+ Auf Thema antworten
Seite 1 von 4 1 2 3 4 LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 1 bis 10 von 40

Thema: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

  1. #1
    GESPERRT
    Registriert seit
    17.07.2005
    Beiträge
    23.195

    Standard Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Sanktionen? Rubelverfall? Vertrauenskrise? Schnee von gestern. Russland wird 2017 wieder wachsen – auch, weil Präsident Putin den liberalen Wirtschaftspolitikern freie Hand lässt. Mangels Reformen sind große Wachstumssprünge aber künftig nicht zu erwarten.

    [Links nur für registrierte Nutzer]

    Eigentlich geht es mir hier weniger darum die aktuelle Konjunkturlage in Russland zu diskutieren als vielmehr die Frage, warum viele User (Dima fällt mir als erstes ein, aber auch andere) Russland als letzten Hort des Sozialismus feiern. Ich kenne die Situation vor Ort nicht, aber was man hier über die russische Konsolidierung nach der chaotischen Ära Jelzin liest (wenn man gräbt, im Moment ist ja eh alles auf Anti-Putin-Kurs getrimmt), dann sind es ja eher marktwirtschaftliche Reformen, die Russland seit der Ära Putin konsolidiert haben.

    Wieso wird Russland von so vielen als Vertreter des Sozialismus gesehen?

  2. #2
    GESPERRT
    Registriert seit
    07.01.2012
    Beiträge
    15.658

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Vermutlich weil die russische Regierung ungern alles privatisiert. Man siehe sich allein den Rüstungssektor an, dort ist im Grunde so gut wie alles staatlich.
    Bei Rosatom sind immer noch alle Sparten in staatlicher Hand, meine ich.
    Dasselbe müsste für Rusnano gehen.
    Gazprom ist zu 50% in staatlicher Hand.

    Es ist also so, dass viele große und erfolgreiche Unternehmen nach wie vor staatlich sind.
    Die Luftfahrt ist in einem großen Konsortium "OAK". Es entstand auf Bestreben der russischen Regierung.

    In Russland kann man durchaus eigene Unternehmen Gründen, aber es ist unheimlich schwer mit den staatlichen Unternehmen zu konkurrieren. Die sind nicht nur sehr groß, sondern sind oftmals noch in der UdSSR gegründet worden.
    Dort arbeiten die fähigeren Leute und die Gehälter sind vermutlich ebenfalls größer.


    Ist Russland deswegen sozialistisch? Jein.
    Die russische Regierung sieht seine staatlichen russischen Unternehmen unter anderem als Eigentum Russlands an, während in den 90er viele gute Unternehmen entweder durch schlechte Führung/Verwaltung ruiniert worden sind oder ans Ausland verkauft wurden. Deswegen wird die Regierung ihre Kontrolle über weitere Unternehmen nur ungern abgeben.

  3. #3
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
    Registriert seit
    01.08.2006
    Beiträge
    76.373

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von Praetorianer Beitrag anzeigen
    Eigentlich geht es mir hier weniger darum die aktuelle Konjunkturlage in Russland zu diskutieren als vielmehr die Frage, warum viele User (Dima fällt mir als erstes ein, aber auch andere) Russland als letzten Hort des Sozialismus feiern. Ich kenne die Situation vor Ort nicht, aber was man hier über die russische Konsolidierung nach der chaotischen Ära Jelzin liest (wenn man gräbt, im Moment ist ja eh alles auf Anti-Putin-Kurs getrimmt), dann sind es ja eher marktwirtschaftliche Reformen, die Russland seit der Ära Putin konsolidiert haben.

    Wieso wird Russland von so vielen als Vertreter des Sozialismus gesehen?
    Vermutlich weil Putin den Ausverkauf des "Volkseigentums" wenigstens gebremst hat und eine allmähliche Entwicklung diesem Ausverkauf vorzieht. Deshalb stehen wohl noch immer etliche Großunternehmen unter staatlicher Leitung.

    Scheint mir vernünftiger, als der Ausverkauf in der Jelzin-Ära, die Staatseigentum in Oligarcheneigentum überführte.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  4. #4
    GESPERRT
    Registriert seit
    17.07.2005
    Beiträge
    23.195

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Vermutlich weil Putin den Ausverkauf des "Volkseigentums" wenigstens gebremst hat und eine allmähliche Entwicklung diesem Ausverkauf vorzieht. Deshalb stehen wohl noch immer etliche Großunternehmen unter staatlicher Leitung.
    Das hat aber kaum mit Sozialismus zu tun, wenn dann ist das eher eine Art Staatskapitalismus. Das Land Niedersachsen ist auch nicht sozialistisch, weil das Land Beteiligungen an VW hat oder es landeseigene Betreibergesellschaften oder Versorger gibt. Japan ist auch nicht sozialistisch, nur weil der Staat massiv steuernd und subventionierend in die Wirtschaft eingreift.

    Augusto Pinochet hatte auch die Kuperminen in staatlicher Hand behalten und ist trotzdem i.W. ein Vertreter des reinen Marktliberalismus. Natürlich ist Putin kein Anarchokapitalist.

    Scheint mir vernünftiger, als der Ausverkauf in der Jelzin-Ära, die Staatseigentum in Oligarcheneigentum überführte.
    Wenn man von 1999 ausgeht, ist das, was Putin betrieben hat

    - Kürzung der Staatsausgaben
    - Steuersenkungen
    - rigidere Haushaltspolitik

    Das heisst natürlich nicht, dass Russland in den Turbokapitalismus geschaltet hat und das Beispiel für Turbokapitalismus geworden wäre. Wir reden hier von einem Land, das noch sehr sowjetisch geprägt war. Trotz protektionistischer Maßnahmen sind das allerdings recht eindeutige Schritte Richtung Marktwirtschaft und Marktliberalisierung.

  5. #5
    Selberdenker Benutzerbild von FranzKonz
    Registriert seit
    01.08.2006
    Beiträge
    76.373

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von Praetorianer Beitrag anzeigen
    Das hat aber kaum mit Sozialismus zu tun, wenn dann ist das eher eine Art Staatskapitalismus.
    ...
    Trotz protektionistischer Maßnahmen sind das allerdings recht eindeutige Schritte Richtung Marktwirtschaft und Marktliberalisierung.
    Damit hast Du präzisiert, was ich meinte. Also weder sozialistisch noch ganz normale Marktwirtschaft.
    „Die Windflügel sind Sakralbauten für ein neues Glaubensbekenntnis.“ (Hans-Werner Sinn)

  6. #6
    GESPERRT
    Registriert seit
    17.07.2005
    Beiträge
    23.195

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von Towarish Beitrag anzeigen
    Vermutlich weil die russische Regierung ungern alles privatisiert. Man siehe sich allein den Rüstungssektor an, dort ist im Grunde so gut wie alles staatlich.
    Bei Rosatom sind immer noch alle Sparten in staatlicher Hand, meine ich.
    Dasselbe müsste für Rusnano gehen.
    Gazprom ist zu 50% in staatlicher Hand.

    Es ist also so, dass viele große und erfolgreiche Unternehmen nach wie vor staatlich sind.
    Die Luftfahrt ist in einem großen Konsortium "OAK". Es entstand auf Bestreben der russischen Regierung.

    In Russland kann man durchaus eigene Unternehmen Gründen, aber es ist unheimlich schwer mit den staatlichen Unternehmen zu konkurrieren. Die sind nicht nur sehr groß, sondern sind oftmals noch in der UdSSR gegründet worden.
    Dort arbeiten die fähigeren Leute und die Gehälter sind vermutlich ebenfalls größer.


    Ist Russland deswegen sozialistisch? Jein.
    Die russische Regierung sieht seine staatlichen russischen Unternehmen unter anderem als Eigentum Russlands an, während in den 90er viele gute Unternehmen entweder durch schlechte Führung/Verwaltung ruiniert worden sind oder ans Ausland verkauft wurden. Deswegen wird die Regierung ihre Kontrolle über weitere Unternehmen nur ungern abgeben.
    Das sind alles ziemlich schwache Branchen zum Vergleich. Es gibt kaum ein Land, dessen Rüstungssektor nicht zumindest maßgeblich staatlich gelenkt wird. Ganz besonders die USA nicht, trotzdem kann man das Land kaum als sozialistisch bezeichnen. Luftfahrt und Rüstungssektor kann man auch kaum voneinander trennen. Auch Boeing, Airbus, Lockheed-Martin sind alle staatlich subventioniert und die beteiligten Länder haben Rückspracherechte.

    In Deutschland bilden zwar mittelständische Unternehmen das Rückgrat der Wirtschaft, aber in der Luft- und Raumfahrt oder der Rüstung auch eher als Zulieferer, denn als aktiver und steuernder Akteur.

    Wie ist es denn in Russland mit anderen Branchen? Pharmazie, Maschinenbau, Elektroindustrie, Chemieindustrie etc., dominieren da auch überall nur die Großunternehmen und gibt es da auch kaum mittelständische Zulieferer? Das sind ja die maßgeblichen Fragen, du wirst auch in Großbritanien als kleiner Privatunternehmer kein Unternehmen gründen können, das BP in die Bredoullie bringt.

  7. #7
    Mitglied Benutzerbild von Dr Mittendrin
    Registriert seit
    14.11.2010
    Ort
    z,Minga
    Beiträge
    104.085

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Vermutlich weil Putin den Ausverkauf des "Volkseigentums" wenigstens gebremst hat und eine allmähliche Entwicklung diesem Ausverkauf vorzieht. Deshalb stehen wohl noch immer etliche Großunternehmen unter staatlicher Leitung.

    Scheint mir vernünftiger, als der Ausverkauf in der Jelzin-Ära, die Staatseigentum in Oligarcheneigentum überführte.
    Einige Dinge sind noch ein wenig sowjetisch. Geschenkte Wohnungen. Zuzahlungen bei Medikamenten und Bezahlung von Zahnbehandlung sind marktwirtschaftlich.

    Tiefe Steuern ( 13 % ) sehr neoliberal, das Abziehen von Investitionen kostet 30 % Steuern auf die Investition.
    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  8. #8
    Mitglied Benutzerbild von Dr Mittendrin
    Registriert seit
    14.11.2010
    Ort
    z,Minga
    Beiträge
    104.085

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von Praetorianer Beitrag anzeigen
    Eigentlich geht es mir hier weniger darum die aktuelle Konjunkturlage in Russland zu diskutieren als vielmehr die Frage, warum viele User (Dima fällt mir als erstes ein, aber auch andere) Russland als letzten Hort des Sozialismus feiern. Ich kenne die Situation vor Ort nicht, aber was man hier über die russische Konsolidierung nach der chaotischen Ära Jelzin liest (wenn man gräbt, im Moment ist ja eh alles auf Anti-Putin-Kurs getrimmt), dann sind es ja eher marktwirtschaftliche Reformen, die Russland seit der Ära Putin konsolidiert haben.

    Wieso wird Russland von so vielen als Vertreter des Sozialismus gesehen?



    Ohne Skepsis verhungert die Demokratie.

  9. #9
    GESPERRT
    Registriert seit
    17.07.2005
    Beiträge
    23.195

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Zitat Zitat von FranzKonz Beitrag anzeigen
    Damit hast Du präzisiert, was ich meinte. Also weder sozialistisch noch ganz normale Marktwirtschaft.
    Da kommen wir jetzt zur Frage, was eine ganz normale Marktwirtschaft ist. Es ist ja so, dass die USA ein positives Kapitalismusbild haben und Europa eher ein negatives, d.h. beide sind im Prinzip mit der Zuschreibung zufrieden, wenn du sagst, die USA sind ein Vertreter des Kapitalismus und Russland ein Vertreter des Sozialismus.

    Es gibt allerdings Mechanismus, mit denen die USA genauso staatlich lenkend in die Wirtschaft eingreift. Ich meine damit schon vor Trump. Ich habe keine aktuellen Zahlen vor Augen, der Militäretat war allerdings schon vor vielen Jahren bei 400 Milliarden Dollar (garantiert jetzt viel höher!!!). Man muss das natürlich relativ pro Kopf sehen, das ist die größte Volkswirtschaft der Welt, aber das sind schon Hausnummern. Da hängen ja auch indirekt Unmengen an Subventionen dran, auch im NASA-Etat, im Rüstungsbereich, etc.

    Ich würde in dem Zusammenhang Russland schon recht klar als normale Marktwirtschaft sehen. Steuerungsmechanismen hat jeder Staat, mag sein, dass die bei Russland stärker ausgeprägt sind als in dn USA, aber man kann eigentlich weder davon sprechen, dass die Produktionsmittel verstaatlicht wären, noch dass das Staatsdoktrin wäre oder grundsätzlich ein planwirtschaftlicher Ansatz gefahren wird. Man muss ja auch sehen, dass der Energiesektor in Russland einfach einen größeren Anteil ausmacht als in weiter diversifizierten Volkswirtschaften (USA, Japan, Deutschland). Wie ich schon zu Towarisch sagte, es wird die als Kleinunternehmer auch in Großbritannien nicht gelingen, mal eben einen Ölkonzern wie BP zu schnitzen.
    Und Russlands erklärtes Ziel ist ja gerade Diversifizierung und nicht al la Venezuela als reiner Energielieferant der Welt dazustehen.

  10. #10
    Mitglied Benutzerbild von Iwan
    Registriert seit
    16.05.2016
    Beiträge
    1.262

    Standard AW: Russland - Modell eines sozialistischen Staates oder ganz normaler marktwirtschaftlicher Akteur?

    Da muss ich wieder erwähnen, dass alle Länder wollens nollens sozialistischer werden. Wer das will und wer das nicht will. Darum sieht Russland hier nicht sozialistischer oder nicht viel sozialistischer als die Nachbarländer, abgesehen von der Ukraine und anderer Bettelstaaten. Wie nach den sozialen Leistungen für Bevölkerung, so auch nach dem Anteil des Staates in der Wirtschaft, unterscheidet sich Russland kaum von den Nachbarstaaten. Für die Türkei und Griechenland bin ich sicher, auch Deutschland hat aller Wahrscheinlichkeit nach viel Ähnlichkeit mit dem Russland.
    Patria o muerte!

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. Ein ganz normaler Tag in einer Berliner U-Bahn!
    Von Mars69 im Forum Deutschland
    Antworten: 12
    Letzter Beitrag: 16.09.2014, 19:23
  2. Die Geburt eines Staates!
    Von Elmo allein zu Hause im Forum Internationale Politik / Globalisierung
    Antworten: 9
    Letzter Beitrag: 06.05.2012, 15:41
  3. Antworten: 39
    Letzter Beitrag: 11.08.2008, 12:14
  4. PSYCHOANALYSE - Ganz normaler Irrsinn
    Von SAMURAI im Forum Wissenschaft-Technik / Ökologie-Umwelt / Gesundheit
    Antworten: 37
    Letzter Beitrag: 27.06.2006, 11:25
  5. ein ganz normaler Ehrenmord....
    Von Windspiel im Forum Gesellschaft / Soziales / Arbeit / Bildung / Familie
    Antworten: 4
    Letzter Beitrag: 21.11.2005, 18:25

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben