepublik. Unverändert hoch hingegen liegen die Zustimmungen zur demokratischen Idee, in West und in Ost. Zugleich äußern sich 92 % der Ostdeutschen und 82% der Westdeutschen positiv zum Sozialstaat. "
Es liegt also nur am ZUSTAND der Demokratie, nicht etwa daran, daß die außer als Worthülse und ein paar pseudodemokratische Rituale gar nicht existiert?! Wahrscheinlich ist Herrn Bisky in den vergangenen 16 Jahren auch noch nicht aufgefallen, daß die BRD kein Sozialstaat ist, sondern ein von seiner Natur her asozialer, aggressiver, reaktionärer und menschenfeindlicher Staat der Kapitalisten, welcher - durch den Wegfall der DDR von der Kette gelassen - alle ihm vorher aufgezwungenen sozialen Zugeständnisse beschleunigt abbaut.
Insgesamt ist dieses demagogische Gefasel vom demokratischen Weg in den Sozialismus unter Ausblendung der Klassenherrschaft der Kapitalisten und des Charakters des kapitalistischen Staates als deren Machtinstrument ebensowenig neu wie die Erfahrung mit praktischer asozialer reaktionärer Politik der Linkspartei.PDS in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Heftig links blinken und scharf rechts abbiegen - das ist die alte sozialdemokratische Tradition notorischer Arbeiterverräter.
Nachdem die SPD nun für Jeden sichtbar im ultrarechten Lager angekommen ist, wird mit DIE LINKE ein vollwertiger Ersatz geschaffen, welcher die sozialdemokratische Lücke schließt und Menschen davon abhalten soll, sich tatsächlich sozialistisch / kommunistisch zu orientieren. Die Basislüge ist der "demokratische Weg in den Sozialismus". Ein Weg der nicht existiert, solange keine Demokratie existiert - also solange der Kapitalismus existiert.