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Thema: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

  1. #1
    Toxisch Benutzerbild von John Donne
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    Standard Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Dieser Strang ist dazu gedacht, zu diskutieren, wie der Islam auf seine religiöse Komponente beschränkt werden kann. Dazu werde ich die Situation, so wie sie sich aus meiner Sicht darstellt, thesenhaft beschreiben und begründen. Einen Lösungsansatz präsentiere ich nicht,lediglich eine Ist-Beschreibung aus meiner Sicht.
    Ich bin der Meinung, daß dieses Thema durchaus eines ist, das offen und ernsthaft diskutiert werden sollte. In Anbetracht der Erfahrung anderer Stränge, in denen eine Diskussion in weiten Teilen nicht mehr möglich ist (und möglicherweise auch durch mangelnde Ergebnisoffenheit in der Formulierung des Strangthemas kaum zu erwarten war) bitte ich eindringlich, dieses Thema - und nur dieses Thema - sachlich und nach den Gepflogenheiten einer zivilisierten Diskussion zu erörtern.

    Ziel dieses Strangs ist es nicht, den Islam als "böse" hinzustellen. Gleichwohl bin ich der festen Überzeugung, daß sich im Zuge der weltpolitischen Entwicklungen (Globalisierung, EU-Erweiterung, demographische Entwicklung) durchaus die Herausforderung stellt, den Islam in demokratischen Rechtsstaaten zu integrieren.

    Wie schon in anderen Beiträgen dargelegt ergibt sich diese Herausforderung in meinen Augen daraus, daß der Islam neben seinem sich aufs Religiöse beschränkenden Anteil ( z.B. Glaube an Allah, Glaube an Mohammed als von Allah gesandten Popheten) wesentlich weitreichendere Komponenten hat. Der Islam versteht sich stets als Einheit von Religion und Recht sowie Religion und Staat. Diese Einheit ist nach meiner Auffassung im modernen Rechtsstaat inakzeptabel und eine grundsätzlich Gefahr. Ich halte die Scharia mit den Werten, auf denen der moderne Rechtsstaat basiert, für prinzipiell unvereinbar: Ein Staat, in dem die Scharia gilt, kann kein Rechtsstaat sein. Da ich den modernen Rechtsstaat für eine großartige und erhaltenswerte Errungenschaft halte, stellt sich aus meiner Sicht die Herausforderung, daß Islam und Scharia zu trennen sind. Prozesse, die eine derartige Trennung initiieren, fördern oder beschleunigen, sind m.E. zu unterstützen. Das Ziel, in einem modernen Rechtsstaat der Scharia zur Geltung zu verhelfen, läuft m.E. grundsätzlich den in Rechtsstaaten üblichen Verfassungen und dem Wertekonsens, auf dem sie basieren, zuwider.
    Obwohl ich selbst religiös bin, befürworte ich eine Trennung von Staat und Kirche unbedingt. Das bedeutet nicht, daß der moderne Rechtsstaat seine historischen Wurzeln zu vergessen hat.
    Ich halte es jedoch für einen Mißbrauch der Religionsfreiheit, in ihrem Namen das Grundgesetz durch ein religös motiviertes Recht ersetzen zu wollen. Nun darf man zurecht fragem wieviele Muslime das überhaupt wollen. Wie in anderen Religionen auch, leben Muslime ihre Glauben nicht einheitlich, sondern in zahlreichen Schattierungen. Da offizielle Vertreter (wie z.B. der Papst für den Katholizismus (nicht für das Christentum) weitgehend fehlen, ist ein Blick auf die Empririk in Bezug auf Staaten, die sich selbst als islamisch sehen, m.E. durchaus angebracht. Hier zeigt sich eindeutig, daß keiner dieser Staaten den Ansprüchen an eine Demokratie und einen Rechtsstaat genügt. Auf der anderen Seite sind keinesfalls alle Staaten, in denen Muslime die Bevölkerungsmehrheit stellen, islamische Staaten in dem Sinne, daß eine Einheit von Staat und Religion gegeben ist und die Scharia gilt. Allerdings haben etliche Staaten mit moslemischer Bevölkerungsmehrheit, in denen diese Einheit nicht gilt, selbst unter islamistischem Terror zu leiden, wobei die Initiatoren dieses Terrors reglemäßig diejenigen sind, die der Scharia zur Geltung verhelfen wollen.
    Keinesfalls möchte demnach alle Moslems zu Terroristen stilisieren. Aus oben genannten gründen halte ich eine latente Bedrohung des Rechtsstaates allerdings für real und sehe den Schlüssel zur Lösung darin, daß der Islam einen zur Aufklärung analogen Prozeß durchzumachen hat.

    Im Wesentlichen stellen sich nun zwei Fragen:
    1. Wie seht schätzt ihr den von mir beschriebenen Sachverhalt ein?
    2. Wie könnte eurer Meinung nach eine Lösung aussehen?

    Grüße
    John

  2. #2
    in memoriam Benutzerbild von WALDSCHRAT
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    John, mal wieder ein hervorragender Beitrag von Dir!

    Zu 1)

    Sehe ich in großen Teilen genauso!

    Zu 2)

    Klingt vielleicht schroff, ich halte es z. Zt. unlösbar! Bemerkenswert fand ich -ich rekurrierte schon in anderen Strängen darauf- daß der Isamterror in London bei der Befragung von Muslimen nachträglich toleriert und leider auch befürwortet worden ist!!!

    Viele Grüße

    Henning


    R E N E G A T
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    "Was wir hier in diesem Land brauchen, sind mutige Bürger, die die roten Ratten dorthin jagen, wo sie hingehören - in ihre Löcher."
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  3. #3
    in memoriam Benutzerbild von WALDSCHRAT
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Nachschlag John:

    Die Trennung Islam in Religion und Staat sehe ich leider nicht! Es ist eine Religion mit dem Anspruch, den Staat und seine Geschäfte mit dem Grund übernehmen zu wollen, daß sich eben der Staat der Religion unterzuordnen hat!!

    Gruß

    Henning


    R E N E G A T
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  4. #4
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Zitat Zitat von John Donne
    1. Wie seht schätzt ihr den von mir beschriebenen Sachverhalt ein?
    Vorbehaltlos siehst Du die Sache schon richtig, nur würde es m.E. nach schon reichen, wenn eine, der Staatsform des jew. Landes angepasste Hadith zum Zuge käme. Die Schrift (der Koran) ist schliesslich für alle gleich. Somit sind wohl die Hadithe (doch subjektiv entstandenen Erörterungen der Suren des Korans) für die Unterschiede verantwortlich. Da könnte man also den Lösungshebel ansetzen. Schliesslich gibt es doch auch Alevitische Moslems z.B. die weder in Kreuzen eine Bedrohung, noch in einem Kopftuch ihre Erfüllung sehen. Diese integrieren sich schliesslich anstandslos den hier lebenden differierenden Kulturen.

    2. Wie könnte eurer Meinung nach eine Lösung aussehen?
    Aufklärungsarbeit an der Wurzel beginnen. Deutschsprachige, nicht in isl. Ländern ausgebildete Immame/ Religionslehrer und nicht zuletzt eine, unserer Gesellschaft näher liegenden Hadith.
    Und wenn alle westlichen Länder sich dahingehend alliieren, sollte es klappen.

    Anderenfalls muss zur Erhaltung unserer nichtmusl. Spezies ein völliges Verbot dieser Ideologie unausweichlich sein!

    Beide Seiten müssen ein Stück weit aufeinander zu gehen, nur so geht's.

    Allerdings glaube ich kaum, dass die Arrogante Art und der totale Machtanspruch dieses rückständischen Glaubens all dies zulässt! Aussagen des in BRD ansässigen ZDM und agitationen der Immame gemeinhin zeigen dies!X(

    Leider nicht bes. positiv, diese Meinung, eben nur die Meine! :rolleyes:
    Vintage MoJo

  5. #5
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Zitat Zitat von John Donne
    1. Wie seht schätzt ihr den von mir beschriebenen Sachverhalt ein?
    Ich kann mich dir da eigentlich fast vollständig anschließen. Und ich bin froh, dass es in diesem Forum auch Leute gibt, die in der Lage sind, ihren Standpunkt ohne Polemik und Hetze klar und deutlich darstellen können.

    Zitat Zitat von John Donne
    2. Wie könnte eurer Meinung nach eine Lösung aussehen?
    Ich denke, wir könnten durchaus aus der Geschichte lernen. In manchen Zeiten war das Christentum schließlich nur wenig anders als der Islam sich heute präsentiert (kleinere Gemeinschaften, die man nicht dem "Mainstream" zurechnen kann, damals wie heute, lasse ich mal außen vor).
    Man denke an das Mittelalter: Die katholische Kirche beherrschte faktisch das gesamte Leben in Europa, von der Feudalpolitik bis hin zu den Belangen kleiner Dörfer. Die von der Kirche propagierte Lehre galt als absolut, Abweichler wurden als "Häretiker" vefolgt und oft eingesperrt oder ermordet. Auch der psychologische Druck, den die Kirche auf die Bevölkerung ausübte, war enorm. "Folgst du deinem Herren nicht, kommst du in die Hölle".

    Eine im Prinzip ähnliche Situation haben wir heutzutage im Islam. Dort gibt es eine überwältigende Zahl an Predigern, die den Koran, die Hadith und andere islamische Schriften in einer fundamentalistischen Art und Weise auslegen. Die Anwendung der Schari'a in einigen islamischen Ländern ist nur ein Beispiel. Zwar gab es im Christentum - und speziell dem Katholizismus - kein ähnlich allgemeingültiges kodifiziertes "Religionsrecht", aber die Beschlüsse einiger Konzile, wie z.B. Lateran IV, wo die Rechte von Juden und Muslimen massiv eingeschränkt wurden, sind einigermaßen vergleichbar.
    Dem Primat der Kirche über die Gesellschaft hat in der westlichen Welt erst die Aufklärung ein Ende gemacht. Durch die großen gesellschaftlichen Umwälzungen, die verschiedenen Revolutionen und die Säkularisierung - sowohl gesellschaftlich als auch philosopisch - wurde der Einfluss der Kirche immer mehr zurückgedrängt. Wenn man sich beispielsweise die Geschichte der politischen Theorie ansieht: Von der späten Antike bis ins hohe Mittelalter war sie rein von christlich-religiösen Denkern geprägt, während nach der Aufklärung und der Zuwendung zur Naturwissenschaft säkuläre Denker wie Hobbes - der zwar die absolutistische Monarchie unterstützte, jedoch als Legitimation nicht Gott zugrunde legte - oder Rosseau die politische Theorie neu ausrichteten.

    Etwas, was mit der Aufklärung vergleichbar ist, fehlt im Islam jedoch völlig. Darum liegen der Rechtsvorstellung in vielen islamischen Staaten noch immer die Schari'a oder vergleichbare Werke zugrunde.

    Eine Aufklärung 'von außen' ist jedoch wenig hilfreich, denke ich. Zwar müssen Personen, die in den Westen kommen und dort leben wollen, absolut verpflichtet werden, sich auch den westlichen Werten anzupassen; dennoch muss man diese Leute auch angemessen vorbereiten - wenn man sie "ins kalte Wasser wirft", könnte das sehr wahrscheinlich den gegenteiligen Effekt - Radikalisierung statt Anpassung - hervorrufen. Bassam Tibi bezeichnet den Islam als "die größte Herausforderung" für unsere Demokratie, und ich denke, er hat Recht. Unser Umgang mit dieser Herausforderung entscheidet, ob sie zu Huntingtons Kampf der Kulturen, oder zu Chatamis Dialog der Kulturen führt.

  6. #6
    Toxisch Benutzerbild von John Donne
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Für unlösbar halte ich das Problem nicht. Allerdings glaube ich, daß eine Lösung kurrzfristig nicht machbar ist, sondern Generationen dauern wird.
    Wie Something Wicked glaube auch ich, daß Aufklärung im Islam von innen kommen muß. Aufklärerische Tendenzen sind aber m.E. vom Westen zu erkennen und zu fördern. Ich weiß nicht, inwieweit das bereits erfolgt ist, kann mir aber vorstellen, daß eine nüchterne historische Untersuchung der Entstehung des Islam, seiner Schriften (Koran und Sekundärschriften) sowie seiner Auslegungen sehr hilfreich sein kann.
    Bezogen auf das gesellschaftliche Miteinander kann die Grenze m.E. vernünftigerweise nur da liegen, wo die ein irgendwie geartetes religiöses Gesetz als der staatlichen Rechtsordnung übergeordnet angesehen wird.
    Ganz sicher sollte man m.E. die soziale Frage nicht ausklammern. Ich meine, die anfälligsten für radikale Auslegungen des Islam sind diejenigen, die aus einem Gefühl der Ohnmacht, Unterlegenheit und Perspektivlosigkeit zu dem Stohhalm Radikalismus greifen. Dem steht entgegen, daß etliche der islamistischen Terrorattentäter in der westlichen Welt der Mittelschicht entstammen und die Möglichkeiten einer akademische Ausbildung hatten. Mir ist nachwievor ein Rätsel, woher deren grenzenloser Haß auf den "Westen" stammt.

    Grüße
    John

  7. #7
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Zitat Zitat von John Donne
    ... Mir ist nachwievor ein Rätsel, woher deren grenzenloser Haß auf den "Westen" stammt.

    Grüße
    John
    Hmmm, bedingt durch die Kreuzzüge und die damit verbundenen musl. Opfer vieleicht?:rolleyes:
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  8. #8
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    Zitat Zitat von MoJo
    Hmmm, bedingt durch die Kreuzzüge und die damit verbundenen musl. Opfer vieleicht?:rolleyes:
    Die sind lange her. Abgesehen davon haben die Muslime doch letztlich gegen die Kreuzfahrer gewonnen, insofern haben sie doch gar keinen Grund sich zu beklagen.
    Ich stehe hier, ein Herkules mit Fackeln! Sie sollen lodern, leuchten, knistern und auch knackeln!
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  9. #9
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    Standard AW: Der nichtreligiöse Anteil des Islam

    @JohnDonne:

    Prinzipiell kann ich Deiner Einschätzung zustimmen, allerdings nicht der Wertigkeit der einzelnen Argumente.

    Ohne in religionshistorische Sophismen zu verfallen, sehe ich absolut Parallelen zwischen dam allgemeinen gesellschaftspolitischen Zustand des Islam als Ganzes mit dem Christentum des "finsteren Mittelalters".
    Auch die zeitliche Verschiebung (ca. 600 Jahre, ungeachtet möglicher Kalenderfehler Gregors) passt ganz gut ins Bild.
    Im Vergleich unterdrücken beide das gemeine Volk mit obskuren religiösen Regeln und erzwingen Wohlverhalten gegenüber den Herschenden.
    Diese wiederum sind eine fluktuierende Mixtur aus weltlicher und religiöser Herrschaft, wobei der Hauptehrgeiz beider in der Ausdehnung der weltlichen Macht inklusive wirtschaftlicher Einflußnahme liegt.

    Betrachtet man die Entwicklungsgeschichte des Christentums bis heute, überträgt si auf die Mögliche Entwicklung des Islam unter Hinzuziehung der technischen Möglichkeiten die dem Christentum verwehrt waren, sehe ich allerdings eine düstere Entwicklung des Islam mit immensen Gefahren für die restliche Welt.

    Der Hauptunterschied zum Christentum, die Ermangelung einer zentralen religiösen Leitung und Hirarchie, könnte allerdings nun wiederum in Verbindung mit den verfügbaren technischen Gegebenheiten (insbesondere Kommunikationstechnik) eine Beschleunigung der Erosion der "wahren" Lehre und ihrer eigenen Aufklärung mit folgender Säkularisierung bewirken.

    Davon ist allerdings noch nichts zu bemerken, die moslemischen Aufklärer fehlen offenbar noch völlig, und wir reden über Zeitspannen die uns vielleicht eine Vision einer friedlichen Koexistenz in 10 oder 20 Generationen erahnen läßt, aber der Welt heute nicht wirklich weiterhilft.

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