Ein wichtiger Text, um das Geschehene von gestern einordnen zu können.3. Oktober 2016[Links nur für registrierte Nutzer] » [Links nur für registrierte Nutzer]
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Das beschädigte Land
von [Links nur für registrierte Nutzer]
[Links nur für registrierte Nutzer]Demonstration in Brandenburg Foto: picture alliance/dpaDie politischen Klüfte und Bruchlinien in Deutschland haben 26 Jahre nach dem Vollzug der staatlichen Einheit nur noch mittelbar mit dem alten Ost-West-Gegensatz zu tun und sind auch nicht mit der ehemaligen Zonengrenze identisch. Sie verlaufen in Ost und West durch Familien, Freundeskreise, Belegschaften.
Ursächlich ist die Verletzung des Landfriedens, den der politisch-mediale Komplex dem Staatsvolk zumutet und der im „Willkommensputsch“ von 2015 einen Höhepunkt erreicht hat. Die Gräben verlaufen zwischen Betreibern, Nutznießern, ideologischen Befürwortern und Mitläufern des ethnisch-kulturellen Umbaus und denen, die ihn für eine Katastrophe halten und sich dagegen wehren. Richtig ist allerdings, daß dieser Kulturkampf in der Ex-DDR eine ganz andere Intensität und Anschaulichkeit besitzt als in den alten Bundesländern.
Erinnerung an Kampagnen in der DDR
Dort hat die Entwicklung, die nun eskaliert, sich über die Jahrzehnte schleichend vorbereitet. Die Verhältnisse sind vielerorts schon soweit gekippt, daß ein Aufbegehren nun erst recht sinnlos oder riskant erscheint. Sozialer, aber auch physischer Druck sowie langjährige Indoktrination blocken die basisdemokratischen Energien häufig ab oder leiten sie auf die Mühlen des Staates.
Die zivilgesellschaftlichen Willkommensinitiativen erinnern an Kampagnen in der DDR, mit denen die SED die Folgen ihrer Miß- und Mangelwirtschaft zu beheben versuchte. Zudem ist in westdeutschen Ländern noch immer eine naive Staatsgläubigkeit verbreitet, die sich aus der Erinnerung an den funktionierenden Rechts- und Sozialstaat von früher speist.
Der Osten denkt und handelt anders
Das alles gibt es auch im Osten, und trotzdem ist die Situation eine andere. Der Umbau bewirkt hier ein Schockerlebnis, das sich in spontanen Unmutsäußerungen entlädt. Die DDR-Erfahrung, daß ein Staat trotz schöner Worte alle rechtlichen Hüllen fallen läßt und die Handlungslogik einer Räuberbande realisiert, bewirkt eine Resistenz gegenüber volkspädagogischen Belehrungen, so daß der Selbsterhaltungstrieb sich gegen den nationalen Nihilismus der Politik behauptet.