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Anschlagsserie: "Linksextremisten so aktiv wie selten zuvor"
von Insa Gall
In keiner anderen deutschen Stadt verüben militante Linksextremisten nach Einschätzung des Verfassungsschutzes derzeit so viele Anschläge und Gewalttaten wie in Hamburg und Berlin. "Eine solche Massierung haben wir in der Hansestadt selten erlebt", sagt der Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, Heino Vahldieck. Innerhalb von nur zwei Wochen verübten Linksextremisten einen Übergriff auf das "Frischeparadies Goedecken" am Hafenrand sowie Anschläge auf das Wohnhaus von Thomas Straubhaar, Leiter des Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), auf einen Mitarbeiter von Team Arbeit Hamburg (ARGE) sowie ein Büro der Agentur für Arbeit. Gemeinsamer Hintergrund der Anschläge ist offenbar militanter Sozialprotest im Zusammenhang mit dem Maifeiertag.
Ebenso wie in Berlin verfügt die linksextremistische Szene in der Hansestadt nach wie vor über eine breite Basis. Während die Zahl der Anhänger bundesweit seit Jahren leicht rückläufig ist, stagniert sie in Hamburg. Der Verfassungsschutz schätzt das linksextremistische Potential derzeit auf 1480 Personen, von denen etwa jeder Dritte als gewaltbereit gilt.
Diese Gewaltbereitschaft hatten Linksextremisten bereits im vergangenen Jahr ab März mit einer Serie von vier Brandanschlägen und acht Sachbeschädigungen in Hamburg und Lübeck unter Beweis gestellt. Dazu zählten die Anschläge auf die Fahrzeuge des Chefs der Norddeutschen Affinerie, Werner Marnette, eines Managers von Tchibo sowie der Werbeagentur Jung von Matt und das Wohnhaus des Leiters der Ausländerbehörde. Wie jetzt im Fall Straubhaar nahmen die Täter in ihrem Bekennerschreiben bereits bei Marnette Bezug auf den G 8-Gipfel im kommenden Jahr in Heiligendamm und kündigten eine breite, auch militante Kampagne an. Deshalb befürchtet Verfassungsschutzchef Vahldieck: "Es könnte im Vorfeld des G 8-Gipfels weiterhin Aktionen geben, sicherlich auch militante. Ein Grund mehr, daß wir die linksextremistische Szene auch weiterhin im Visier haben, das Thema bleibt ein Schwerpunkt unserer Arbeit." Es seien bisher jedoch Personen aus so unterschiedlichen Bereichen zur Zielscheibe geworden, daß der Kreis möglicher künftiger Opfer zu groß sei, um diese wirkungsvoll schützen zu können.
Die Täter blieben bisher unentdeckt. Sicherheitskreise gehen davon aus, daß es sich um sehr kleine, abgeschottete Gruppen handelt, die auch in der Szene nicht offen auftreten, ihre Planungen für sich behalten und sich später nicht mit ihren Taten brüsten.
Bekannt ist jedoch, daß die "B5" in der Brigittenstraße neben der "Roten Flora" weiterhin Haupttreffpunkt der linksextremistischen Szene ist.