Juni 2016, 18:44 Uhr
Schimmel im Haus
Deutschland ist dicht
Wegen moderner Fenster und gedämmter Fassaden staut sich in vielen Wohnungen die Feuchtigkeit. Schimmel ist die Folge. Werden automatische Lüftungen bald Pflicht?
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Diskutiert wird die Verpflichtung zu automatisierten Lüftungsanlagen im Wohnbereich. Betroffen wären zunächst Neubauten; je nach Technik kostet der Einbau einige Tausend Euro. Aber irgendwann müssten auch die knapp 20 Millionen bestehenden Wohngebäude umgerüstet werden. Böge: "Es ist Wahnsinn."
Nein - Schimmel. Der breitet sich sprunghaft aus in Wohnungen und Einfamilienhäusern, Schulen und Büros. Weshalb Böges Schimmelambulanz im Dauereinsatz ist. Das Lüften ist zum Problem geworden - beziehungsweise das Nicht- oder Falschlüften. Studien zeigen, "dass bis zu 22 Prozent der Wohnungen Feuchteschäden aufweisen und unzureichend belüftete Wohnungen ein um 60 bis 70 Prozent erhöhtes Risiko für Schimmelpilzschäden haben". Die Kosten werden auf vier Milliarden Euro jährlich geschätzt.
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Als die Häuser noch nicht mit Wärmedämmplatten und perfekten Fenstern ausgestattet waren, gab es einen natürlichen Luftwechsel. Heute müsste man 40-mal mehr als früher lüften, um das auszugleichen.
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Wer soll das tun? Und wann? Die klassische Hausfrau kommt den Städten und Vororten zunehmend abhanden. Singlehaushalte nehmen dramatisch zu. Die Mobilität ebenso. Kurz: Deutschland lüftet nicht, es verschimmelt. Als läge ein Fluch des verstorbenen Friedensreich Hundertwasser auf dem Land. Der verfasste einst, in den gut belüfteten 1950er-Jahren, das "Verschimmelungsmanifest", um gegen das ungesunde Wohnen in modernistischen Bauten zu protestieren. Diese "sollen verschimmeln". Unfassbarerweise trifft das heute zu.